Folgen der US-amerikanischen Terrorismusbekämpfung
Fijáte 245 vom 3. Okt. 2001, Artikel 4, Seite 4
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Folgen der US-amerikanischen Terrorismusbekämpfung
Guatemala, 27. Sept. Die Mehrheit der amerikanischen Staaten stellten sich am 21. September hinter den Kampf der USA gegen den Terrorismus und die Suche nach den Attentätern von New York und Washington. Die Aussenminister des ganzen Kontinents, mit Ausnahme Kubas, versammelt im Sitz der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), verurteilten die Anschläge und schlossen sich der Offensive Washingtons gegen den Terrorismus an. Ihr konkretes Angebot: Verstärkte polizeiliche Zusammenarbeit. "Diese abscheulichen Kriminaltaten gefährden unsere kollektive Sicherheit", sagte der Generalsekretär der OEA, César Gaviria. Und weiter: "Unsere Regierungen werden alles daran setzen, um die Auftraggeber, Hintermänner und Ausführenden dieser Tat vor Gericht zu bringen und zu bestrafen. Es darf keine Straffreiheit geben." Gleichzeitig bekräftigten die 23 Unterzeichnerländer des Interamerikanischen Abkommens zur gegenseitigen Unterstützung (TIAR), die amerikanische Version der NATO, ihre Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus. Eine gewisse Zurückhaltung üben einzig Kuba und Venezuela aus. Fidel Castro erklärte am 22. September, Kuba sei bereit, zusammen mit dem Rest der Welt gegen den Terrorismus zu kämpfen, wies jedoch die Kriegstöne Bush's zurück. Der venezolanische Präsident, Hugo Chávez, warnte am selben Tag die USA davor, irgendetwas zu unternehmen, das gegen das internationale Recht verstosse und zu einem dritten Weltkrieg führen könne. Am 19. September trafen sich bereits die Präsidenten der zentralamerikanischen Länder in Honduras, und drückten der USA ihre Solidarität und Unterstützung aus. Die gemeinsame Erklärung mit dem Titel "Vereintes Zentralamerika gegen den Terrorismus" enthält zehn Punkte, in denen die Präsidenten ihre Bereitschaft erklären, die Mechanismen zur Beschleunigung und Verbesserung des Informationsaustauschs über mögliche terroristische Taten, untereinander und mit den Vereinigten Staaten, zu verbessern. Als erster Schritt wurde vereinbart, dass die Polizei jedes Landes die Daten der letzten 15 bis 20 Jahre zusammenstellt über Personen, die etwas mit internationalem Terrorismus zu tun hatten. Damit soll festgestellt werden, ob solche Verbindungen heute noch bestehen. Um an diese Informationen zu kommen, soll die Zusammenarbeit nicht nur der Polizeien, sondern auch der Geheimdienste und der Migrationsbehörden der zentralamerikanischen Länder verstärkt werden. Nach oben |
Für die Bevölkerung der zentralamerikanischen Länder haben diese Massnahmen eine verstärkte soziale Kontrolle bis hin zur Militarisierung zur Folge. In Guatemala wurden bereits über hundert Polizeibeamte für "antiterroristische Operationen" abberufen. Laut dem Sprecher der zivilen Nationalpolizei (PNC) läuft die Aktion unter dem Namen "Motorisierte Kraft". Entsprechend wurden die Mitglieder der Truppe mit Motorrädern ausgerüstet, damit sie sich schneller bewegen und ihre Aufgabe, verdächtige Personen festzunehmen, effektiver erledigen können. Arnoldo Villagrán vom Institut für politische, ökonomische und soziale Studien (IPES) befürchtet, dass der Vorwand der Terrorismusbekämpfung von der Regierung politisch missbraucht wird, um rigoroser gegen politisch unliebsame Personen vorgehen zu können. Da das im Rahmen der Friedensverhandlungen unterzeichnete Abkommen über die Rolle des Militärs in einer demokratischen Gesellschaft noch nicht vollständig umgesetzt und die Militärdoktrin nicht angepasst worden sei, besteht laut Villagrán die Gefahr, dass das Militär erneut zur Bekämpfung des "inneren Feindes" eingesetzt wird. Und als "innerer Feind" hätten in früheren Zeiten Mitglieder der revolutionären und sozialen Bewegungen gegolten. Villagráns Bedenken werden genährt durch die Tatsache, dass das Militärbudget im Jahr 2001 um 3'750'000 US-$ erhöht wurde und auch für nächstes Jahr eine Budgeterhöhung geplant ist. Damit verfüge die Armee über genügend Mittel, um solche Antiterrorismuspläne umzusetzen. Zum Schluss warnte Villagrán die guatemaltekische Regierung davor, durch das Teilnehmen an den zentralamerikanischen Plänen in einen fremden Krieg verwickelt zu werden. Die strukturellen und wirtschaftlichen Probleme, mit denen die zentralamerikanischen Länder konfrontiert sind, werden durch den US-amerikanischen Kampf gegen den Terrorismus noch verstärkt. So halten z. B. die verschärften Grenzkontrollen die MigrantInnen Lateinamerikas nicht davon ab, ihren "amerikanischen Traum" zu träumen. An der Grenze zwischen Guatemala und Mexiko stehen Tausende von MigrantInnen, die "das Risiko von Krieg und Attentaten dem Verhungern vorziehen". |
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