Guatemala und sein Drogenkorridor
Fijáte 364 vom 19. Juli 2006, Artikel 7, Seite 6
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Guatemala und sein Drogenkorridor
Guatemala, 06. Juli. Während die Nationale Zivilpolizei (PNC) tagtäglich ihre Schwächen blosslegt, die es ihr erschweren, die Bevölkerung vor dem organisierten Verbrechen zu schützen, gewinnt das Militär Tag um Tag Land in Sachen "Innere Sicherheit", kauft für diesen Zweck mehr Waffen und schickt ohne Wissen des Innenministeriums ein Kontingent von 400 SoldatInnen in den Westen des Landes, wo sie den Drogenhandel bekämpfen sollen. Dafür wird die lokale Infrastruktur verbessert, um die militärischen Operationen zu Land, Meer und Luft zu ermöglichen, so dass ab dem 15. August in Coatepeque, Quetzaltenango, beispielsweise Flugmaschinen aller Grösse landen können. Derweil mangelt es der PNC an Personal, um Posten diversen Ranges zu besetzen, das organisierte Verbrechen ist infiltriert und die Ausrüstung reicht längst nicht für die tägliche Arbeit. Die Überraschungsreaktion und Entrüstung von Seiten der zuständigen Autoritäten ob der illegalen Überschreibung von Besitzurkunden über bis zu 11 Fincas an vermutliche Drogenhändler im Departement Petén, und zwar genau im Naturschutzgebiet der Biósfera Maya, in der Laguna del Tigre, wurde mit dem trockenen Kommentar von Yuri Melini, Leiter der Umweltorganisation CALAS, gleich entblösst: Laut diesem ist die entsprechende Information sowohl der Registrierbehörde von Eigentum (RGP), der Staatsanwaltschaft, dem Umweltministerium als auch dem Generalprokurat seit Oktober letzten Jahres bekannt, ohne dass etwas unternommen wurde. Auch ist bekannt, dass eine der staatlichen Hauptschwächen, die von den "narcos" ausgenutzt wird, die mangelnde Registrierung und legale Sicherheit von Immobilien-Besitztümern ist. Mit Leichtigkeit ist es in den genannten elf Fällen offenbar gelungen, mit "Hilfe" von Angestellten des Landfonds FONTIERRA die nötigen Papiere zu fälschen, um ehemals staatliches Eigentum, das in legalem Besitz von Privatleuten lag, in die Hände von Anonymen Gesellschaften zu lenken. Arabella Castro, Leiterin der Registrierbehörde, lamentiert derweil offen, dass viele Leute sich nicht registrierten, um keine Steuern zu zahlen. Das grösste Problem sei, so Castro, dass es keine zuverlässigen Identitätspapiere gäbe. In rund 90% (neunzig Prozent! die Red.) der unrechtmässigen Aneignung von Immobilien sind falsche Personalausweise im Spiel. Die überschriebenen Ländereien liegen strategisch in Grenzregionen zu Mexiko und haben Zugang zum Fluss Usumacinta, dem Grenzfluss, hat sich doch der Hauptverkehr von Drogen im Moment auf die Meeres- und Flusswege verlegt. Nach oben |
Gemäss Vizeminister Eduardo Stein ist der Regierung bekannt, dass in den Departements Izabal, Zacapa und Jutiapa, die an El Salvador bzw. Honduras respektive, grenzen, ebenfalls Privateigentümer vom organisierten Verbrechen gezwungen werden, ihre Grundstücke zu verkaufen. Im Petén wird gar die Vermutung gehegt, dass es sich bei den Siedlern, die sich - in einem Nationalpark, in dem eigentlich keine Ansiedlungen erlaubt sind - um Land bemühen, um eine Vorhut der Drogenhändler handelt, an die die Grundstücke dann weiter verkauft werden. Diese werden gerodet und dienen schliesslich als Landepisten für Flugzeuge, die mit Ware auf dem Weg in die USA sind. Seit Anfang des Jahres hat das Militär bereits 19 Pisten im Petén zerstört. Laut Verteidigungsminister Bermúdez gibt es indes 400 registrierte Landebahnen im Land, doch in Wirklich seien es drei- oder viermal so viele. Nun hat die Regierung eine Spezialkommission geschaffen, der obliegt, die Fincas wieder in Staatsbesitz zu bringen und die näheren Umstände und Drahtzieher zu ermitteln. Doch eine grundsätzliche Änderung ist in der nächsten Zeit wohl nicht zu erwarten, kündigte der Leiter der Katasterbehörde (RIC), die vor wenigen Monaten ihre Arbeit aufgenommen hat, bereits an, mindestens 15 Jahre für die Katastererhebung im ganzen Land zu benötigen. Und die Erkundung des Geländes beschränkt sich in vielen Fällen - wohl noch für länger - auf Luftaufnahmen, weil die RIC-Angestellten Angst haben, in manche Drogenhochburgen einzudringen und die Gelände vermessen zu wollen. Selbst der Staatsanwaltschaft ist die Existenz von mindestens zwölf Drogenhandelsgruppen im Land bekannt. Doch da der Anti-Drogenanalyse- und Untersuchungsdienst SAIA der PNC keine Anzeige erstattet hat, wird nicht ermittelt. Auch die USA behalten ihr Auge auf Guatemala und legen jetzt Berichte vor, laut denen 80% des in Kolumbien produzieren Kokains Guatemala passiert, das sind rund 150´000 Tonnen jährlich. In Guatemala selbst soll sich das Drogenproduktionszentrum derweil in Tacaná, San Marcos, befinden. Hier seien 1,800 ha an Schlafmohnanpflanzung in Besitz der lokalen Bevölkerung. |
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