Noch eine Bank pleite
Fijáte 377 vom 24. Jan. 2007, Artikel 9, Seite 6
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Noch eine Bank pleite
Guatemala, 19. Jan. "Einige Bankaktionäre haben herausgefunden, wie man KontoinhaberInnen betrügt, Geld an sich bringt, Scheinfiguren für die Geldwäsche von US-Dollar nutzt, um schliesslich Konkurs anzumelden, mit dem Kapital zu flüchten und die Währungskommission zu zwingen, die Banken zu retten und die Einlagen mit Mitteln des Sparschutzfonds (FOPA) zu garantieren," fasst Wirtschaftsanalyst Carlos Barreda den aktuellsten Bankenskandal zusammen. Und das kurz nach der Intervenierung der Banco de Café (Bancafé) im Oktober (siehe ¡Fijáte! 371), den per E-Mail kursierenden falschen Gerüchten im November, die Bank G&T Continental stünde vor der Pleite und schliesslich dem Mangel an Geldscheinen seit Anfang Dezember, der dazu führte, dass viele Leute gar kein Bargeld mehr hatten und weder Weihnachtsgeld noch Überweisungen aus den USA abheben konnten. Angeblich habe die vorherige Administration der Staatsbank es versäumt, beizeiten neues Geld in den Druck zu geben, wobei die Lebenszeit eines guatemaltekischen Geldscheins bekanntlich zwischen zwei und drei Jahren liegt. Und es war wieder kurz vor einem Wochenende, als die Währungskommission (JM) am 12. Januar die Banco de Comercio (auch BC oder Bancomer genannt) interveniert. Leidtragende sind rund 122´000 BankkundInnen. Und Grund für den Zusammenbruch sollen einmal wieder nicht nur Kredite sein, die über Umwege auf die Privatkonten der Mitglieder des Bankenvorstandes zurückflossen, sondern gar an ein off-shore-Unternehmen weitergeleitet wurden, das in Guatemala nicht gemeldet ist. Somit haben Investoren keine Chance, an ihre Gelder zu kommen. Die massive Vergabe von Krediten habe letztendlich zu einem Liquiditätsproblem geführt, was die Bankeigene Leitung dazu zwang, selbst die Schliessung der Bank zu beantragen. Zudem haben offenbar mindestens 7´000 KundInnen ihre Gelder als Anlagen der Bancomer anvertraut, die diese angeblich in Schutzbriefe gesteckt habe - im Wert von über 1,8 Mrd. Quetzales, und, weil nicht gedeckt, verloren für die Treuseligen. Einer von ihnen, ein pensionierter, 59-jähriger Flugpilot, dessen ganzes Vermögen in solchen Briefen steckte, nahm sich nach der definitiven Verlustverkündigung das Leben. Dabei funktionierte die Bancomer bereits seit 10 Jahren und an ihren Investitionsweisen hat sich in der Zeit wenig geändert. So muss diese Privatbank wohl als weiteres Exempel für das lasche Funktionieren der Bankenaufsicht und die offenbare Überflüssigkeit der bestehenden Bankengesetzgebung herhalten. Wenig verwundert denn auch, dass vier der Hauptverantwortlichen, der Vorstandschef, der Geschäftsführer und zwei weitere verantwortliche Bankrepräsentanten, trotz wiederholter Hausdurchsuchungen ausgebüchst sind und inzwischen mit Hilfe von INTERPOL gesucht werden. Derweil haben Angestellte der Bancomer Anzeige erstattet, dass sie von erzürnten BankkundInnen bereits Morddrohungen erhalten hätten. Die Aktionäre der Bancomer jammern derweil, dass ihre Bank Opfer der Globalisierung geworden sei, in dessen Arena nur die Grossen bestehen könnten, so dass entsprechende Hebel gezogen worden seien, um die Bancomer zu Fall zu bringen und aus dem Weg zu räumen. Innenminister Vielmann vertritt dagegen die Theorie des Finanzterrorismus und vermutet Mafiastrukturen in der Bank, die nicht unwahrscheinliche Verbindungen zum Drogenhandel haben sollen und zum einen durch die Geldflüsse eigene Gelder waschen und zum anderen eine allgemeine Destabilisierung des Bankensystems provozieren wollten. Nach oben |
Gleichwohl, derzeit wird wohl niemand in Guatemala sich seiner Gelder und -Anlagen sicher sein oder gar behaupten, er würde in das Banksystem vertrauen. Auch die von Oscar Berger in seinem Jahresbericht noch viel gepriesene Stabilität der Volkswirtschaft ist unter diesen Umständen sicher kein überzeugender Garant für das gerade begonnene Jahr. Das allgemeine Kundengeschäft der Bancomer wurde gleich der Banco Industrial übergeben und, da der Topf aufgrund der Obliegenheiten in Folge der Bancafé-Suspendierung bereits leer war, wurde zur Aufstockung des FOPA bereits ein Kreditantrag an die Weltbank gestellt. |
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