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Von San Marcos nach Kolumbien: Die regionale Integration von Gold und Gewehrkugeln

Fijáte 358 vom 26. April 2006, Artikel 1, Seite 1

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Von San Marcos nach Kolumbien: Die regionale Integration von Gold und Gewehrkugeln

Plan Maya Jaguar: Besprühung, VGWaffenNF, Zyanid?

Sowohl die Razzien in Tajumulco wie auch die Gift-Besprühungen, die in verschiedenen Gemeinden des Departements San Marcos durchgeführt werden sollen, sind Teil des Plan Maya Jaguar, einer gemeinsamen Militäraktion guatemaltekischer und US-amerikanischer Truppen mit dem vermeintlichen Ziel, den Drogentransport durch und den -handel in Guatemala zu unterbinden.

Der im Jahr 1998 gestartete Plan Maya Jaguar wurde mehrmals verlängert und um das humanitäre Programm Nuevos Horizontes erweitert. Nuevos Horizontes wurde in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern durchgeführt und gilt als Vorwand, um die Bevölkerung an die Präsenz ausländischer Truppen zu gewöhnen. Am 6. Dezember 2005 nahm der guatemaltekische Kongress ein Dekret an, mit dem der Plan Maya Jaguar bis ins Jahr 2008 verlängert wird. Und obwohl der Plan Maya Jaguar eigentlich im ganzen Land operieren sollte, konzentriert er sich in letzter Zeit auf das Hochland von San Marcos. In ihrer Presseerklärung fragt die Nationale Front zur Verteidigung der öffentlichen Dienste und der Naturressourcen: "Weshalb ist das Militär ausgerechnet in San Marcos stationiert, wo die Bevölkerung einer Gemeinde in voller Ausübung ihrer demokratischen Rechte und Würde, im Rahmen einer Volksbefragung mit eindrücklicher Beteiligung die Minentätigkeit abgelehnt hat. Was folgt als nächstes? Die Zerstörung der Opiumlabore in VGRío HondoNF?" (Wo vor einem Jahr die Bevölkerung, ebenfalls in einer Volksabstimmung, den Bau eines VGWasserkraftwerksNF abgelehnt hat, die Red.)

Wie es im Vorwort des von Inforpress herausgegebenen Buchs von Luis Solana (Guatemala, VGErdölNF und Minen in den Fängen der Macht) heisst, war "die Förderindustrie auf der ganzen Welt schon immer ein Objekt militärischer VGGeheimdiensttätigkeitNF gewesen, da die beiden Rohstoffe Gold und Öl Kernstücke des Reproduktionsmodells des internationalen Kapitalismus sind." Ausserdem sei das durch die Investition in diese Industrien gewonnene Geld wiederum in die Finanzierungen von Staatsterror geflossen, heisst es in dem Buch.

Die Regionalisierung des Plan Colombia

Die Militarisierung von Minendistrikten ist ein Phänomen, das nicht nur in San Marcos anzutreffen ist. Im Gegenteil, dort wiederholt sich zur Zeit ein Muster, das bereits aus VGIzabálNF bekannt ist, wo in den 60er bis 80er-Jahren das Unternehmen International VGNickelNF Company zusammen mit den damaligen guatemaltekischen Militärdiktaturen um jeden Preis das Minengeschäft vorantreiben wollte.

Auch wenn die Militarisierung auf der ganzen Welt eine Begleiterscheinung des Minenbaus ist, lohnt es sich, das Beispiel Kolumbien etwas genauer anzuschauen und Parallelen zum Anti-Drogen-Kampf zu ziehen. Ebenfalls muss darauf hingewiesen werden, dass es in den letzten Jahren Annäherungen zwischen Kolumbien und den mittelamerikanischen Ländern gegeben hat, speziell seit Kolumbien zum Beobachterland des VGPlan Puebla PanamáNF ernannt wurde. Ausserdem gibt es verschiedene gemeinsame Militäroperationen von Kolumbien, den USA und mittelamerikanischen Ländern, speziell im Bereich "Sicherheit" und natürlich im Anti-VGDrogenkampfNF und der Terrorismusbekämpfung. Während des Staatsbesuchs von Präsident Uríbe in Guatemala im Januar dieses Jahres, unterzeichneten die beiden Regierungen einen Sicherheitsvertrag und vereinbarten die Schaffung einer binationalen Kommission für die Koordination des weltweiten Anti-Drogenkampfes.

Gemäss einer Meldung der Nachrichtenagentur VGCERIGUANF erklärte Uríbe während seines Besuchs, dass, falls Guatemala eine Integration in den Plan Colombia beantragen und um US-amerikanische Unterstützung im Kampf gegen Drogenhandel und andere Sicherheitsprobleme ersuchen würde, die guatemaltekischen Behörden voll und ganz mit der kolumbianischen Unterstützung rechnen könnten

"Man gibt vor, dass der Plan Colombia den Drogenhandel unterbinden will, in Wirklichkeit werden militärische und paramilitärische Truppen stationiert, um die Infrastrukturen der nordamerikanischen oder europäischen Minen- oder Ölförderungsunternehmen zu schützen". erklärt Francisco Ramírez von der VGGewerkschaftNF der staatlichen Minenarbeiter Kolumbiens. In seinem Buch "Das grosse Geschäft der Minen in Kolumbien" beschreibt Ramírez einige der brutalen VGMenschenrechtsverletzungenNF, die in den Minendistrikten zwischen 1995 und 2002 begangen wurden: jährlich im Durchschnitt 828 Ermordungen, 125 Verschwundene, 117 Verletzte, 71 Gefolterte, 355 Todesdrohungen und 150 illegale Verhaftungen. Ausserdem 433 VGMassakerNF.

Ein Krieg mit vielen Gesichtern

Diese Zahlen aus Kolumbien erinnern mehr an das Guatemala der 80er-Jahre als an das heutige. Was man aber nicht unterschätzen darf, sind die psychologischen und sozialen Auswirkungen der Militarisierung, ebenso wenig wie die Auswirkungen dieser Art von Kriegsführung niedriger Intensität auf die sozialen Gefüge.

In den letzten Wochen hat eine Nachricht für ziemliches Aufsehen gesorgt, die in Inforpress erschienen ist: Am 16. Januar wurden vom guatemaltekischen Energieministerium zwei Sondierungslizenzen an die Gold-Ore-Resources vergeben, ein kanadisches Unternehmen, das seit Jahren in Zentralamerika tätig ist. Zusammen mit zwei anderen, ebenfalls kanadischen Unternehmen (Pathfinder Resources Ltd. und Santoy Resources Ltd.) sucht die Gold-Ore-Resources in Zentralamerika seit mindestens einem Jahr nach Uranvorkommen. Bislang wusste man nicht genau wo, doch seit dem 16. Februar 2006 weiss man dank einer Presserklärung des Konsortiums, dass es unter anderem die guatemaltekische Gemeinde VGEsquipulasNF, VGChiquimulaNF, betrifft. Gegenüber Inforpress sagte der Energie-Vizeminister, Jorge García, man habe bei der Lizenzvergabe nicht gewusst, dass nach Uran gesucht werde sollte, doch seit er die Kopien der Lizenzverträge gesehen habe, sei er sehr beunruhigt.

García ist nicht der einzige, der Anlass zur Beunruhigung hat. Offenbar sind diese Unternehmen nicht nur in Besitz einer Lizenz für Esquipulas, sondern haben auch Lizenzen für Sondierbohrungen in zehn anderen Departements, unter anderem in San Marcos.

Die teuflische Dreieinigkeit: VGTLCNF, PPP und Plan Maya Jaguar

Auch wenn es stimmt, dass die Militarisierung und der Minenabbau Hand in Hand gehen, darf man andere regionale Initiativen wie z.B. die Freihandelsabkommen (TLC) oder den Plan Puebla Panamá (PPP) in diesem Setting nicht ausser Acht lassen. Ausgehend vom Beispiel der Minen kann man dieselben Kontrollstrategien auch bei den anderen regionalen Integrationsprojekten wiedererkennen. "Der Plan Maya Jaguar, der Plan Puebla Panamá und die Freihandelsabkommen bilden eine teuflische Dreieinigkeit", heisst es in der Erklärung der Nationalen Front zur Verteidigung der öffentlichen Dienste und der Naturressourcen. "Die drei zusammen sind eine bösartige und intrigante Mischung: Der TLC, was die Wirtschaft betrifft, der PPP im Bereich der Infrastruktur und der Plan Maya Jaguar im Militärischen."

Der TLC steht nicht bloss für wirtschaftliche Interessen, sondern repräsentiert auch den internationalen Konsens neokolonialer Mächte, welche nationale und internationale Politiken und Gesetzgebungen zugunsten der transnationalen Unternehmen beeinflussen. Fast überall auf der Welt haben die kanadische und die US-amerikanische Regierung, die multilateralen Institutionen wie die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds, zusammen mit den transnationalen Unternehmen selber, die Richtlinien für die Gesetzgebung in Sachen Minenpolitik vorgegeben.

Die Freihandelsabkommen zementieren die VGStraflosigkeitNF und drohen mittels speziellen Kapiteln über die "Rechte" der Investoren, mit gravierenden Konsequenzen für Staaten, die versuchen, die Interessen der Investoren zu durchkreuzen.

Mit dem Plan Puebla Panamá wird die für die transnationalen Unternehmen notwendige Infrastruktur geschaffen. Die Minen z.B. brauchen riesige Mengen an Wasser und Energie, sowie gute Strassen, die auf direktem Weg zu guten Häfen führen. All dies sind Kernpunkte des PPP, der in der Finanzierung von Infrastrukturbauten besteht, ganz der Logik des Marktes, der Interessen der transnationalen Unternehmen und der internationalen Geldinstitute entsprechend. Schlussendlich geht es bei dieser "Finanzierung" um Darlehen, welche die kommenden Generationen Mittelamerikas bezahlen müssen.

Die sie begünstigenden Gesetze und Infrastruktur nützen diesen Unternehmen aber nichts, solange sie die Bevölkerung gegen sich haben. Deshalb beschreibt Francisco Ramírez für den Fall Kolumbien den Plan Colombia als die dritte Phase, als militärische Antwort auf jeglichen Widerstand gegen die Minentätigkeit.

Für den Fall des Hochlands von San Marcos kann man davon ausgehen, dass der Plan Maya Jaguar genau dieses Ziel verfolgt.


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