BäuerInnen auf der Strasse
Fijáte 221 vom 25. Okt. 2000, Artikel 2, Seite 3
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BäuerInnen auf der Strasse
Guatemala, 10. Oktober. Rund 30'000 BäuerInnen haben an der landesweiten Demonstration teilgenommen, zu der die Nationale Koordination der BäuerInnenorganisationen (CNOC) und das Komitee zur BäuerInneneinheit (CUC) aufriefen. Im Landesinnern wurden verschiedene wichtige Strassenkreuzungen besetzt: rund 3000 Personen blockierten die Panamericana an der Südküste sowie die Abzweigung El Zarco. In Huehuetenango wurde die an die mexikanische Grenze führende Strasse besetzt. In insgesamt neun Departementen wurden die grossen Verkehrswege blockiert. Ein Sternmarsch, der über die wichtigsten Einfallstrassen Richtung Hauptstadt zusteuerte, blockierte alle Hauptverkehrsadern, was den Verkehr in und aus der Stadt völlig zum Erliegen brachte. Die Forderungen der BäuerInnen waren nicht neu: Die Lösung der 390 bei der staatlichen Konfliktstelle für Landprobleme (CONTIERRA) eingereichten Landkonflikte und die Behandlung der 620 beim Landfonds (FONTIERRA) eingereichten Kreditgesuche. Weiter wurden die Einhaltung der Arbeitsrechte, die Bezahlung der Minimalgehälter und eine integrale Landwirtschaftspolitik gefordert. Präsident Portillo empfing im Regierungspalast VertreterInnen der BäuerInnen, die ihm einen neun Punkte umfassenden Forderungskatalog überreichten. Er sei froh, dass die BäuerInnen sich für ihre Rechte einsetzten und auf die Regierung Druck ausübten, damit diese etwas unternehme, erklärte Portillo. Dies sei ihr absolutes Recht. Bei dem Treffen wurde vereinbart, dass eine Kommission auf höchster staatlicher Ebene gebildet werden soll, die sich der Probleme der Landbevölkerung annimmt. In dieser Kommission sollen das Generalsekretariat für Planung (SEGEPLAN), die beiden Institutionen FONTIERRA und CONTIERRA, das Sekretariat für strategische Analysen (SAE) sowie die Arbeits- und Landwirtschaftsministerien vertreten sein. Die erste offizielle Sitzung dieser Kommission wurde auf den 25. Oktober angesetzt. Verschiedene Unterkommissionen begannen jedoch schon mit ihrer Arbeit. Bereits wenige Tage nach der Demonstration der BäuerInnen wurde ein Regierungsdekret veröffentlicht, dass dem Landfonds (FONTIERRA) 100 Millionen Quetzales (etwa 13,3 Millionen US-$) zuspricht, um Land bzw. Fincas für organisierte BäuerInnen zu kaufen. Obwohl diese Massnahme vielversprechend klingt, wurde sie bereits von verschiedener Seite kritisiert. Die Gruppe gegenseitiger Hilfe (GAM) befürchtete, dass es sich um einen Deal zwischen der Regierung und dem Militär handle und dass ausschliesslich Land gekauft würde, das im Besitz der armeeeigenen Banco del Ejército sei. Dies sei eine Strategie, um diese Bank vor dem endgültigen Konkurs zu retten. Nach oben |
Noch weiter ging die Kritik von Daniel Pascual, Vertreter der CNOC: Er fordert, dass die Regierung die Ländereien und Fincas, die im Besitz der Banco del Ejército sind, zurückerlangt, ohne dafür zu bezahlen. Schliesslich sei dieses Land während des bewaffneten Konflikts auch enteignet worden, ohne dass die darauf lebenden BäuerInnen entschädigt worden seien. Eine ganz andere Sichtweise nahmen verschiedene rechte und armeenahe Kommentatoren ein: Für Humberto Preti, ehemaliger Direktor des UnternehmerInnenverbandes (CACIF), ging die Einigung der protestierenden BäuerInnen mit der Regierung ein bisschen zu schnell. Für ihn deute dies darauf hin, dass der BäuerInnenprotest von der Regierung gesteuert worden sei, um durch eine schnelle Konsensfindung das Ansehen des Präsidenten als konziliant und volksnah zu stärken, erklärte Preti in der Kolumne einer Tageszeitung. Dagegen wehrten sich die VertreterInnen der BäuerInnen: Es solle endlich anerkannt werden, dass die BäuerInnenbewegung stark sei und durchaus mit Erfolg Druck auf die Regierung ausüben könne, verlautbarte CNOC-Vertreter Daniel Pascual. Die landesweite Demonstration der BäuerInnen hatte leider auch ein trauriges Nebenspiel: Im Anschluss an eine Strassenblockade im Departement Sololá wurde Gregorio Saloj Panjoj, Mitglied des CUC, durch Schüsse ermordet. Laut dem Vater des Ermordeten, habe eine Gruppe Demonstrierender der Polizei den Durchlass verwehren wollen, worauf es zu Handgreiflichkeiten gekommen sei. Dabei sei sein Sohn erschossen worden. Die Tageszeitung El Periódico stellte den Fall ganz anders dar: Saloj Panjoj sei zwar Mitglied des CUC, jedoch im Anschluss an eine Demonstration gegen die Erhöhung des Strompreises in seiner Gemeinde umgebracht worden. Die Stiftung Rigoberta Menchú meldete, dass das Personal der staatlichen Menschenrechtsstelle bei ihren Untersuchungen des Tathergangs von zivilen Personen und von Polizeibeamten bedroht worden sei. |
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