Wechsel in verschiedenen Ministerien
Fijáte 216 vom 16. Aug. 2000, Artikel 3, Seite 3
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Wechsel in verschiedenen Ministerien
Guatemala, 8. August. Durch das Auswechseln von zwei Ministern, drei Vizeministern sowie den Leitern zweier Präsidentschaftssekretariate hat Präsident Portillo nach sieben Monaten Regierungszeit sein Kabinett neu bestückt. Ausgewechselt wurden der Innenminister Guillermo Ruiz Wong, (der wegen seiner Position während der Unruhen im Mai, ausgelöst durch den Streik der Busunternehmer, stark kritisiert wurde), sowie seine beiden Vizeminister. Ersetzt wurden weiter der Agrarminister Roger Valenzuela und der Agrarvizeminister im Petén, Baudilio Hichos, sowie die Leiter des Sekretariats für Sozialplanung (SEGEPLAN) und des Friedenssekretariats, Rúben Calderón. Wie nicht anders erwartet, haben die Wechsel in der Exekutive die verschiedensten Reaktionen ausgelöst. Positive, da ein paar technisch fähige und keiner der Machtgruppen angehörenden Personen ernannt wurden; Negative, da die neuen Verantwortlichen für die innere Sicherheit eine zweifelhafte Vergangenheit in Sachen Menschenrechtsverletzungen aufweisen. Um wen geht es denn nun? Als neuer Agrarminister amtet Leopoldo Sandoval Villeda. Er hatte dieses Amt bereits 1982/83 inne, während der De facto-Regierung Ríos Montt's, mit dem er eng befreundet ist. Er ist ehemaliges Mitglied der Versöhnungskommission und Ex-Präsident des inzwischen aufgelösten Instituts für landwirtschaftliche Entwicklung (INTA). Er versprach, seine Arbeit in Funktion der Friedensabkommen zu erfüllen (Schaffung der Landfonds, Kataster und Landregistrierung). Neuer Leiter des SEGEPLAN ist Arturo Montenegro. Es ist ein renommierter Ökonom, Ex-Generalsekretär der UNO-Wirtschaftskommission für Lateinamerika (CEPAL), war in der Vorbereitungskommission des Finanzpaktes und Berater des Wirtschaftsministers beim Thema Freihandelsabkommen. Montenegro werden allgemein genügend berufliche Erfahrung, Theorie und Praxis zugesprochen, um die Bedürfnisse der Mehrheit der Bevölkerung zu erkennen und zu erfüllen. Auch in Gabriel Aguilera, neuer Chef des SEPAZ werden grosse Hoffnungen gesteckt. Während der Regierungszeit Arzu's war er Vizeminister für auswärtige Beziehungen, weshalb von ihm erwartet wird, dass er den Inhalt und die Wichtigkeit der Friedensabkommen erkannt hat. Von ihm wird erhofft, dass er dem Friedenssekretariat wieder das Profil gibt, das es unter seiner früheren Leiterin, Rachel Zelaya, hatte und in letzter Zeit, unter der Leitung von Calderón, verloren hatte. Problematisch und allseitig kritisiert ist jedoch die Ernennung Byron Barrientos zum neuen Innenminister. Barrientos, Kongressabgeordneter der FRG, hat eine (in schlechtem Licht) schillernde Geheimdienstkarriere hinter sich, war am Versuch eines Staatsstreiches gegen Vinicio Cerezo beteiligt und war treuer Untergebener diverser Kriegsgenerale, u.a. von Ríos Montt. 1997 wurde er Nachfolger von Germán Chupina als Leiter der mobilen Militärpolizei (PMA), während der Regierung von Lucas García leitete er eine Spezialtruppe, die für Folter und Menschenrechtsverletzungen bekannt war. In den Vereinigten Staaten hat er wegen seiner Vergangenheit. Einreiseverbot. (Als Alternativkandidat wurde Ricardo Marroquín Rosada, Leiter der SAAS, diskutiert, jedoch wegen seiner ehemaligen URNG-Mitgliedschaft URNG verworfen.) Nach oben |
Seine militärische Gesinnung stellte Barrientos gleich bei seiner Antrittsrede unter Beweis: Seit einem Jahr bereite er sich auf dieses Amt vor, er wisse genau, wie er die Sicherheit im Land wiederherstellen wolle. Sein Motto heisse, Krieg der Kriminalität, erklärte er. Als erste Amtshandlung ernannte er Luis Alberto Mendizábal, einen alten Kumpel aus den Zeiten Lucas Garcías, zum Direktor der Migrationsbehörde. Mendizábal gehört der unter dem Namen La oficinita bekannten Geheimdienststruktur von Jacobo Salán Sánchez an, die dafür bekannt ist, Gerichtsprozesse zu manipulieren, in die Armeemitglieder involviert sind. Beunruhigend ist, dass Mendizábal in seinem ersten öffentlichen Auftritt als Chef der Migrationsbehörde bekanntgab, dass er das Problem der 8000 papierlosen MigrantInnen, die jeden Monat das Land durchqueren und alle nur potentielle Kriminelle seien, in den Griff bekommen werde. Als wäre das nicht genug, ernannte Barrientos nach einigem hin und her Rudio Lecsan Mérida zum neuen Direktor der zivilen Nationalpolizei. Lecsan Mérida amtierte als Verteidiger mehrerer ehemaliger Zivilpatrouillisten (PAC), die der Ermordung und Verletzung von Zivilpersonen angeklagt waren, die in Colotenango (Huehuetenango) für die Auflösung der PAC demonstrierten. Damit ist wohl zu genüge bewiesen, dass die Garantierung der inneren Sicherheit voll und ganz in den Händen ehemaliger Menschenrechtsverbrecher ist. Von diversen Menschenrechtsorganisationen wird eine Re-Militarisierung der Gesellschaft befürchtet. Rund dreissig dieser Organisationen veröffentlichten gemeinsam ein Pressekommuniqué, in dem sie gegen die Ernennung Barrientos protestierten. Die Wechsel in den Ministerien haben auch eine Machtverschiebung innerhalb der FRG zur Folge: Die Ernennung Barrientos als Innenminister ist ein klarer Sieg für Ríos Montt und wird Alfonso Portillo national und international noch mehr unter Druck bringen. |
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