Attentate im Zusammenhang mit Gerardi-Prozess
Fijáte 232 vom 5. April 2001, Artikel 3, Seite 3
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Attentate im Zusammenhang mit Gerardi-Prozess
Guatemala, 30.3. Trotz Polizeischutz ist auf die Richterin Iris Yasmín Barrios, die Beisitzende der Gerichtskammer ist, vor der der Prozess um die Ermordung des Bischofs Gerardi verhandelt wird, ein Attentat verübt worden. Am 21.3. gelang es Unbekannten, zwei Splittergranaten in den Innenhof ihres Hauses zu werfen. Glücklicherweise wurde durch die Explosion niemand verletzt; aber das Attentat ist ein erneuter Versuch, mit dem Fall Gerardi befasste RichterInnen einzuschüchtern. Zwei Tage später wurde auch die Präsidentin des Verfassungsgerichts, Conchita Mazariegos, Opfer eines Attentats. Nachdem Mazariegos schon telefonische Morddrohungen erhalten hatte, schossen Unbekannte mehrmals auf ihr Wohnhaus, richteten dabei aber nur materiellen Schaden an. Miguel Angel Albizures von der Allianz gegen die Straffreiheit sieht die Verantwortlichen für beide Attentate in Leuten, die in den Mord an Gerardi verwickelt sind. Er schloss auch nicht aus, dass Mitglieder der Armee, die in der Vergangenheit Menschenrechtsverletzungen begangen haben, durch solche Aktionen das Land destabilisieren und das Justizwesen schwächen wollen. Währenddessen begann der Prozess mit verschiedenen Sachverständigenaussagen und Gutachten. Zunächst machten die fünf Haupttatverdächtigen Oberst Byron Lima Estrada, der Priester Mario Orantes Nájera, der Leibwächter Obdulio Villanueva, die Hausangestellte Margarita López und Hauptmann Byron Lima Oliva von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Dann beschrieb ein Gutachter die genauen Todesumstände des Bischofs. Durch die Ergebnisse von Laboruntersuchungen der Fingerabdrücke konnte eine Beteiligung von Mitgliedern der "Banda Valle del Sol" ausgeschlossen werden, die vom Oberst Lima mit dem Mord in Verbindung gebracht wurde. Dagegen ergaben die Untersuchungen von Blutspuren im Haus des Bischofs, dass sich Blut des Ermordeten an den Schuhen und im Zimmer des Priesters Orantes fand, was im Widerspruch zu den Behauptungen der Verteidigung des Priesters steht. Ein Schriftexperte analysierte die Handschrift von Byron Lima Oliva und deckte dadurch dessen Zeugenbestechungsversuche auf. Helen Mack und Fernando Penados traten als ZeugInnen auf und bestätigten eindeutig, dass ein Fotograf des EMP (Generalstab des Präsidenten), nämlich Rubén D. Morales am Tatort gewesen war und später Fotos veröffentlicht hatte, was dieser aber weit von sich wies. Diese Debatte führte dazu, dass sich die beteiligten Militärs immer mehr in Widersprüche verwickelten. Nach oben |
Der Koordinator des Menschenrechtsbüros des Erzbischofs (ODHA), Monseñor Mario Enrique Ríos Montt sagte aus, dass die katholische Kirche unter Druck gesetzt wurde, falsche Aussagen zu machen, um damit den beschuldigten Priester Orantes freizukaufen. Der Bruder des damaligen Präsidenten Alvaro Arzú habe ihn aufgefordert, ein Dokument zu unterzeichnen, in dem er die Regierung und Militärs frei von jeder Schuld an der Ermordung Gerardis spreche; sollte er nicht unterzeichnen, werde Orantes im Gefängnis bleiben. Monseñor Montt bekräftigte, dass der Mord an Gerardi politisch motiviert gewesen sei: "Die Präsidenten in Guatemala kommen und gehen, aber die eigentliche Macht bleibt. Der Mord an Gerardi war technisch ausgezeichnet vorbereitet und exakt durchgeführt und ist dadurch deutlich von einem gemeinen Verbrechen zu unterscheiden. Es war ein politischer Mord." |
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