Indigene Völker: aus dem Widerstand an die Macht
Fijáte 382 vom 4. April 2007, Artikel 4, Seite 5
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Indigene Völker: aus dem Widerstand an die Macht
Guatemala, 31. März. "Der indigene Gipfel ist kein "ExpertInnentreffen", sondern eine Veranstaltung von ProtagonistInnen", stellte Ileana Alamilla in ihrer Kolumne in der Tageszeitung Prensa Libre klar und erklärte, dass es dieses Mal nicht, wie so oft, ExpertInnen, AkademikerInnen und Nicht-Regierungsorganisationen (NRO) seien, die über die "anderen" diskutierten, sondern die TeilnehmerInnen selbst, die die Themen und die Tagesordnung nach ihrem eigenen Interesse bestimmen. Und so verwundert die Tatsache auch wenig, dass der III Kontinentale Gipfel der indigenen Völker und Nationalitäten von Abya Yala (= Lateinamerika), der vom 26.-30. März in Tecpán, Chimaltenango, veranstaltet wurde, allein aus den Teilnahmebeiträgen finanziert und von keiner Institution oder NRO gesponsert wurde. Gleichzeitig waren Nicht-Indigene herzlich eingeladen. Auch der Veranstaltungsort setzte Zeichen. Nach dem Besuch von Präsident Bush gereinigt (¡Fijáte! 381) trafen sich in diesen Tagen mehr als 2000 Personen, indigene Delegationen aus rund 25 Ländern des amerikanischen Kontinents in Iximché, der heiligen Stätte der Maya. Iximché ist die ehemalige Hauptstadt der Maya-Kakchiqueles, die mit am längsten Widerstand gegen die erobernden Spanier geleistet hatten. Erst im Juli 1524, als er die ehemaligen BewohnerInnen unterworfen hatte, gründete der Eroberer Pedro de Alvarado hier die Stadt Villa de Santiago de los Caballeros. Heute gilt das Departement Chimaltenango als eines der repräsentativsten in Bezug auf die wirtschaftlichen Aktivitäten der indigenen Gemeinden im westlichen Hochland, wo die Mehrheit der indigenen Bevölkerung Guatemalas lebt. Nach dem ersten Gipfel 2000 in Mexiko und dem zweiten 2004 in Ecuador, zeichnet heuer bereits eine kontinentale Konsolidierung des gemeinsamen Kampfes um die Achtung und Ausübung der indigenen Rechte ab, auch wenn die Divergenzen und Zwiste innerhalb der Bewegung vor allem auf nationaler Ebene vielfach nicht ganz aus dem Weg geräumt sind. Anliegen des hiesigen III Gipfels war das Sichtbarmachen der sozialen Forderungen mit der Absicht, zur Neugründung der Staaten beizutragen, damit die indigenen Gemeinden einen Zugang zur realen Teilnahme an denselben haben. Der Slogan lautete entsprechend: "Indigene Völker und Nationalitäten auf dem Weg zur Machtübernahme, auf der Suche nach einer gerechten und unseren Territorien". So erwähnt die Anthropologin und Maya-K´iche´, Irma Alicia Velásquez Nimatuj den bereits erzielten Erfolg, dass viele soziale Kämpfe der Indígenas sich bereits in Instrumente gewandelt haben, die von den Vereinten Nationen übernommen und von einigen Staaten ratifiziert wurden, darunter die Konventionen, die Berichte der Sondergesandten und die Durchführung von Studien, die die komplexe Realität der ursprünglichen Völker des Kontinents widerspiegeln. Der Rundtisch zum Thema natürliche Ressourcen beschloss unterdessen, diesen Reichtum umzunennen in "Naturgut", gründe sich der vorherige Begriff doch auf die Politik der transnationalen Unternehmen und des Imperiums". Nach oben |
Als weitere Initiative ist ein Resultat des Kongresses eine diplomatische Mission einzurichten, die die indigenen Völker vor nationalen wie internationalen Organismen vertreten soll, um die Rechte und alten Erben zu sichern. Zu den getroffenen Vereinbarungen auf dem Gipfel gehört die Verteidigung der Ahnenrechte auf die Territorien und die Gemeingüter der Mutter Natur, was die klare Ablehnung von Freihandelsverträgen sowie die Verurteilung des Mauerbaus zwischen Mexiko und den USA einschliesst. Die GipfelteilnehmerInnen fordern die Absage an die Politik der Konzessionsförderung für Minen, Erdöl, Holz/Wald, Gas und Wasser. Sowohl in den allgemeinen Diskussionen wie in der Frauenarbeitsgruppe kam man zu dem Schluss, dass noch eine Menge getan werden muss zur Beseitigung des Machismus und der Diskriminierung von Frauen, dass sich Räume für die Frauen öffnen müssen in der Politik und auch in Entscheidungsprozessen und der Justizverwaltung. Auch die teilnehmenden Jugendlichen forderten den Staat zur stärkeren Mitbeteiligung auf. Gemeinsam appellierten Frauen und Jugend für ein Bildungsmodell, das an die soziokulturelle und linguistische Realität der indigenen Gemeinden angepasst ist und ihr entspricht. Der Anthropologe Kajkoj Ba Tiul, Maya Poqomchí gesteht in seinem Artikel in Incidencia Democrática ein, dass ein neuer Abya-Yala-Kontinent dringend notwendig sei, gleichzeitig bedürfe es jedoch auch einer Revision der organisativen Strukturen der indigenen Bewegung. "Es wäre sehr vorteilhaft, wenn eine der Konsequenzen der Beginn einer "des-oenegenización" der Organisationen sei" (also die Umwandlung der Geld empfangenden Nichtregierungsorganisationen, deren Status inzwischen viele Basisgruppen übernommen haben, die Red.) "und mit der Konstruktion eines politisch-historisch- sozialen und kollektiven Subjekts anzufangen, das aus den Gemeinden und Völkern hervorkommt, um den Gemeinden "die Macht, um die Macht zu übernehmen" wiederzugeben. Dies könnte tatsächlich ein erster Schritt in Richtung "Machtwiderstand" sein". In seiner Grussbotschaft ruft auch Evo Morales auf: "Wir leben in Einklang und Harmonie mit der Natur und dem Kosmos; heute erheben wir uns aus dem Widerstand in die Offensive, um die wirtschaftliche, soziale, kulturelle, politische, juristische und ideologische Souveränität zurück zu gewinnen und die Beziehung zwischen Geschwistern und zwischen Völkern aufrechtzuerhalten." |
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