Heiss her geht es um PN- und EMP-Archive
Fijáte 360 vom 24. Mai 2006, Artikel 5, Seite 5
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Heiss her geht es um PN- und EMP-Archive
Guatemala, 12. Mai. In der Nacht zum Donnerstag, 11. Mai, wurde eine Brandbombe in den mit Fahrzeugwracks zugestellten Hof des Polizeigebäudes geworfen, in dem die Archive der Nationalen Polizei (PN) aufbewahrt werden. Ein Wachmann entdeckte den Qualm rechtzeitig und konnte das Feuer löschen. Die im letzten Juli gefundenen Dokumente sind Beweismaterial für die während des internen bewaffneten Konflikts verübten Menschenrechtsverletzungen. (siehe ¡Fijáte! 359) Menschenrechtsombudsmann Sergio Morales, dessen Institution für die Archive zuständig ist, schliesst nicht aus, dass es sich um ein Attentat handelt, um das Dokumentarsenal zu zerstören. Während er das Gebäude für den sichersten Platz zur Aufbewahrung der Aktensammlung hält und somit eine Verlegung derselben nicht zur Diskussion stellt, wird vielmehr ein Rechtsantrag in Erwägung gezogen, damit der Autoschrott vom Gelände geschafft wird. Verdächtig ist die Tatsache, dass zwar am Tag darauf direkt von dem Vorfall berichtet und auch darauf hingewiesen wurde, dass gegen zwei Personen, die für das Menschenrechtsprokurat (PDH) in den Archiven arbeiten, sowie gegen die Wachdiensthabenden PolizistInnen in dem Fall ermittelt wird, doch seit dem wurde der Vorfall in der Presse nicht wieder erwähnt. Einzig wird, ebenfalls am folgenden Tag, berichtet, dass die Richterin, die die PDH mit der Untersuchung des PN-Archivs betraut hat und offenbar immer noch für den Fall zuständig ist, zahlreiche und vielfältige Drohungen erhält. Die letzte Einschüchterung fand ebenfalls zur Abendzeit am selben Mittwoch statt, als Unbekannte in ihre Kanzlei eindrangen und in ihren Akten herumwühlten. Ebenso zeigte die Betroffene, María Ester Roldán, persönliche Bedrohungen an, zum einen von Seiten eines vermeintlichen Delegierten der Nationalen Zivilpolizei (PNC), zum anderen von der Präsidentin des Höchsten Gerichtshofs (CSJ). Roldán berichtet, dass der Anwalt Carlos Humberto Rosales Mendizábal, der angeblich für die PNC arbeitet, in ihrer Kanzlei aufgetaucht sei und ihr Geld angeboten habe, um die Resolution der Beschlagnahmung und Verwahrung der PN-Archive zu ändern. Gemäss der Bedrohten soll er hinzugefügt haben, dass es für ihn einfach sei, dafür zu sorgen, dass eine Richterin getötet würde. Daneben habe die CSJ-Präsidentin, Beatriz de León, rechtswidrige Resolutionen erlassen, ihr die Schlüssel vom Gerichtsgebäude abgenommen und sie verbal bedroht. De León soll ausserdem versucht haben, die Richterin Roldán körperlich anzugreifen, da diese ein Internetprogramm geschaffen hat, mittels dessen man die Fälle des Justizapparats konsultieren kann. Derweil hat das Verfassungsgericht einem Einspruch im Zusammenhang mit den Archiven des aufgelösten Präsidialen Generalstabs (EMP) stattgegeben, den die Menschenrechtsorganisation Gruppe gegenseitiger Hilfe (GAM) im Dezember 2003 eingereicht hatte. Somit wurde nun eine von Ex-Präsident Alfonso Portillo getroffene Entscheidung rückgängig gemacht und entschieden, dass diese Dokumentation anstatt in die Hände der Streitkräfte, dem Obersten Gerichtshof übergeben werden soll. Die Dokumente datieren von 1954 bis zur EMP-Auflösung im September 2003. Nach oben |
Mario Polanco von der GAM erklärte, dass die Akten, die seine Organisation interessieren, diejenigen aus den 80ger Jahren seien, "der schlimmsten Zeit der Repression". Bereits im Januar 2004 verlieh das Verfassungsgericht eine provisorische Schutzmassnahme, mittels derer die GAM immerhin den Teil der Akten durchsehen konnte, der die Ausgaben der ehemaligen Staatschefs offenbart. Jorge Serrano Elías hat demnach beispielsweise Mengen an Bargeld aus den Kassen des EMP genommen. Doch schon ist der Gerichtsentscheid zur Polemik zwischen Militär und GAM geworden, meint doch der Verteidigungsminister Francisco Bermúdez, dass die Armee das Urteil wohl befolgen werde, was aber nicht so einfach wäre, stünden die besagten Archive doch unter Obhut der PDH und seien versiegelt. Polanco dagegen wertet Bermúdez Einwand als Täuschungsmanöver, seien die Akten, auf die sich das Urteil bezieht, nämlich andere, und zwar die, in denen Hinweise auf Bewachungen, Bedrohungen, Einschüchterungen, Geiselnamen, Morde und andere Verbrechen schriftlich festgehalten sind, die vom EMP gegen die politische Opposition und sonstige BürgerInnen begangen wurden. Die Archive im Gewahrsam der PDH seien tatsächlich versiegelt, jedoch bereits digitalisiert. Ausserdem seien dies "die unrelevantesten Dokumente des EMP". |
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