Fragwürdig: Gesetz gegen das organisierte Verbrechen ist durch
Fijáte 366 vom 15. Aug. 2006, Artikel 7, Seite 4
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Fragwürdig: Gesetz gegen das organisierte Verbrechen ist durch
Guatemala, 20. Juli. Das Gesetz gegen die organisierte Delinquenz ist vom Kongress verabschiedet worden, fast vier Monate, nachdem die Exekutive gegen die vorherige Version aufgrund von "Redaktionsfehlern" einiger Artikel ihr Veto eingelegt hatte. Nach etwas mehr als sechs Stunden Diskussion konnten sich die Fraktionen endlich mit nationaler Dringlichkeit auf einen Vorschlag einigen und beglückwünschten sich ob ihrer Errungenschaft, die sich seit Monaten hingezogen hatte. Manche Partei hält sich mit ihrer Begeisterung derweil etwas zurück, sei es wie im Fall der Patriotischen Partei (PP), weil ihre eingereichen Einsprüche nicht berücksichtigt wurden oder wie bei der Republikanischen Front Guatemalas (FRG), die offenbar aus Pflichtgefühl zustimmte, obwohl sie in einigen Artikeln Verfassungswidrigkeiten entdeckte. Einer der Polemik hervorrufenden Artikel, Nr. 20, bezieht sich auf die Genehmigung verdeckter Ermittlungen. Die PP wollte darauf bestehen, dass diese durch eine richterliche Anordnung autorisiert werden müssten, um zu vermeiden, dass die Staatsanwaltschaft nach Belieben handeln könne. Diese bestehende Freiheit wird auch von Enrique Álvarez, Mitglied des Beratungsstabs in Sicherheitsfragen (CAS), kritisiert, bestehe ohne Begleitung durch eine Rechtsinstanz doch noch eher die Gefahr, dass erhobene Information filtriert würde, da bloss der Generalstaatsanwalt grünes Licht zu geben braucht. Die FRG legte derweil erfolglos eine Reform vor, um die Telefonabhörung zu verhindern. Oliverio García Rodas von der Partei Solidaridad entkräftete diesen Rekurs ob Verfassungswidrigkeit, sollte doch nicht in das Leben von einzelnen Privatpersonen eingegangen, sondern gegen verbrecherische Gruppen vorgegangen werden. Das Gesetz, namentlich das Dekret 21-2006, beinhaltet 112 Artikel und nimmt Bezug auf die kriminellen Aktionen, die Mitgliedern von Verbrechensorganisationen zuzuschreiben sind. Ausserdem werden in der Norm spezielle Ermittlungs- und Strafverfolgungsmethoden aufgestellt sowie Massnahmen festgelegt, um gemäss der Gesetzgebung, der Verfassung und unterzeichneten internationalen Abkommen, den Aktionen des organisierten Verbrechens vorzubeugen, dieses zu bekämpfen und zu zerschlagen. Danach wird eine kriminelle Organisation definiert als Vereinigung von drei oder mehr Personen, die während einer bestimmten Zeit aktiv werden, um Verbrechen wie Drogenhandel, Geldwäsche, Menschenhandel und weitere im Strafgesetzbuch festgelegte Delikte zu begehen. Nach oben |
Politische und RechtsanalystInnen stehen dem Gesetz weiterhin skeptisch gegenüber. So bemängelt Carmen Aída Ibarra von der Myrna Mack-Stiftung, dass die hoch gelobten neuen Untersuchungsmethoden, wie die verdeckte Ermittlung, Telefonabhörung und kontrollierte Übergaben, zu Machtmissbrauch von Seiten der staatlichen Institutionen führen könnten. Die Zuständigen des Justizsystems halten das Gesetz unterdessen für eine Unterstützung der guatemaltekischen Gerichtsbarkeit, vorausgesetzt, alle legalen und Verfassungsrichtlinien werden bei der Anwendung respektiert. Erst nach der Veröffentlichung im staatlichen Diario Oficial am 10. August wird die Normative von den RichterInnen auf ihre Verfassungskonformität hin analysiert werden. Auch Claudia Samayoa vom Sektor der Menschenrechtsorganisationen übt Kritik. Es sei den Abgeordneten bis zum Ende nicht gelungen, die Notwendigkeit zu begreifen, eine effektive Gesetzgebung gegen das organisierte Verbrechen zu schaffen. "Sie denken dabei mehr an Konzepte wie das der "harten Hand" anstatt an Normen, die neben der Festnahme auch die Verurteilung von Kriminellen erleichtern." Ohne eine angemessene, gesetzlich festgelegte richterliche Kontrolle, so schliesst sich Samayoa den KritikerInnen an, liefen sowohl die Instrumente der verdeckten Ermittlung wie die Telefonabhörung Gefahr, als verfassungswidrig interpretiert zu werden. Jeglicher Beweis, der danach über die erwähnten Wege aufgenommen worden sei und in einem Rechtsprozess vorgelegt werde, könne somit zur Freilassung der Verdächtigen führen. Laut Samayoa sei mit dem Dekret eine völlig schwache Gesetzeslage geschaffen worden. Eine weitere durchlässige Stelle sei beispielsweise die Definition der Konspiration, da es gegen die Verfassung spricht, als Delikt zu definieren, zu planen, ein Verbrechen zu begehen. Auch hier sei die Freilassung die logische Konsequenz. |
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