Zunahme von gewaltsamen Räumungen und von Ermordungen indigener Führungspersonen
Fijáte 444 vom 23. September 2009, Artikel 2, Seite 3
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Zunahme von gewaltsamen Räumungen und von Ermordungen indigener Führungspersonen
Guatemala, 8. Sept. Mehrere Mitgliederorganisationen der Nationalen Koordination der BäuerInnen-Organisationen (CNOC)) gaben Anfang September bekannt, dass in weniger als drei Monaten neun organisierte BäuerInnen in verschiedenen Teilen des Landes ermordet wurden. Diese neun Personen waren politisch aktiv und verfochten die Rechte der BäuerInnen-Bewegung. Die Ermordungen von indigenen und BäuerInnen-AnführerInnen sind ebenfalls im Zusammenhang mit einer Serie von gewalttätigen Räumungen von Fincas in den letzten Wochen und Monaten zu sehen, welche ein Ausdruck der allgemeinen Agrarkonfliktivität Guatemalas sind. Zum Beispiel in der Gemeinde Manaco in Puerto Barrios im Department Izabal: Hier werden laut Pérez Guzmán vom Komitee für BäuerInneneinheit (CUC) mehr als 60 Familien von einem Viehzüchter bedroht. Diese Bedrohung wird durch Mitglieder der Zivilen Nationalpolizei (PNC), die Waffen gegen Gemeindemitglieder abfeuern, unterstützt. Ein anderes Problem, gerade aktuell durch die Nahrungsmittelkrise in Guatemala, ist, dass die Ernten der BäuerInnen während der oft gewalttätigen Räumungen zerstört werden. Noch ein Beispiel sind die Räumungen vom 2. und 3. September in Panzos im Department Alta Verapaz: PNC, Militär und "Privatpersonen" kamen um 6 Uhr morgens zur Gemeinde 8 de Agosto la Ceiba und forderten die AnwohnerInnen auf - ohne einen Räumungsbefehl in der Hand zu haben - ihre Habseligkeiten binnen 30 Minuten zusammen zu sammeln. Danach wurden die Häuser zerstört. Und es wurde nach Angaben der Koordination der nationalen Indígena- und BäuerInnenorganisationen (CONIC) ein 15-jähriges Mädchen vergewaltigt. Während dieser Aktion wurden die Männer, Frauen und Kinder mit Waffen bedroht und rassistisch beschimpft. Nach oben |
Auch wurden alle Wertgegenstände (Schmuck, Geld, Mais etc.) zwischen den "Rausschmeissern" aufgeteilt und die Ernten zerstört. PNC und "Privatleute" blieben noch bis nachts vor Ort, um die Finca zu schützen und schossen in die Luft, wodurch die Menschen, die am Rand der Strasse versammelt waren, in Panik versetzt wurden. Ausserdem bedrohte man sie nichts davon den Medien berichten. Am nächsten Morgen ging es dann weiter mit der Räumung von 27 Q'eq'chí-Familien der Gemeinde Bella Flor, welche an die am Tag zuvor geräumte Gemeinde angrenzt. Diesmal waren nicht einmal Mitglieder des Menschenrechtsprokurats (PDH) zugegen, die gewöhnlich zur Beobachtung und Einhaltung der Rechtmässigkeit solcher Aktionen da sind. Der Ablauf der Räumung war aber ähnlich gewaltsam wie jener am Tag zuvor. Auch hier wurden die Ernten zerstört. Die Firma Cañera Chabil Utzaj ging danach mit ihrem Traktor über die zerstörten Ernten, um das Land auf die Aussaat von Rohrzucker zur Herstellung von Ethanol vorzubreiten. Carlos Morales von der CNOC gibt an, dass die BäuerInnen- und Indigenenbewegungen noch immer unter Verfolgung und Unterdrückung durch Politiken leiden, die von der aktuellen Regierung und der Oligarchie implementiert wurden um eben die Forderungen der Gemeinden nach Recht auf Leben, Nahrungsmittel und Landbesitz (oder wie ein Ausspruch der BäuerInnenvereinigung der Verapaces (UVOC) lautet: "Tierra, Tortillas y Libertad") nicht nachkommen zu müssen. Das Grundproblem ist wie eh auf die ungeklärten Landeigentumsverhältnisse zurück zu führen. Es kommt immer wieder zu gewalttätigen Räumungen von Land, welches schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, besetzt war, da es leer stand und es für das Überleben der BäuerInnenfamilien notwendig war. Über die Anzahl der Räumungen existieren keine genauen Angaben, es sind jedoch mehr als zu Zeiten der vorherigen Regierung und laut Schätzungen der CNOC sind über 200 Gemeinden davon bedroht. |
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