"Legaler Terrorismus" gegen Lehrerschaft
Fijáte 279 vom 26. Feb. 2003, Artikel 2, Seite 3
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"Legaler Terrorismus" gegen Lehrerschaft
Guatemala, 21. Feb. Der am 20.Januar aufgenommene Streik der guatemaltekischen Lehrerschaft (siehe ¡fijáte! 277, 278) zieht immer weitere Kreise. Aufgrund der fehlenden Bereitschaft und den verschärften Massnahmen der Regierung gegenüber den Demonstrierenden haben sich inzwischen diverse gesellschaftliche Sektoren mit diesen solidarisiert. Blieb es anfangs noch bei einer Pressemitteilung verschiedener Organisationen, in denen sie die Forderungen des Lehrkörpers stärkten, kündigten die BäuerInnenorganisation CNOC zusammen mit dem Agrarforum, der Gewerkschaftseinheit UASP und studentischen Gruppierungen schliesslich ihre Teilnahme am andauernden Streik der DozentInnen mit etwa 40´000 Personen an, um die Regierung mit vereinten Kräften zur Lösung sowohl der Probleme des Bildungs- als auch des Agrarsektors zu bewegen. Auch auf die demo-kräftige Unterstützung von Seiten der Eltern und sogar der MarktverkäuferInnen in der Hauptstadt können die ManifestantInnen zählen, ist doch immer noch der Erfolg des LehrerInnensektors beim Sturz der Regierung Jorge Ubicos 1944 in guter Erinnerung. Während sich an der Streiküberzeugung der LehrerInnen nichts geändert hat, zeugt das Handeln der Regierung eher von Inkompetenz und Hilflosigkeit. Wozu sonst lassen sich diverse Ministerien vom Militär vor den friedlich Demonstrierenden beschützen, sagen Plenarsitzungen und andere Amtsaufgaben in okkuppierten Gebäuden ab und lassen die Soldaten mit Tränengas Strassenbesetzungen auflösen? Auch die Drohung von Bildungsminister Torres gegenüber den streikenden LehrerInnen mit Kündigung und Nichtauszahlung des Gehalts während der Streikzeit sowie sein Hetzen gegen den nationalen Lehrkörper in Pressemitteilungen, provozieren eher, dass ihn die Betroffenen als "Staatsterrorist" sehen, als dass ihm als "der Autorität" das Finden einer Lösung zugetraut wird. Nachdem der dritte Dialogversuch zwischen den Parteien scheiterte, da die Regierungsseite den Tisch verliess, wurde nun auf Antrag der Lehrerschaft eine Verhandlungskommission gegründet, in der der guatemaltekische Erzbischof Monseñor Quezada Toruño als "Ehrenbeobachter" fungiert und erste positive Dialogentwicklungen bestätigt. Inwieweit sich jedoch die Regierung auf die Forderungen auf u.a. die Etaterhöhung der aktuellen Q 3´255 Mio. um Q 2´800 Mio. für das Bildungsministerium (MINEDUC), einlassen wird, bleibt abzuwarten. Nach oben |
Solange keine Einigung erziehlt ist, werden die DozentInnen jedenfalls ihre Arbeitsniederlegung beibehalten, auch wenn diese von der 5. Arbeitsgerichtskammer als illegal beurteilt wurde. Von Seiten der LehrerInnen war dieser Schritt jedoch erwartet worden und wird fast zynisch als "legaler Terrorismus" aufgefasst. Von Seiten der Opposition wurde inzwischen eine Initiative formuliert, nach der Q 820 Mio. von den Konten der Präsidentschaft und des Verteidigungsministeriums auf das des MINEDUC zu transferieren seien. Die verantwortliche Regierungskommission legt währenddessen die Betonung auf eine notwendige Dezentralisierung des Verwaltungssystems, so dass schliesslich die einzelnen Departements für das jeweilige Bildungssystem verantwortlich wären. Das Beibehalten der Sanktionen gegen die Streikenden, obwohl parallel ein Dialog begonnen wurde, wird von der Arbeitergewerkschaft als Zeichen des neoliberalen Interesses des Staates gewertet, das sowohl vom IWF als auch anderen internationalen Körperschaften unterstützt würde. Bekräftigt werden die Demonstrierenden derweil in ihrem Tun durch den tragischen Tod einer 19jährigen Lehrerin aus Totonicapan, die auf dem Weg zur Grossdemonstration in die Hauptstadt bei einem Verkehrsunfall starb. |
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