Prozess wegen Völkermordes in Guatemala aufgehoben
Fijáte 402 vom 23. Jan. 2008, Artikel 2, Seite 3
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Prozess wegen Völkermordes in Guatemala aufgehoben
Guatemala, 17. Jan. Angesichts der "Verweigerung der Kollaboration von Seiten der guatemaltekischen Autoritäten" hat der Richter des Spanischen Gerichtshofs, Santiago Pedraz, Abstand davon genommen, seine Ermittlungen in Guatemala fortzusetzen. Deswegen bat er nun die internationale Kooperation um Unterstützung in dem Untersuchungsprozess wegen Völkermordes gegen sieben ehemalige Militärs und zwei zivile Funktionäre. Somit hebt der Richter "jedes einzelne Bittgesuch auf, dass er an Guatemala in dieser Sache gestellt hatte", informierte eine juristische Quelle. Pedraz fällte seine Entscheidung, die Mitte Januar bekannt gegeben wurde, nachdem das guatemaltekische Verfassungsgericht am vergangenen 12. Dezember den Rechtsprozess annullierte, mit dem Argument, Spanien verfüge nicht über die rechtliche Zuständigkeit, um gegen die angeklagten Guatemalteken einen Prozess zu führen. Dieses Urteil hatte noch im letzten Jahr zur Folge, dass die zwei ein Jahr und 15 Tage zuvor in Untersuchungshaft genommenen Ex-Militärs Ángel Aníbal Guevara und Germán Chupina Barahona noch zu Weihnachten nach Hause durften und die Haftbefehle gegen die ehemaligen Generäle Efraín Ríos Montt und den verstorbenen Benedicto Lucas, sowie die Zivilisten Donaldo Álvarez und Pedro García Arredondo aufgehoben sind. Auch wenn diese es mit Hilfe ihrer AnwältInnen und mehr als 35 Einsprüchen geschafft haben, zumindest auf guatemaltekischem Boden derzeit keinen Strafprozess wegen ihrer Verantwortung für den verübten Genozid in Guatemala erwarten zu müssen, informierte Santiago Pedraz, dass die Haftbefehle nicht an Gültigkeit verlieren und er den Prozess anderweitig fortsetzen wird. Zu diesem Zweck bat er die Medien der mehr oder weniger an Guatemala anrainenden Länder Mexiko, Belize, Honduras, Nicaragua, El Salvador und die USA eine Mitteilung zu veröffentlichen, in der er darum bittet, dass wer auch immer dazu in der Lage sei, an den entsprechenden lokalen Stellen "jegliche Information über den Genozid am Volk der Maya in Guatemala abzugeben, die für die Ermittlungen dieser Verbrechen relevant sein könnte". Nach oben |
Für den spanischen Richter, der ob der etlichen unfruchtbaren Bemühungen offenbar langsam die Geduld verliert, ist das Gerichtsurteil ein eindeutiges Zeichen "für die Verzögerungshaltung seitens des guatemaltekischen Staates nicht nur wegen der anhaltenden Zauderei während des Verfahrens, sondern auch wegen Unterzeichnungsproblemen." "Und damit verstrickt sich Guatemala als Staat in die Verletzung der Verpflichtung, die von allen zivilisierten Staaten eingegangen worden ist, das Verbrechen des Völkermordes zu bestrafen". Von Beginn an war dieser Prozess ein ständiges Hin und Her, hatte doch schon im Oktober 2005 das Verfassungsgericht dem spanischen Gerichtshof die nötige Zuständigkeit für den Fall zugesprochen, der im Februar 2006 seine Arbeit aufnahm, aber durch anhaltend eingereichte Einsprüche daran gehindert wurde, ZeugInnen zu vernehmen und letztendlich die Auslieferung der Angeklagten an Spanien zu beantragen. Derweil bewertet die Internationale JuristInnenkommission (CIJ) die Resolution des Verfassungsgerichts als repressiv und als falsche Interpretation des Internationalen Rechts. "In seinem Urteil lehnt das Verfassungsgericht die Grundlage der universalen Gerichtsbarkeit ab, auf das sich das Verfassungsgericht von Spanien für die Fälle von Völkermord beruft", so die CIJ. Ausserdem, fügen die JuristInnen in ihrem Kommuniqué hinzu, hat das Gericht die Tatsache übergangen, dass auf dem Gebiet von Verbrechen gegen die Menschlichkeit die Verpflichtung besteht, gerichtlich zusammenzuarbeiten mit dem Ziel der Verurteilung und Bestrafung der Verantwortlichen. Dieser Obligation hat sich Guatemala bereits 1950 unterworfen mit der Unterzeichnung der Konvention für die Prävention und Sanktion des Verbrechens des Genozids. Zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft schliessen sich der Kritik an, der Staat mache sich zum Komplizen der Verantwortlichen und sei nicht daran interessiert, gegen die Straflosigkeit, die im Land herrscht, anzugehen. Die Rigoberta Menchú-Stiftung, die seit 1992 versucht, den Fall durch die Gerichtsinstanzen zu bringen, hat dieser Tage im Zusammenhang mit dem Urteil des Verfassungsgerichts Anzeige wegen ethnischen Rassismus' eingereicht und versichert, weiterhin alle Möglichkeiten auszuschöpfen, den Spanischen Gerichtshof in dem Prozess zu unterstützen. |
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