Guatemalas Rohstoffe: ein Konflikt ohne Ende
Fijáte 447 vom 4. November 2009, Artikel 3, Seite 5
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Guatemalas Rohstoffe: ein Konflikt ohne Ende
Guatemala, 23. Okt. Das Thema Rohstoffe ist und bleibt ein kontroverses Thema (nicht nur) in Guatemala. Der Schutz der "Mutter Erde" war denn auch das Leitmotiv der Demonstrationen am Tag des Gedenkens an den Widerstand der indigenen Völker. Tausende von Menschen versammelten sich am 12. Oktober im gesamten Land und forderten den Rückzug der Bergbau betreibenden Unternehmen sowie das Ende der Verfolgung und Ermordung indigener AnführerInnen und generell die Bekämpfung der Armut der Landbevölkerung. Im Fokus von Protest und Konflikt bleiben die Zementfabrik in San Juan Sacatepéquez, Departement Guatemala, und die Mine Marlin in San Miguel Ixtahuacán, Departement San Marcos. Bedauerlicherweise lief diese friedliche Demonstration nicht ohne Zwischenfälle ab. Ein bewaffneter Mann schoss auf die Demonstrierenden und tötete dabei den 19-jährigen Ilmer Orlando Boror Zet. Zwei weitere Personen im Alter von 16 und 65 Jahren wurden verletzt. Gemäss verschiedener BäuerInnen- und indigener Organisationen stammten diese drei Personen aus dem Dorf Lo De Ramos in San Juan Sacatepéquez, eine der zwölf Gemeinden, die gegen die dort ansässige Zementfabrik protestieren. Die Organisationen bedauern, dass das Recht auf freie Meinungsäusserung dermassen verletzt wird und sehen einen klaren Zusammenhang mit dem seit 2007 andauernden Konflikt um die Zementfabrik. An sie wurde die Baulizenz vergeben, ohne vorher die betroffenen Gemeinden zu informieren oder zu konsultieren. Diese haben sich in einer Volksabstimmung mit einem "Nein" gegen die sich bereits im Bau befindende Fabrik ausgesprochen. Allerdings wurde die consulta, wie bisher alle Volksabstimmungen in Guatemala, nicht anerkannt. Folge dieser Zementfabrik ist nicht nur die Zerstörung des kommerziellen Blumenanbaus der Region, sondern ist auch auf soziokulturellem Niveau zu finden: Spaltung der Gemeinden und Familien, da einzelne Personen von der Zementfabrik profitieren, andere aber nicht. Dadurch entstehen Konflikte: Kontrollen durch Polizei und Militär, Verfolgung und Angst sind an der Tagesordnung, die Todesfälle vom 12. Oktober sind nicht die ersten. Als Ergebnis der Demonstration wurde am 22. Oktober der Dialog mit der Regierung eröffnet. Diese erklärte sich bereit, in den Fällen von Ermordung und Verfolgung indigener AnführerInnen zu ermitteln. Die Resultate sollen in zwei Wochen vorliegen. Eine andere Forderung seitens der BäuerInnen ist, dass sich die Polizei- und Militärkräfte aus den Gemeinden San Juan Sacatepéquez und El Estór, Departement Izabal (dort kam es vor einigen Wochen zu einer brutaler Räumung, die ebenfalls mit dem Tod einer Person endete (siehe ¡Fijáte! 444) zurückziehen. Auch eine Agrarreform, die Rücknahme von Abbaulizenzen, die Untersuchung illegaler bewaffneter Gruppen, die Befreiung politischer Häftlinge und die Beendigung von Räumungen werden gefordert. Der Kongress sagte zu, die Abbaulizenzen zu überprüfen. Im Fall der Zementfabrik von San Juan schlägt er vor, dass die Internationale Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) die Ermittlungen unterstützen soll. Nach oben |
Die durch Rohstoffabbau verursachten Schäden müssen gegen ihren Nutzen abgewogen werden. Zum Beispiel bezahlen 42 der bereits seit Jahren funktionierenden Minen nicht die vereinbarten Tarife und informieren auch nicht über ihre Gewinnspanne (das Gesetz schreibt vor, dass die [ausländische] Firma ein ganzes Prozent des Gewinnes vom Verkauf der extrahierten Metalle an den Staat Guatemala zahlen muss, wie hoch dieser Gewinn ist, beziffert allein das Unternehmen!). Das Ministerium für Energie und Bergbau rechnete aus, dass für den Zeitraum 1993 bis 2008 insgesamt vier Millionen Quetzales von den Firmen zu zahlen wären. Seit mehren Jahren ist nun auch die Rede davon, das Bergabbaugesetz zu ändern und die Abgaben zu erhöhen. Dies scheitert unter anderem daran, dass die von den Projekten betroffenen Gemeinden oft keinen Nutzen davon haben, sondern die ökologischen und sozialen Schäden tragen müssen und daher ganz gegen die Anwesenheit dieser Firmen sind. Die Bergbauproblematik und ihre negativen Einflüsse auf die Umwelt können ebenfalls internationale Konflikte auslösen. Zum Beispiel ist das Goldabbauprojekt Cerro Blanco der Firma Entre Mares de Guatemala, einem Tochterunternehmen der kanadischen Goldcorp. Inc. (welche die Mine Marlin in San Marcos betreibt), geplant. Sie würde im Departement Jutiapa gebaut werden, die Abwasser bzw. die Wasserverschmutzungen, die durch diese Mine verursacht würden, gelängen durch Flusswasser ins angrenzende El Salvador. Während El Salvador in dieser Region Abbaulizenzen an zwei Firmen verweigerte, hat Guatemala die Lizenz bereits vergeben. Nun protestiert aber El Salvador gegen diese Entscheidung. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit die sozialen Proteste in Guatemala den rigorosen Abbau von Rohstoffen stoppen können. |
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