Erste Kommissar-Entlassung wegen sexueller Belästigung
Fijáte 347 vom 9. Nov. 2005, Artikel 7, Seite 5
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Erste Kommissar-Entlassung wegen sexueller Belästigung
Guatemala, 24. Okt. Was zählt ist, dass die Nachricht die erreicht, die sie erhalten sollen. Und das hat die Polizeiagentin Griselda Gordillo geschafft. Nach der Entlassung ihres vorgesetzten Kommissars wegen sexueller Belästigung scheint sich die Mentalität der Agenten der Nationalen Zivilpolizei (PNC) zu wandeln. 76 Prozent der Zivilpolizisten geben zu, dass sexuelle Belästigung in der ,,Zunft" zum Alltag gehört. Argumentiert wird, dass die geringe Anzahl von Frauen die Rede ist von 10% - diese gegenüber der Belästigung durch die Kollegen besonders verletzlich mache. Niemand von den Männern rechnete je damit, dass die männlichen Umgangsgewohnheiten zur Kündigung führen könnten. Ende August kam es dann zum "bösen" Erwachen: Der zuständige Kommissar des Kontrollbüros für Private Sicherheitsdienste legte auf Geheiss des Disziplinartribunals in Quetzaltenango sein Amt nieder. ,,Als sie ihm das Urteil mitteilten, konnte er es nicht glauben. Er hatte nie gedacht, dass eine einfache Agentin den Fall gewinnen könnte", versicherte Verónica Godoy, die als Ehrenzeugin zur Wahrung der korrekten Anwendung des internen Reglements der PNC am Prozess teilnahm. Die Anklägerin hatte einige Monate lang die ständigen Belästigungen von Seiten des Kommissars ertragen. Laut Urteil hatte dieser sie aufgefordert, ohne Strümpfe zu arbeiten, damit er ihre Beine sehen zu könne, er schloss sie in sein Büro ein, lobhudelte ihr mit Komplimenten und verlangte Intimverkehr. Da Griselda Gordillo nie auf seine Vorschläge einging, sorgte der Kommissar für ihre Versetzung auf eine Polizeiwache, obwohl Gordillo stets in der Administration tätig war. Die ihr durch den Wechsel aufoktroyierte operative Arbeit stellte somit einen grossen Nachteil für sie dar. Deswegen entschloss sie sich für die Anklage. Nur ein Polizist unterstützte ihre Initiative: ihr eigener Ehemann. Zahlreiche Arbeitskolleginnen sagten vor Gericht zu ihren Gunsten aus, darunter befand sich kein einziger Mann. Sowohl auf Griselda als auch auf ihre Kolleginnen wurde während des gesamten Verfahrens grosser Druck von Seiten einiger Kommissare ausgeübt. ,,Für uns ist das Wichtigste, dass diese Botschaft an den Rest der Polizisten weitergeleitet wurde, denn für sie ist die sexuelle Belästigung tagtägliche Gewohnheit, kommentierte Godoy. Im vergangenen Jahr erhielt die Gender-Abteilung der PNC jedoch nur acht Klagen wegen sexuellen Missbrauchs, keine wurde erfolgreich verfolgt. ,,Was im aktuellen Fall sehr viel brachte, war die Entschiedenheit des PNC-Ermittlers und des Opfers. Trotz der Drohungen gab sie in keinem Moment nach, so Godoy. Nach oben |
Im November 2003 einigten sich Gruppen der Zivilgesellschaft und internationale Organisationen mit dem Innenministerium auf ein neues Disziplinarreglement der PNC. Darin wurde zum ersten Mal sexuelle Belästigung als schweres Delikt aufgenommen, obwohl diese Tat in Guatemala noch nicht als Straftat deklariert worden war. ,,Dieser war der polemischste Punkt, den wir mit den Kommissaren diskutieren mussten, beinahe ging deswegen die Verhandlung in die Brüche, so Eleonora Muralles von der Gruppierung Angehörige und FreundInnen gegen Verbrechen und Entführung (FADS). Bis Ende 2004 konstituierten sich drei Disziplinartribunale, die bis dato für die Entlassung von 150 Polizisten sorgten. Doch erst im August 2005 war der erste Kommissar an der Reihe. |
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