Notizen aus dem Wahlkampf
Fijáte 194 vom 22. Sept. 1999, Artikel 11, Seite 6
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Notizen aus dem Wahlkampf
Guatemala, 9. - 22. September Auf Einladung des Netzwerkes Guatemaltekischer Journalistinnen haben sich Frauen, die für verschiedene Ämter kandidieren, getroffen und ihre politische Einstellung in bezug auf Frauenanliegen vorgestellt. Eingeladen waren Anabella de León von der Regierungspartei (PAN), Catalina Soberanis und Lorena Robles von der Demokratischen Front Neues Guatemala (FDNG), Luz Méndez von der Allianz Neue Nation (ANN), Raquel Blandón von der Grünen Partei sowie Vertreterinnen der Republikanischen Front Guatemalas (FRG), die jedoch der Einladung nicht folgten. Obwohl verschiedenen Parteien angehörend, haben die Frauen sehr ähnliche Vorstellungen von "Frauenpolitik". Sie müssten mit einem Frauenbewusstsein arbeiten, unterstützt von der Frauenbewegung, meinte Anabella de León. Sie müssten einerseits innerhalb ihrer eigenen Parteien für die Rechte der Frauen kämpfen und andererseits Allianzen mit Frauen von andern Parteien machen, um innerhalb des Kongresses eine Stärke aufzuweisen. Lorena Robles von der FDNG unterstützt die Aussage von de León und betont, dass sie, auch wenn sie nicht selber gewählt würde, die Arbeit der Frauen im Kogress unterstützen werde. Alle anwesenden Frauen waren sich einig, dass Themen wie Sexualerziehung, Gewalt gegen Frauen und bezahlte Hausarbeit Priorität haben müssen innerhalb der Frauenpolitik. Während der Regierungszeit Arzú's hätten die Frauen einige wichtige Erfolge erzielt, trotz zum Teil starker Opposition innerhalb ihrer eigenen Parteien. Erwähnt wurde in diesem Zusammenhang das Gesetz gegen innerfamiliäre Gewalt sowie das Gesetz zur integralen Frauenförderung. Dem gegenüber kritisierte Irene Barrientos, Vertreterin der Gewerkschaftseinheit der ArbeiterInnen Guatemalas (UNSITRAGUA), dass die zur Wahl antretenden Frauen keine Geschlechterperspektive hätten. Die Parteien würden die Frauen bloss aufstellen, um gut dazustehen und ein demokratisches Bild von Gleichberechtigung zu vermitteln. Die grosse Masse der Frauen Guatemalas hätten ein sehr gleichgültiges Verhältnis der Politik gegenüber. Dies sei auf die machistische Kultur zurückzuführen, welche Frauen zur Hausarbeit verdamme sowie auf fehlende Schulbildung. Dieser Zustand könne nur verändert werden, indem die Diskriminierung der Frau und das patriarchale Denken überwunden würden, welche den Frauen die Beteiligung an einer öffentlichen, politischen Diskussion verunmöglicht hätten, meinte Barrientos. Verschiedene nordamerikanische Menschenrechtsorganisationen kündeten an, im Falle eines Wahlsieges der Republikanischen Front Guatemalas (FRG) sei eine weitere finanzielle Unterstützung Guatemalas durch die USA in Frage gestellt. Laut Hugh Byrne, Mitarbeiter des Washingtoner Büros für Lateinamerika (WOLA), würden verschiedene Kongressabgeordnete die weitere Hilfe an Guatemala in Frage stellen. Ein Möglicher Wahlsieg Portillos hätte Besorgnis ausgelöst in den Vereinigten Staaten. Grund dafür ist der Einfluss, welchen der General Rios Montt auf die Regierung Portillos ausüben wird. Diese Angst ist nicht unbegründet: Ehemalige Mitglieder der Zivilpatrouillen drohten damit, im Falle eines Wahlsieges Portillos, sämtliche Personen umzubringen, welche während dem Krieg begangene Menschenrechtsverletzungen angezeigt hätten. Dies gab die Vertreterin der Vereinigung Familienangehöriger von Verschwundenen (FAMDEGUA), Aura Elena Farfán, bekannt. Diese Drohungen wurden in den Departementen Petén, Alta Verapaz und Quiché laut, welches die Gebiete mit der grössten Militärpräsenz im Lande sind. Nach oben |
Bedroht von einer eventuellen Machtübernahme Portillos fühlt sich auch der zuständige Staatsanwalt im Falle Alfredo Moreno Molina, Rafael Mendizábal. Portillo selber habe ihn am Telefon mit dem Tode bedroht. Falls dieser gewählt würde, sähe er, Mendizabál, sich gezwungen, dass Land umgehend zu verlassen. Rund sechs Wochen vor den Wahlen herrscht in Guatemala eine pessimistische politische Stimmung, welche die FRG bestens auszunutzen weiss. Mit ihren Diskursen über die Bekämpfung der Armut, Sicherheit, Schaffung von Arbeitsplätzen, Erziehung und Durchsetzung der Gesetze trifft die FRG offensichtlich noch am ehesten auf offene Ohren in der Bevölkerung. Dies ergibt eine Meinungsumfrage der Firma Aragón y Asociados. Laut Ergebnissen dieser Umfrage würden 32% der tausend Befragten für die FRG wählen, im Gegensatz zu 20%, welche die PAN wählen würde. Die Umfrage wurde anfang August gemacht, noch bevor der neuste Skandal um den FRG-Kandidaten Alfonso Portillo bekannt wurde, der beschuldigt wird, vor 17 Jahren in Mexiko zwei Personen umgebracht zu haben. Nebst der verbalen Schlammschlachten, die sich vor allem die Präsidentschaftskandidaten der PAN und der FRG liefern, haben sich in letzter Zeit auch handfeste Drohungen und konkrete physische Angriffe gegen einzelne Kandidaten gehäuft. Vor allem Kandidaten der linken Parteien ANN und FDNG wurden Opfer dieser Drohungen. Der ANN- Bürgermeisterkandidat von Coatepeque, Genaro Orozco Flores erhielt telefonische Todesdrohungen. Ein weiteres ANN- Mitglied wurde während einer Wahlveranstaltung vom einem Fincawächter angeschossen und schwer verletzt. Der Kandidat von San Marcos für den Kongress, Werner Orozco, ebenfalls ANN, wurde nach einer Politveranstaltung vom Bürgermeisterkandidaten San Marcos und anderen Mitgliedern der FRG, tätlich angegriffen. Als Orozco Anzeige bei der Polizei machte, wurde er selber verhaftet. Das Haus des Kampagneleiters der Progressiven Freiheitspartei (PLP), Gustavo Gonzáles, wurde von schwerbewaffneten Männern überfallen und Gonzáles mit dem Tode bedroht, falls er seine politische Arbeit weitermache. Auch die Ermordung des URNG- Sekretärs von Melchor de Mencos, Quintero Barredo, gehört in diesen Zusammenhang. Das jüngste Beispiel ist die Ermordung von drei FDNG- Aktivisten. Auf die drei wurden während dem Aufhängen von Wahlpropaganda eine Granate geworfen. Obwohl die FDNG die Mitgliedschaft der drei Männer in ihrer Partei bestätigt hat, behauptet die Polizei, sie seien mit dem Einsammeln von Brennholz beschäftigt gewesen, als sie von der Granate getroffen wurden. |
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