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Der 28. Dezember 2003 in Jalapa - aus Wahlbeobachterinnensicht

Fijáte 301 vom 14. Jan. 2004, Artikel 1, Seite 1

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Der 28. Dezember 2003 in Jalapa - aus Wahlbeobachterinnensicht

In Jalapa unterstützte die FRG fast einstimmig die UNE. Wir meinten einen stehenden Bus gesehen zu haben, hatten aber nicht weiter darauf geachtet. Doch unser Fahrer hatte gesehen, wie der Bus von einem Pick-up angehalten wurde, der plötzlich, als wir uns dem Bus näherten, weg fuhr, so dass der Bus weiterfahren konnte. Später erfuhren wir von einem Reporter der Tageszeitung VGPrensa LibreNF, dass er Morddrohungen erhalten habe, als er von weitem filmte, wie bekannte FRG- Mitglieder mit mehreren Autos die Landstrasse absperrten und angeblich Geld in den Bussen verteilten. Nach dem Anruf von MINUGUA achteten wir verstärkt auf entsprechend verdächtige Anzeichen, doch sahen wir in der Gegend, durch die wir fuhren, nur ganz vereinzelt Menschen und so gut wie keine Transportmittel. Unser nächstes Ziel war die Gemeinde San Manuel Chaparron. Auch im dortigen Wahllokal war wenig los. Bei der ersten Runde hatte es dort Probleme gegeben, da SympathisantInnen verschiedener Parteien Propaganda im Innern des Wahllokals machten. Diesmal blieben zwar auch ein paar ParteianhängerInnen drinnen, aber es bildeten sich keine langen Warteschlangen, wo man die Leute hätte beeinflussen können. Der Koordinator des Wahllokals forderte sie zudem schliesslich auf, das Wahllokal zu verlassen. Das geschah in der Gemeinde Las Monjas, unserer nächsten Beobachtungsstation, nicht, obwohl sich dort über 1´000 Menschen im Wahllokal aufhielten, von denen einige sogar bewaffnet waren. SympathisantInnen verschiedener Gruppen hatten sich zusammengetan und versuchten, uns jeweils von ihren Ansichten über das Geschehen zu überzeugen. Es gab wohl eine Frau, die wählen wollte, dies aber nicht realisieren konnte, da jemand anderes oder sie selbst schon für sie gewählt hatte. Andere erzählten, sie hätte einen gefälschten Wahlzettel einschmuggeln wollen. Der Unterdelegierte des obersten Wahlgerichts berichtete uns ausserdem, dass die AnhängerInnen der FRG planen würden, die Wahlurnen um 18 Uhr abzubrennen, weshalb beschlossen wurde, um 17.30 Uhr die Menschen aus dem Wahllokal zu weisen. Bereits in der ersten Runde teilte uns der lokale Wahlverantwortliche mit, man hätte ihn zweimal VGlynchenNF wollen, und die FRG würde einen Stromausfall während der Stimmenauszählung planen. Die BeobachterInnen des Menschenrechtsprokurats (VGPDHNF), von denen diesmal niemand da war, hatten uns am 9. November erzählt, dass sie wiederum vom Unterdelegierten mit Festnahme bedroht wurden, würden sie weiterhin den in den Schlangen Wartenden erklären, an welchem Tisch sie ihre Stimme abzugeben hätten, und was sie tun könnten, wenn sie in den Wahllisten der Tische nicht auftauchten. In diesem Dorf haben bestimmt nicht die staatlichen Autoritäten das Sagen, sondern die, die eine Waffe tragen und einer mächtigen Partei angehören. Beispielsweise baten uns bei der ersten Runde mehrere bewaffnete Polizisten, ob wir (zwei unbewaffnete WahlbeobachterInnen!) die Leute aus dem Wahllokal verweisen könnten, die scheinbar Minderjährige aus den Warteschlangen zogen, die angeblich mit falschen Papieren wählen gingen. Das grösste Problem in Las Monjas war bei der ersten Runde jedoch, dass nach Angaben der PDH auch hier über 1´000 Menschen nicht ihr Wahlrecht ausüben konnten, da sie nicht in den Wahllisten auftauchten. Zudem stand dem Unterdelegierten kein Computer zur Verfügung, um im Wahlregister des Departements nachzusehen und ihnen noch einen extra Tisch zuzuweisen. Aus diesem Grund wollten die KandidatInnen verschiedener Parteien die Wahlen vom 9. Nov. für ungültig erklä-

ren. Wir waren mit im Zimmer gewesen, als über die Gültgkeit diskutiert wurde, da uns die KandidatInnen als ZeugInnen dabei haben wollten. Doch wir mussten bald gehen, da wir in Jalapa die Stimmenauszählung beobachten sollten. Leider habe ich bis jetzt nicht genau erfahren, wie die Diskussion ausgegangen ist, doch wurden glücklicherweise weder der Unterdelegierte des TSE gelyncht noch die Wahlurnen abgebrannt. Die Stimmenauszählung ging bei der zweiten Runde sehr schnell: um 18.30 Uhr hatten wir das Ergebnis unseres Tisches und um 20.30 Uhr waren alle Ergebnisse vom gesamten Departement Jalapa ausgezählt, zusammengetragen und per Computer an die Zentrale des Obersten Wahlgerichts geschickt. Der Direktor der Universität, in der die Auszählung stattfand, nutzte die Gelegenheit uns anzutreffen, um uns vor laufender Kamera des Unikanals Bücher über seine Universität zu überreichen und uns nach unserer Einschätzung des Wahlprozesses zu fragen. Auch die VertreterInnen des Fernsehsenders Noti7 interviewten uns. Nachdem die Stimmenauszählung in Jalapa vorbei war, fuhren wir zurück ins Hotel und sahen uns die ersten Hochrechnungen auf dem VGFernsehbildschirmNF an. Sobald abzusehen war, dass ,,el conejo", ("das Kaninchen") wie Oscar Berger genannt wird, gewinnen würde, wurden überall in den Strassen Böller gezündet. Ich sah mir noch die Vorstellung der offiziellen vorläufigen Ergebnisse des TSE an und schlief dann, vom Gekrache der Böller begleitet, ein.


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