Vorsicht, freilaufender Polizist!
Fijáte 278 vom 12. Feb. 2003, Artikel 8, Seite 5
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Vorsicht, freilaufender Polizist!
Guatemala, 7. Feb. Seit 1997 unterstützen u.a. die schwedische, die norwegische und die deutsche Regierung Projekte zur ethischen und persönlichen Weiterbildung der guatemaltekischen Polizeiangestellten. Menschenrechte, Grundlagen der Demokratie und ein "Gender-Training" gehören seither in den Lehrplan der Polizeiakademie. Der Aufbau eines Kontrollsystems innerhalb der zivilen Nationalpolizei (PNC) soll Machtmissbrauch, Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen seitens der PolizistInnen überwachen und gegebenenfalls sanktionieren. Auch die Europäische Union finanzierte ein über vier Jahre dauerndes Modernisierungsprojekt für die guatemaltekische Polizei in Höhe von 25 Mio. US-$. Bei Abschluss des Projekts Ende 2002 erklärte der Leiter der EU-Delegation in Guatemala, Philippe Combescot, das Projekt als erfolgreich. Die Gelder seien gut verwaltet und programmgemäss eingesetzt worden, die Polizeiakademie, an der 20'000 PolizistInnen ausgebildet wurde, könne als ein Erfolg bezeichnet werden, ebenso die Schaffung von elf Gesetzen, die die Rolle der Polizei gesetzlich verankern. Als nächstes würde die EU knapp 10 Mio. US-$ für die Modernisierung des Justizwesens aufbringen. "Solange man uns helfen lässt, tun wir das gerne", erklärte Combescot. Die Realität ist jedoch eine andere. Die Gewaltwelle des letzten Jahres wird unter anderem den ineffizienten Polizeiermittlungen und der Verwicklung von Polizeiangehörigen ins organisierte Verbrechen und den Drogenhandel angelastet. Beim z.T. harten Durchgreifen der Polizei bei Protestaktionen der BäuerInnen wurden mehrmals deren Menschenrechte verletzt. Anfang Februar 2003 wurden sämtliche mechanische Werkstätten der PNC geschlossen, 60 Angestellte werden einer juristischen Untersuchung unterzogen. Während rund 60% der Polizeifahrzeuge als reparaturbedürftig in den Werkstätten herumgammelten, verschwanden dort Ersatzteile im Wert von Zehntausenden von US-$. Allgemein ist das Vertrauen der Bevölkerung in die OrdnungshüterInnen nicht gross, weshalb oft auch zum Mittel der Selbstjustiz gegriffen wird. Nach oben |
In diesem Kontext startete die Gruppe Kinder für die Identität und Gerechtigkeit gegen das Vergessen und Schweigen (HIJOS) die Kampagne "Vorsicht, freilaufender Polizist!" Die Verletzungen der Menschenrechte, die von der Nationalen Zivilpolizei (PNC) gegen Jugendliche und Heranwachsende verübt werden an die Öffentlichkeit zu bringen, ist Hauptziel dieser Kampagne. Täglich, so Francisco Sánchez von HIJOS, missachteten die AgentInnen der PNC die Bewegungsfreiheit Hunderter Jugendlicher und Heranwachsender unter dem Vorwand, sie würden einer der vielen Jugendbanden angehören. Damit nutzten die PolizistInnen ganz klar die Unwissenheit der Bevölkerung hinsichtlich ihrer Verfassungsrechte aus. Mit der Kampagne wurde bereits im Dezember begonnen: Plakate und Spruchbänder, auf denen die Übergriffe der PolizistInnen denunziert wurden und die in der Hauptstadt und auch in einigen Departements verteilt und aufgehängt worden sind, sollen die Bevölkerung und v.a. die Minderjährigen sensibilisieren. Die Mehrzahl der AgentInnen der PNC nähmen die Jugendlichen fest und verlangten deren Identifikationsdokumente, nur weil sie sie mit langem Haar oder einer Tätowierung auf dem Körper sähen, ein Vorgehen, dass laut Verfassung illegal sei, so Sánchez. "Logischerweise wird die Gewalt nicht abnehmen, wie wir alle wissen (ausser der Polizei) sind nicht die Jugendlichen das Problem, sondern die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen wir in Guatemala leben", heisst es in der Presseerklärung der HIJOS. |
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