Die Krise der FRG spitzt sich zu
Fijáte 233 vom 18. April 2001, Artikel 3, Seite 4
Original-PDF 233 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 --- Nächstes Fijáte
Die Krise der FRG spitzt sich zu
Guatemala, 10. April. Nachdem der Oberste Gerichtshof (CSJ) am 5. März die Immunität von 24 Parlamentariern der Republikanischen Front Guatemalas (FRG), die in die Fälschung eines Gesetzes über Alkoholsteuern verwickelt sind, aufgehoben hatte, begann ein allgemeines Stühlerücken und Sitzetauschen innerhalb der Partei. Am 15. März traten die beiden Kongressabgeordneten Juan Carlos Gutiérrez und Hugo Rolando Samayoa aus der FRG aus, traten von ihrem Amt im Parlament zurück und wechselten in die neugegründete Nationale Vereinigung der Hoffnung (UNE), deren führendes Mitglied der Ex-Präsidentschaftskandidat der Linken, Alvaro Colom, ist. Samayoa begründete seinen Rücktritt damit, dass er nicht mehr hinter der Parteilinie stehen könne. Ihm fehle ein nationales Projekt. Weiter kritisierte er die Vetternwirtschaft und fehlende Transparenz innerhalb der Partei. Gutiérrez ging noch weiter. Ríos Montt wolle eine theokratische Partei einführen, meinte er. Die Aufhebung der Immunität bedeutet, dass den betreffenden Kongressabgeordneten der Prozess gemacht werden kann. Es bedeutet aber nicht automatisch, dass sie auch von ihren Posten zurücktreten müssen. Das entsprechende Gesetz (Artikel 16 der Kongressgeschäftsordnung) wurde nämlich kurzerhand von der FRG-Mehrheit geändert. Die Opposition erhob sofort Einspruch beim Verfassungsgericht, wo ein Entscheid im Moment hängig ist. Ríos Montt gab sich dem gegenüber gelassen: "Egal, wie das Verfassungsgericht entscheidet, ich werde meinen Posten nicht verlassen", gab er der Öffentlichkeit bekannt. Die FRG beruft sich darauf, dass, wenn das Verfassungsgericht die Änderung des Artikels 16 anerkennt, sie in ihren Posten bleiben könnten. Im gegenteiligen Fall bedeute es aber nicht (und dabei berufen sie sich auf die Verfassung), dass bei Ausserkraftsetzung eines Gesetzes (des geänderten Artikels 16) automatisch das vorher gültige Gesetz wieder in Kraft trete. Über diese Frage wird wohl noch ein langwieriger Rechtsstreit geführt werden, denn das Zentrum zur Verteidigung der Verfassung (CEDECON) und das Institut für Verfassungsrecht beharren darauf, dass im Fall einer Suspendierung eines Gesetzes das vorher gültige wieder in Kraft tritt. Die Taktik der FRG, einer eventuellen Verurteilung ihrer Mitglieder möglichst viele juristische Hürden in den Weg zu stellen und dem Thema damit jeden politischen Inhalt zu entziehen, ist einmal mehr bestens gelungen. Präsident Portillo trug das seine dazu bei, um die Verwirrung noch zu vergrössern: "Nur keine Aufregung. Was wir im Moment erleben, sind die Nebengeräusche eines sich festigenden Rechtsstaates und einer Demokratie. Ich bin sicher, dass das Recht allen Spekulationen zum Trotz, siegen wird", erklärte er bei einem Besuch im Kongress, bei dem es darum ging, Ríos Montt und den anderen angeklagten Kongressmitgliedern den Rücken zu stärken. Der Rücktritt der beiden obengenannten FRG-Kongressabgeordneten zeigt, dass nicht alle innerhalb der FRG mit dem Verhalten ihres Parteipräsidenten einverstanden sind. Immer häufiger ist von anonym bleiben wollenden FRG-Mitgliedern Kritik zu hören. Kritisiert wird zum Beispiel die Macht einer als 'Bruderschaft' oder 'Familie' bezeichneten Ríos Montt-treuen Gruppe, die innerhalb des Kongresses und in den Ministerien den Ton angibt. Diese Bruderschaft erhielt Stärkung durch Aristides Crespo und Rudio Lecsan Mérida, welche die beiden zurückgetretenen Abgeordneten ersetzen. Crespo, ursprünglich ein PAN-Politiker, bei den letzten Wahlen aber als FRG-Abgeordneter für Escuintla in den Kongress gewählt, verlässt seinen aktuellen Posten als Leiter des Friedensfonds (FONAPAZ), um als FRG-Fraktionschef in den Kongress zurückzukehren. Nach oben |
Lecsan Mérida, ehemaliger Direktor der Nationalen Zivilpolizei (PNC), steigt als stellvertretender Sekretär der Partei in den Kongress ein. Zur 'Bruderschaft' gehören auch Haroldo Quej, Nachfolger Crespo's als Leiter von FONAPAZ, Mario Rivera, Francisco Reyes (Vizepräsident) und weitere zwanzig FRG-Mitglieder. Als Kopf der Gruppe fungiert Zury Ríos Sosa, Tochter von Ríos Montt, die ihn im Moment auch als Kongresspräsidentin ersetzt. Die offizielle Version lautete, er leide unter einer Kehlkopfentzündung, doch liegt die Vermutung nahe, dass sich Ríos Montt im Moment etwas aus dem Rampenlicht zurückziehen will, um nicht noch mehr Einsprachen und Anschuldigungen auf sich zu ziehen. Die Opposition im Kongress anerkennt die neue Leitung des Kongresses nicht. Die Unterschriften, die Zury "in Funktion des Präsidenten" tätige, seien nicht rechtsgültig, da Ríos Montt seinen Rücktritt nicht offiziell beantragt habe. Verschiedene OppositionspolitikerInnen erstatteten bei MINUGUA Anzeige, weil sie telefonische Drohungen bekommen haben. Ebenfalls beklagten sie sich darüber, dass ihre Wortmeldungen im Kongress zensuriert würden. Die PAN ihrerseits entschied, nicht mehr an den Sitzungen des Kongresses teilzunehmen, um nicht zu "KomplizInnen eines illegalen Zustandes zu werden". Am 26. März gründeten OppositionspolitikerInnen, VertreterInnen des CACIF und soziale Organisationen die Front gegen die Gesetzesverletzungen und die Verfassungswidrigkeit des Kongresses. |
Original-PDF 233 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 --- Nächstes Fijáte