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Stimmungsmache im Wahljahr: Presse und Regierung zerstritten

Fijáte 279 vom 26. Feb. 2003, Artikel 4, Seite 4

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Stimmungsmache im Wahljahr: Presse und Regierung zerstritten

Die von Portillo gezogene Konsequenz war, die Presse explizit von diversen Anlässen wie Eröffnungen von Schulen oder Marktplätzen auszuschliessen, die er sonst immer als Anlass für seine Medienauftritte nutzte. Auch verweigerte er nach wichtigen Treffen, z.B. mit dem US-amerikanischen Botschafter der Presse jegliche Information. Der FRG-Abgeordnete Haroldo Quej seinerseits sagte, ihm sei von der Partei verboten worden, an einem der von Prensa Libre regelmässig veranstalteten Pressefrühstücke teilzunehmen.

Auch wenn die Spannung in den letzten Wochen etwas nachgelassen hat (die Steuerbehörden haben die Büros von elPeriódico wieder verlassen, Karen Fischer hat einen schriftlichen Bericht von Zamora akzeptiert und besteht nicht auf ihrer Vorladung), muss man im Verlaufe dieses Wahljahres wohl noch mit einigen Unstimmigkeiten zwischen der Regierung und den Medien rechnen. Gemäss Zamora ist das aber nichts Neues: "Schon zu Zeiten von VGJorge SerranoNF und später während der Regierungszeit von VGAlvaro ArzúNF wurde die Presse beschuldigt, Parteipolitik zu betreiben, das Sprachrohr der VGDrogenhändlerNF oder des Privatsektors zu sein, je nach dem, was den Regierenden gerade gelegen kam. Heute ist es die Regierung Portillo, die glaubt, dass die Presse in diesem Wahlprozess ihr grösster Gegner ist, nicht, weil wir Parteipolitik machen, sondern weil wir über Korruptionsfälle berichten, in welche Mitglieder der Regierungspartei verwickelt sind, was natürlich unangenehm für die FRG werden kann."

Auch Gonzalo Marroquín, Direktor der Prensa Libre, versteht seine Arbeit nicht als Parteipolitik: "Unsere Aus- drucksformen als Kommunikationsmedien können ganz unterschiedlich sein. Aktivismus ist Teil der Meinungsfreiheit, und man kann uns deswegen nicht diskreditieren." Bezüglich des Vorwurfs, dass sich die Presse für den PAN-Kandidaten Oscar Berger stark mache, meinte Marroquín: "Wir bevorzugen gar niemanden. Wir veröffentlichen Tatsachen und Meinungsumfragen. Diese Umfragen lassen wir übrigens von den selben Meinungsforschungsinstituten machen wie bei den letzten Wahlen und damals war die FRG auch zufrieden damit!"

Etwas anders sieht es die unabhängige Journalistin und Medienkennerin Iduviana Hernández. Die Presse favorisiere manchmal bewusst, manchmal unbewusst die Kandidatur von Berger, da er eine ähnlich FRG-feindliche Haltung vertrete wie die Presse selber.

Weiter dürfe man auch die bestehende Verbindung zwischen der Presse und dem Unternehmenssektor nicht übersehen. Es sei eine unleugbare Tatsache, dass die Medien nur dank der Werbung überlebten, was den UnternehmerInnen eine gewisse Macht über sie gebe. In Guatemala sei die Presse traditionellerweise konservativ und identifiziere sich eher mit dem ökonomischen Konservatismus der UnternehmerInnen denn mit dem politischen Konservatismus einer FRG, meinte die Fachfrau Hernández.

Die Ernennung von VGLuís RabbéNF, dem umstrittenen Ex-Kommunikationsminister zum VGPRNF-Verantwortlichen der FRG-Kampagne zeigt laut VGIduvina HernándezNF, dass die FRG klar auf dem Konfrontationskurs mit der Presse fährt. Im Endeffekt sei Rabbé aber nur der Handlanger des mexikanischen Medienmoguls Angel Gonzáles, auch Besitzer der meisten guatemaltekischen Fernsehsender. Dieser Gonzáles habe noch nie einen Verlierer unterstützt, und es sei durchaus möglich, dass er, falls sich Berger wirklich als ein veritabler Kandidat entpuppe, Rabbé und die FRG wie eine heisse Kartoffel fallenlasse. Der Presse wirft Hernández auch vor, oftmals nicht unterscheiden zu können zwischen Editorialjournalismus und Informationsaufbereitung. Vor allem elPeriódico überschreite manchmal die Linie und seine Editoriale trügen häufig aktivistische anstelle analytischer Züge. Damit habe sich die Zeitung klar zu einer politischen Akteurin gemacht.

Edmundo Urrutia von der Vereinigung für soziale Investigationen und Studien (VGASIESNF) hat eine einfache Erklärung dafür: "Die Presse hat die Rolle übernommen, zu kontrollieren, zu überwachen, überall dort den Finger drauf zu halten, wo etwas krumm läuft, weil es keine politische Partei gibt, die das macht. Um dieses Vakuum zu füllen, schiesst die Presse oftmals über´s Ziel hinaus und übt einen unproportional starken politischen Einfluss aus."


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