Auf der Suche nach Sicherheit, Teil 2
Fijáte 383 vom 18. April 2007, Artikel 1, Seite 1
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Auf der Suche nach Sicherheit, Teil 2
Wir veröffentlichen im Folgenden den zweiten Teil einer differenzierten Analyse der Sicherheitsfrage in Guatemala, die Carmen Im ersten Teil, veröffentlicht im letzten ¡Fijáte!, untersuchte León-Escribano die historische Entwicklung und Rolle der Sicherheitsinstitutionen sowie die normativen Rahmenbedingungen, die es unmöglich machen, dass das staatliche System der Wahrung innerer Sicherheit funktioniert. Die HauptproblemeTrotz dieses normativen Rahmens waren die jeweiligen Regierungen nicht in der Lage, eine öffentliche Sicherheitspolitik zu entwickeln. Ohne eine mittel- und langfristige Perspektive haben die entsprechenden Aktionen einen konjunkturellen Charakter und es fehlt ihnen eine Vision, die über die jeweilige Regierungszeit hinausgeht. Gegenüber dem wachsenden Bedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit verfallen die Behörden in Aktionen mit repressivem Charakter, die keinerlei Veränderungspotential in sich haben. Mit dem Inkrafttreten der Bei der Klassifizierung von Delikten gibt es drei Problemfelder, die im Konzept der zivilen Sicherheit zusammenkommen. Das erste ist die Existenz von Die zweite Dimension finden wir im Und die dritte ist die allgemeine Delinquenz, die teilweise durch lose und konjunkturelle Verbindungen mit den ersten beiden in Verbindung steht. Das beste Beispiel für diese dritte Dimension sind die Um in seinen Antworten auf die Bedürfnisse der Bevölkerung nach Sicherheit effizienter zu sein, muss der Staat diesen drei Dimensionen integral und koordiniert begegnen. Als Kernprobleme der zivilen Sicherheit können folgende Punkte genannt werden: 1. Fehlen eines zivilen Da beide Institutionen nicht oder nur beschränkt funktionieren, ist der Präventionseffekt gleich null. Polizeiinterventionen beschränken sich deshalb auf reaktionäre Aktionen, auf Präsenz der Patrouillen an Orten des Verbrechens; aber es fehlt an koordinierten Aktionen, um der wachsenden Kriminalität etwas entgegenzusetzen. Es wird mehr auf die Anzahl der PolizistInnen und ihre Ausrüstung gesetzt, denn auf ihre Ausbildung und Spezialisierung. In der Vergangenheit war man auf die Informationen des militärischen Geheimdienstes angewiesen. Heute - und das ist noch viel schlimmer - gibt es Hinweise darauf, dass das Innenministerium seine Information aus privaten Kreisen bezieht. So wurden im Jahr 2004 vom Innenministerium für mehr als 18,000.000.00 (?) Quetzales Geheimdienstinformationen "gekauft". 2. Mangelhafte kriminalistische Untersuchungen: Es existiert eine gravierende Lücke in der Koordination von Ermittlungen zwischen der Staatsanwaltschaft und der Polizei. In Guatemala werden nur 5% der "Delikte gegen Leib und Leben" aufgeklärt. Dies u. a. deshalb, weil es keine klare Aufgabenteilung gibt zwischen den beiden Institutionen, was zu Beweisverlusten und Spurenverwischungen am Tatort führt. In beiden Institutionen fehlt es an spezialisiertem Personal. In diesem Zusammenhang ist es dringend notwendig, das Nationale Institut für forensische Wissenschaften ( 3. Langsame Beschlussfassung der Gerichte: Zu den mangelhaften Untersuchungen kommt das langsame Vorgehen der Gerichte. Beides zusammen führt zu einem Vertrauensverlust in die Justiz und fördert die Straflosigkeit. Die Mehrheit der Gerichtsbeschlüsse wird aufgrund von (oft falschen) ZeugInnenaussagen und nicht aufgrund von handfestem Beweismaterial getroffen, was nicht zur Glaubwürdigkeit der Justiz beiträgt. Die Langsamkeit bei der Urteilsverkündung wirkt sich negativ auf die Situation in den Gefängnissen aus, wo die Mehrheit der Gefangenen (fast 60%) ohne Urteil sitzt. 4. Kollabierendes Gefängnissystem: Bis vor kurzem war Guatemala das einzige Land des Kontinents, das kein Gesetz über das Gefängniswesen hatte. Die Probleme in den Gefängnissen sind vielfältig. So gibt es z.B. keine Instanz, die für die Ausbildung und Qualifizierung des Gefängnispersonals zuständig ist. Gefängnisse werden als Ort der Strafe und nicht als Ort der Rehabilitation verstanden. Es mangelt an Geldern, die Infrastruktur und entsprechend die hygienischen Bedingungen sind katastrophal, die Sicherheitsvorkehrungen mangelhaft und es gibt keine nach Verbrechen aufgeteilte Gefangenen-Kategorien. Ebenso wenig wird unterschieden nach Untersuchungs- und verurteilten Gefangenen. 5. Mangelnder Opferschutz: Die Aufgabe des Staates ist nicht nur die Vorbeugung oder Bekämpfung von Verbrechen, sondern auch der Schutz von und die Wiedergutmachung an den Opfern. Der vorher beschriebenen Logik zufolge wird die Figur des Opfers verwischt durch ein Konzept, in dem jede Person grundsätzlich verdächtigt wird. Ein neues Modell, das mit und für die BürgerInnen steht, muss Aktivitäten entwickeln, die nicht nur den Schutz der Person ins Zentrum setzen sondern auch Mechanismen kennen, um die Opfer zu entschädigen. Nach oben |
Auf der Suche nach LösungenReorganisierung und Stärkung der Institutionalität von Sicherheit und Verteidigung Nach einer Analyse der Sicherheits-Situation drängt es sich auf, für eine Stärkung der - zivilen - Institutionen zu plädieren, die den neuen Herausforderungen einer demokratischen Sicherheit gewachsen sind. Dazu braucht es nicht bloss eine übergeordnete Instanz, deren Aufgabe die Erarbeitung einer Nationalen Sicherheitsagenda und -politik ist, sondern es braucht auch die entsprechenden Mechanismen, Abläufe und klaren Richtlinien für ein gemeinsames Handeln, um diese Politik umzusetzen und koordinierte/gemeinsame Aktionspläne zu entwickeln. In diesem Sinne schlug die Ebenfalls wird die Transformation des aktuellen Innenministeriums in ein Sicherheitsministerium vorgeschlagen, dem die präventiven, abschreckenden und reaktiven Polizeikorps unterstehen, ebenso wie die verschiedenen Abteilungen der Im Falle der In der heutigen Situation und angesichts der weit verzweigten Netze des organisierten Verbrechens innerhalb der Polizei, müssen die oben beschriebenen Prozesse von internationalen SpezialistInnen begleitet werden, um die notwendige Objektivität und Effizienz sowie den entsprechenden Rückhalt zu garantieren. Es darf nicht vergessen werden, dass kürzlich verschiedene Personen, die mit der Untersuchung polizeiinterner Klagen beauftragt waren, umgebracht wurden. Im nationalen Kontext ist die Einsetzung der Definierung und Umsetzung einer präventiven Sicherheit Prävention ist eine Hauptkomponente von Sicherheit. Die Prävention von Delikten ist aber nicht nur eine Aufgabe der Polizei. Es gibt andere sogenannte Risiko-Faktoren im Zusammenhang mit Delikten, deren Prävention in der Verantwortung anderer staatlicher Institutionen liegt, wie z. B. der freie Zugang zu Alkohol und zu Als normativer Rahmen für präventive Sicherheit dient das Modell der demokratischen Sicherheit, das auf zwei Hauptaktivitäten beruht, die fundamental sind für ihre Umsetzung: Die Prävention und die Partizipation der Gesellschaft. Die Prävention wird zu einem Schwerpunkt, auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Dazu braucht es das Zusammentragen, die Analyse und die Systematisierung von Informationen, um entsprechende Strategien auszuarbeiten. Je mehr vorgebeugt werden kann, desto kleiner wird die Verletzbarkeit. Anderseits ist die integrierte und gleichberechtigte Beteiligung der Bevölkerung in den verschiedenen Bereichen der Sicherheit ein wichtiger Bestandteil jeglicher Massnahmen, sollen diese erfolgreich sein. Deshalb ist es dringend notwendig, eine präventive Sicherheitspolitik zu entwickeln, um neue Formen des Zusammenlebens zu etablieren, das auf positiven Werten basiert und mehr Freiheit und Sicherheit zur Folge hat. In diesem Zusammenhang ist die Rolle der lokalen Behörden und der Kommunalen Entwicklungsräte zentral und wichtig für die Koordination und Umsetzung einer präventiven Sicherheitspolitik. Schlussbemerkung Die jüngsten Ereignisse haben dazu geführt, dass die politischen Parteien, die Zivilgesellschaft und die Regierung ihre Kräfte zusammengeschlossen haben. Es gibt eine tiefe und geteilte Überzeugung, dass wir an einem Tiefstpunkt angelangt sind und dass die Antwort auf die aktuellen Probleme nicht von einem Sektor allein gegeben werden kann. Es ist der Moment gekommen, wo die Veränderungen angepackt werden müssen und es braucht die politische Reife, diese Veränderungen als einen Prozess zu verstehen. Die Schwäche und Verletzbarkeit unserer Systeme zu politisieren reicht nicht mehr. Der Feind, der sich in Form von Präsident Der Erzbischof, der |
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