Die "Integration" nimmt Formen an
Fijáte 449 vom 2. Dezember 2009, Artikel 4, Seite 4
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Die "Integration" nimmt Formen an
Guatemala, 28. Nov. Ende Oktober stattete der mexikanische Präsident Felipe Calderón Guatemala einen zweitägigen Besuch ab. Bei dieser Gelegenheit weihte er zusammen mit dem guatemaltekischen Präsidenten Alvaro Colom verschiedene Infrastrukturprojekte ein, die im Rahmen des einstigen Plan Puebla Panamá (heute Plan Mesoamérica) realisiert werden, besuchte den guatemaltekischen Kongress und die RichterInnen des Obersten Gerichtshofs. Mediales Aufsehen erregte die Einweihung der Elektrizitätswerk Los Brillantes im Departement Retalhuleu. Dieses Unterwerk verbindet über rund 100 km Leitung und mit 227 Strommasten Retalulheu mit dem mexikanischen Tapachula und ist somit ein wichtiger Beitrag zum überregionalen Strommarkt. Nebst der Stromleitung wurde auch eine Glasfaserleitung gelegt, mit der Daten und Stimme übermittelt werden können. Finanziert wurde dieses Projekt mit einem Beitrag von 55 Mio. US-$ von der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID). Sowohl Calderón wie Colom betonten bei dem Einweihungsakt, dass ein Ziel dieses Projektes sei, mehr Gemeinden in beiden Ländern an die Stromversorgung anzuschliessen. Schöne Worte, aber: Mitte Oktober schickte Calderón Militär und Bundespolizei los, um das wichtigste Stromverteilungsunternehmen Luz y Fuerza del Centro "einzunehmen" und auf der Stelle 44'000 Angestellte zu entlassen. Damit entledigte er sich der starken und unabhängigen Gewerkschaft des Unternehmens, die sich gegen seine Wirtschafts- und Privatisierungspolitik stellt. Das Interesse Guatemalas an Los Brillantes liegt in erster Linie darin, dem bisherigen Monopolbetrieb für Stromverteilung, der spanischen Unión Fenosa, mit deren Service die Bevölkerung überhaupt nicht zufrieden ist, eine Konkurrenz zu geben. Die grossen Infrastrukturprojekte sind Teil eines Investitionsplans für Zentralamerika und Mexiko. Für Alejandro Villamar, Aktivist des mexikanischen Netzwerks Front gegen Freihandel, wird mit diesen Projekten die alte Idee einer Gesamtamerikanischen Freihandelszone (ALCA) weitergeführt. Heute sei es die Organisation Amerikanischer Staaten (OEA), die an ihren Regierungstreffen und -gipfeln, aber auch auf der Unternehmens- und Zivilgesellschaftsebene dieses Projekt unter dem Namen "Proceso de la Cumbre de las Américas" vorantreibe. Die Worte Calderóns geben Villamar recht: "Mit dieser Stromleitung verbinden wir ganz Mesoamerika, von Mexiko bis Kolumbien. Über dieses Netz fliesst nicht nur Strom, sondern auch kommerzielle und wirtschaftliche Energie." Auf der Agenda des Besuchs von Calderón in Guatemala standen aber auch der Kampf gegen den Drogenhandel und das organisierte Verbrechen. Dieser Punkt der Initiative Mérida ist vor allem den Interessen und der Finanzierung durch die USA geschuldet. (Am 17. November erhielt Guatemala von der US-Regierung im Rahmen des Plan Mérida 6.75 Mio US-$ für "die Prävention von Delinquenz, Drogenhandel und organisiertes Verbrechen".) Nach oben |
Dazu schreibt der Analyst und Lateinamerikaspezialist John Saxe-Fernandez: "Der Plan Colombia und die Mérida-Initiative wurden in den Jahren 2000 und 2008 paktiert. Ihr Ziel ist die Verteidigung der geostrategischen Interessen und der Monopolstellung der USA in der Region. Durch Privatisierungen und diplomatisch-militärische Interventionen wird Lateinamerika als strategische Reserve kontrolliert, gerade jetzt, wo die USA 60% ihres Ölverbrauchs importieren müssen und die lebensnotwendigen Ressourcen knapp werden. Und wie Ignacio Ramonet im Prolog des Buches von Hernando Calvo über den Staatsterror in Kolumbien schreibt: "Das oligarchisch-imperiale Fachwerk fördert die Vertreibung jener, die in den ressourcenreichen Gebieten leben. Ihr Land eignen sich Grossgrundbesitzer, Paramilitärs und wirtschaftlich Mächtige an. Es geht um Land, Gas und Öl, um Bergbau, Biodiversität und Wasser." Calderón besuchte noch weitere Orte und Projekte: Er besuchte Xalbal, ein Dorf im Ixcán. Dort ging es nicht in erster Linie um den geplanten und umstrittenen Stausee, sondern um eine Gedenk- und Dankesfeier in Erinnerung an die in der Region verübten Massaker während des bewaffneten Konflikts, die viele Menschen über die Grenze nach Mexiko trieben, wo sie von der mexikanischen Regierung aufgenommen wurden. Und er nahm an der Eröffnungsfeier des Genzübergangs "El Ceibo" statt, der den Petén mit Chiapas und Tabasco verbindet. Hier geht es nicht zuletzt um touristische Interessen und um eine komfortablere Verbindung zwischen den Mayastätten Tikal, Banampak und Palenque. All dies und viel mehr in nur zwei Tagen. |
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