"Optimismus Leute! Der nächste Regen kommt bestimmt!"
Fijáte 361 vom 6. Juni 2006, Artikel 9, Seite 6
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"Optimismus Leute! Der nächste Regen kommt bestimmt!"
Guatemala, 03. Juni. Ein Zusammenschnitt von Aussagen, die in den letzten zwei Wochen zu hören waren und sich alle auf die aktuelle "nicht abgeschlossene Post-Stan-/ bereits begonnene Regenzeit" beziehen, beeindrucken angesichts der eigentlich zu erwartenden "gelernten Lektionen" im Zusammenhang mit den Vorhersagen. Die Nationale Koordinationsstelle zur Katastrophenverminderung (CONRED) verkündete bereits, dass weder Gelder noch Maschinerie zur Verfügung stünden, um die ersten Anträge auf Eindämmung einiger ansteigender Flüsse ausführen zu können. Auch Infrastrukturminister Eduardo Castillo legt die Karten offen: "Wir sind wirtschaftlich nicht vorbereitet, irgendeinem Notfall in diesem Jahr zu begegnen." Bereits nach den ersten Regengüssen, die in kurzer Zeit die Panamericana Richtung Westen und zahlreiche Strassen in den Departements Quetzaltenango, Escuintla, Baja und Alta Verapaz unbefahrbar machten, rief CONRED gleich im ganzen Land die gelbe Alarmstufe, in einigen Regionen gar die orangene aus. Für tausende von Familien stellt diese Entscheidung jedoch bloss einen weiteren Affront von Seiten der Regierung dar, leben sie schliesslich immer noch unter Bedingungen, die der roten, also der höchsten Alarmstufe gleichkommt. Von den Stan-Wiederaufbaumassnahmen sind bislang - acht Monate nach der Katastrophe - 30% realisiert. Und selbst ein Teil davon ist schon wieder kaputt und hat dem ersten Regen nicht standgehalten. (¡Fijáte! 360) Diagnostiziert wurden neben den "noch-betroffenen" Regionen 120 Punkte im ganzen Land, die "empfänglich" für Erdrutsche, Einsturz und Lawinen sind, 28 Brücken, die unter Beobachtung stehen, 17 wichtige Verkehrsadern in der Hauptstadt, die Gefahr laufen überschwemmt zu werden und 88 Ansiedlungen im Stadtgebiet, die gefährdet sind. Auf dem Land ist die Rede von mindestens 390`000 BewohnerInnen von 115 Gemeinden, zu denen rund 65`000 Wohnhäuser gehören - der Gefahr schutzlos ausgesetzt. Von MeteorologInnen wurde unterdessen angekündigt, dass in diesem Jahr rund 17 tropische Stürme zu erwarten sind - dem Durchschnitt der letzten Jahre entsprechend - von denen sich zwischen 3 und 5 in Hurrikane wie Stan verwandeln können. Verstärkenden Einfluss darauf kann das klimatische Phänomen Niña üben. "Das Land ist sehr verletzlich. Das Risiko ist gestiegen, vor allem in der Küstenebene und im Hochland, wo bereits jetzt mehr als normal viel Regen fällt", so der Direktor des meteorologischen Instituts INSIVUMEH. "Die Böden fangen jetzt bereits an sich mit Feuchtigkeit zu sättigen und die Wahrscheinlichkeit von Erdrutschen ist sehr hoch. Doch die eigentlich kritische Phase wird Ende August sein, wenn die Zyklone dominieren." Nach oben |
Als vermeintliche Präventionsmassnahme kündigte Präsident Oscar Berger an, kurzerhand diverse Hänge und Berge in die Luft zu sprengen bzw. platt zu walzen. Ausführende dieser Aufgabe sollen das Infrastrukturministerium, dass Präsidiale Exekutivkoordinationssekretariat und das Ingenieurskorps der Armee sein. Auch in seinen Aussagen ist der Präsident nicht zimperlich, ist er doch der Ansicht, dass die von Stan Betroffenen "PessimistInnen" seien. Bei einem Besuch in San Marcos und Sololá, denen der Hurrikan am stärksten zugesetzt hatte, musste sich Berger zahlreiche Kritik anhören, auf die seine Antwort kläglich wirkte. Er gestand Verzögerungen im Wiederaufbau ein, doch diese sei durch "die Transparenz bedingt, mit der die Arbeiten ausgeführt" würden. Und nichtsdestotrotz herrsche innerhalb der Regierung Optimismus. Gemäss Berichten der Nachrichtenagentur Cerigua habe Berger die Bürgermeister mit Rufen unterbrochen, die die tatsächliche Situation in der Region schilderten und darauf hinwiesen, dass an manchen Orten noch nicht einmal eine Schadensbestandsaufnahme durchgeführt worden ist. In Panabaj, der Gemeinde in Sololá, die komplett unter Schlamm begraben wurde, hat CONRED bereits mindestens 600 Personen evakuiert, haben sich doch Risikovorhersagen für den Ort bestätigt sind nämlich bereits Wassermassen von den Bergen heruntergekommen und haben die Zufahrtswege gesperrt. Auch verwundert nach den kritischen Aussagen der BewohnerInnen wenig, dass im nahe gelegenen Dorf Tzanchaj die temporären Einfamilienherbergen durch den Regen schon beschädigt sind. |
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