guatemala.de > Guatemalagruppe Nürnberg e. V. > Fijate
Fijáte
 

'Schattenbericht' zur Situation der Rechte der Frauen

Fijáte 245 vom 3. Okt. 2001, Artikel 1, Seite 1

PDF Original-PDF 245 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 --- Nächstes Fijáte

'Schattenbericht' zur Situation der Rechte der Frauen

Es gab aber auch eine Welle von Ermordungen von Sexarbeiterinnen und Vergewaltigungen und Ermordungen von Mädchen, jungen sowie alten Frauen. In vielen dieser Fälle starben die Frauen, weil sie sich gegen eine Vergewaltigung wehrten. In diesem Zusammenhang spricht die Justiz davon, dass Sexualdelikte 11% aller Verbrechen ausmachen, mit einem Durchschnitt von zwei (angezeigten) Fällen alle drei Tage. Ebenso habe die Kinderprostitution zugenommen. Die Überfälle auf Frauenorganisationen erinnern stark an die Repression der vergangenen Militärregierungen gegen die soziale Bewegung.

Diese Überfälle sind wohl die Reaktion darauf, dass verschiedene Frauen im Aufbau demokratischer Spielräume und der Verteidigung der Menschenrechte eine Schlüsselrolle übernommen haben und darauf, dass die Frauenbewegung eine der aktivsten Bewegungen der letzten Jahre ist und ihre Stimme unüberhörbar erhoben hat.

Unterdessen sind auch Statistiken über Fälle von Gewalt gegen Frauen verfügbar, wobei damit gerechnet wird, dass es eine grosse Dunkelziffer gibt.

Die Abteilung für Verbrechen gegen Frauen der Staatsanwaltschaft nahm allein im letzten Jahr 5029 Anzeigen von innerfamiliärer Gewalt an Frauen und Mädchen entgegen, sowie 949 Vergewaltigungsanzeigen. Bei der Abteilung für Frauenrechte der staatlichen Menschenrechtsstelle gingen im Jahr 1999 5000 Anzeigen ein, wovon 3484 innerfamiliäre Gewalt betrafen. Laut Informationen der Presse sind 60% aller Morde an Frauen das Resultat innerfamiliärer, gewalttätiger Auseinandersetzungen.

Die Berichte der Wahrheitskommissionen, sowohl des VGREMHINF wie auch der VGCEHNF erwähnen, dass die Gewalt gegen Frauen während des bewaffneten Konflikt stark zugenommen hat. Trotzdem gibt es nur einen Fall, das VGMassakerNF von Plan de SánchezNF (VGRabinalNF, 1982), in dem die Regierung vor dem VGInteramerikanischen MenschenrechtsgerichtshofNF neben ihrer Verantwortung für den Völkermord auch die Verantwortung bei der Vergewaltigungen der Frauen anerkannt hat. Doch bis heute hat die Regierung die strafrechtliche Verfolgung der Täter nicht aufgenommen, geschweige denn, den Frauen oder ihren Familienangehörigen Wiedergutmachung angeboten.

Doch auch zu sog. Friedenszeiten verhält sich das Justizsystem nicht anders. Entweder werden keine Haftbefehle ausgestellt, die Täter werden freigesprochen oder sie kaufen sich für eine Summe von umgerechnet rund 13 US-$ frei. Vergewaltigungsversuch und sexuelle Belästigung sind in Guatemala keine Straftaten.

Eine in 15 Gemeinden durchgeführte Studie belegt, dass 68% der angezeigten Fälle, die innerfamiliäre Gewalt betreffen, 16% schwere Verletzungen und 9% Vergewaltigungen sind. Von 256 Frauen, die interviewt wurden, hatten 72% als Klägerinnen mit dem Gericht zu tun und 28% als Angeklagte, meist wegen leichten Vergehen. In den guatemaltekischen Gefängnissen sitzen sieben mal mehr Männer als Frauen. Von diesen Frauen sind 14% seit über zwei Jahren wegen leichten Vergehen in Haft, ohne dass der Prozess gegen sie eingeleitet wurde.

Guatemala war eines der ersten Länder, das die Konvention gegen jede Form von Gewalt gegen Frauen unterzeichnete (Belem do Pará, 1995). Auf dieser Grundlage gelang es der Frauenbewegung, das Gesetz gegen innerfamiliäre Gewalt und die Gründung der Koordination zur Prävention innerfamiliärer Gewalt (VGCONAPREVINF) durchzusetzen. Das Problem ist, dass es für das Gesetz keine juristische Grundlagen gibt und keinen Budgetposten für die CONAPREVI.


PDF Original-PDF 245 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 --- Nächstes Fijáte