Mehr Sicherheit durch 3.000 ehemalige Militärkräfte?
Fijáte 355 vom 15. März 2006, Artikel 5, Seite 4
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Mehr Sicherheit durch 3.000 ehemalige Militärkräfte?
Guatemala, 10. März. Nachdem in den letzten Monaten die kombinierten Patrouillen zwischen Polizei und Militär trotz Kritik aus der Zivilgesellschaft als Erfolg abgebucht wurden, entschied Präsident Oscar Berger, 3.000 ehemalige Militärangehörige in die Nationale Zivilpolizei (PNC)einzuziehen, um der weiterhin ansteigenden Gewalt und Kriminalität im Land zu begegnen. Nach Angaben von Verteidigungsminister Bermúdez, kostet diese Massnahme für das laufende Jahr 160 Mio. Quetzales (ca. US-$ 21 Mio.), 40 Mio. davon sind für die Ausrüstung veranschlagt, 70 Mio. für das Gehalt und 15 bzw. 18 Mio. für Verköstigung und Verwaltungsaufwand. In Presse und Zivilgesellschaft wurde Bergers Vorschlag heiss diskutiert. Menschenrechtsorganisationen und auch der Menschenrechtsombudsmann (PDH), Sergio Morales, halten nichts von dem Einsatz des Militärs. Die Millioneninvestitionen hätten besser in die Verbesserung der Polizeiarbeit gesteckt werden sollen, sagte Morales. Auch müssten erst einmal die Verstrickungen von Polizeikräften in Morde aufgeklärt und beendet werden, die als Soziale Säuberungen gelten können. Die Myrna Mack-Stiftung hat auf die Gefahr der Remilitarisierung hingewiesen. Der Einsatz der Armee im Inneren schwäche die Rolle der Zivilgesellschaft in einer Demokratie und verknüpfe die Frage der inneren Sicherheit mit der Aufgabe der Streitkräfte. Zudem hemmen die Massnahmen ganz klar die Umsetzung der Friedensabkommen und tragen in keiner Weise zur Förderung des Rechtsstaates bei. Vielmehr müssen sie im Kontext anderer aktuellen Themen analysiert werden, beispielsweise der Kriminalisierung von Aktionen sozialer Bewegungen. Klar ist auch, dass die ehemaligen Militärangehörigen nicht über die für die Aufgaben der Sicherheit der BürgerInnen notwendigen Kenntnisse verfügen, sondern nur in Kampftechniken ausgebildet sind. Genau diese Kritik hat sich die Regierung allerdings ansatzweise zu Herzen genommen, denn die Ex-Militärs erhalten ab dem 1. März eine Fortbildung über Polizeitechniken und Menschenrechtsfragen. Gesichert ist bereits die Unterstützung der Industriekammer, trifft die Unsicherheit im Lande die Wirtschaft doch empfindlich. Nach oben |
Es gibt jedoch auch BefürworterInnen der Massnahmen: mehrere KommentatorInnen versuchen, gegen die KritikerInnen zu argumentieren, allein aus ideologischen Gründen dagegen zu sein und keine eigenen Vorschläge zu haben. Ausserdem könne von einer Militarisierung gar nicht die Rede sein, denn es handele sich bei den 3.000 Personen zwar um ehemalige Militärs, die aber nun eben als Zivilisten ihren Dienst bei der Nationalen Zivilpolizei leisteten. Dass die Zivilgesellschaft durchaus nicht nur zahlreiche Vorschläge, Forderungen, u.a. zur Reformierung und Verabschiedung Verbrechensrelevanter Gesetze durch den Kongress, und Analysen der Situation vorgelegt hat, sondern sich selbst als einziger Motor beispielsweise für Integrationsmassnahmen für Ausstiegswillige Jugendbandenmitglieder stark macht, wird dabei beflissentlich übersehen. Für den ehemaligen Polizeioffizier Juan Francisco Méndez, zeigen die improvisierten Sicherheitsmassnahmen nur, dass die Regierung keinen strategischen Plan hinsichtlich der inneren Sicherheit habe. Erfolgreiche Massnahmen seien stattdessen Initiativen zur Verbrechensprävention und die Kontrolle des Waffenhandels. Laut Militärsprecher Jorge Ortega wurden in Guatemala seit 1991 290.000 Feuerwaffen registriert. Das Sekretariat für wirtschaftliche Integration Zentralamerikas (SIECA) erklärte, dass die GuatemaltekInnen im Jahre 2004 privat US-$ 4,5 Mio. für Waffen und Munition ausgegeben haben. |
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