Femizid - Berichte, Zahlen, keine Verbesserungen
Fijáte 384 vom 02. Mai 2007, Artikel 5, Seite 5
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Femizid - Berichte, Zahlen, keine Verbesserungen
Guatemala, 25. April. Gerade noch wurde der Bericht öffentlich vorgestellt, der Ergebnis des Guatemala-Besuches von Yakin Ertürk ist, der UN-Sondergesandten für Gewalt gegen Frauen, im Februar 2004. (siehe ¡Fijáte! 304) Dabei rügte der Repräsentant des Büros der UNO-Menschenrechtshochkommission (OACNUDH), Anders Kompass, die Regierung, ob ihrer Indifferenz gegenüber den Empfehlungen von Ertürk. Diese hatte unter anderem nahegelegt, den Etat der Nationalen Koordinationsstelle zur Prävention von Häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen (CONAPREVI) zu erhöhen, die objektive Ermittlung von Anzeigen über häusliche Gewalt zu stärken und den Schutz der Opfer zu verbessern. Zudem seien die herrschende Diskriminierung, der Ausschluss und die Armut, in der der Grossteil der weiblichen Bevölkerung lebt und von denen besonders die indigenen Frauen betroffen sind, durch Anstrengungen des Staates auszumerzen. Allein die Öffnung weniger Frauenhäuser und die Gender-Sensibilisierung einiger FunktionärInnen seien Vorschläge, die die Regierung in die Tat umgesetzt habe. Dann kündigte das Aussenministerium an, mit gutem Beispiel voranzugehen und nun all seine Pläne und Projekte geschlechterdifferenziert anzugehen. Damit will es den Aggressionen und Rechtsverletzungen vorbeugen, denen die Frauen ausgesetzt sind, die sich in die Migration begeben, um ihr und das Überleben ihrer Familie zu sichern. Während die Sicherheitskräfte im meist gewählten Zielland USA repressiv gegen die Einreisenden ohne Papiere vorgehen und deren Rechte kontinuierlich missachten, zeigen sich laut Vize-Aussenministerin Marta Altolaguirre die zuständigen US-FunktionärInnen in diesem Fall durchaus kooperativ und liefern Informationen über Menschenschmuggelnetze, die die Guatemaltekinnen sexuell ausbeuten. Die mexikanische Regierung sei hingegen weniger hilfsbereit. Gemeinsam mit dem Menschenrechtsprokurat (PDH) und der Präsidialen Menschenrechtskommission (COPREDEH) versucht das Aussenministerium auch in Guatemala, MenschenhändlerInnen zu identifizieren und zu vermeiden, dass die Frauen mit falschen Versprechungen in andere Länder verschleppt werden. Und jetzt wurden wieder aktuelle Zahlen bekannt und erschrecken: Laut einer Studie der Frauenkommission des Kongresses ist der Femizid - der Mord an Frauen - in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 24,8% angestiegen. 158 Frauen starben zwischen Januar und März 2007 auf gewaltsame Weise, 125 waren es im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Gleich geblieben sind die Zeichen der angewendeten Gewalt: Vergewaltigung vor dem Tod, Schläge, Folter, einige Opfer starben am Gnadenschuss. Zwischen Januar und März 2007 wurden 1´459 Männer und Kinder, also Jungen und Mädchen, ermordet. Nach oben |
Die Studie zeigt auf, dass vornehmlich Frauen im Alter zwischen 16 und 40 Jahren in den Departements Guatemala, Escuintla, San Marcos, Santa Rosa, Jutiapa und Chiquimula ermordet wurden. Nichts Neues ist auch die Beobachtung, dass sich an der geringen Zahl von Ermittlungen und gar entsprechenden Prozesserfolgen nichts geändert hat. Eine weitere Studie gibt es jetzt mit dem Titel "Die aussergerichtlichen Hinrichtungen von stigmatisierten Jugendlichen". Sie wurde erarbeitet vom Menschenrechtszentrum CALDH, dem Institut für vergleichende Studien und Strafwissenschaften (IECCPG) und der Menschenrechtsorganisation Sicherheit in Demokratie (SEDEM). In Bezug auf den Mord an Frauen enthüllt die Untersuchung, dass vor allem Frauen, die in extremer Armut in Randgebieten der Städte leben, alleinerziehende Mütter oder Frauen, die mit einem gewalttätigen Partner zusammenleben, Arbeiterinnen im informellen Sektor und die indigenen Frauen zu Opfern des wachsenden Femizids werden. Interviews mit Frauen aus den Munizipien Villa Nueva und San Juan Sacatepéquez, Gegenden, die als besonders gefährlich gelten, belegen die Angst, mit der sich diese tagtäglich auf die Strasse begeben ohne zu wissen, ob und wie sie an ihrem Ziel und dann wieder zu Hause ankommen. Gemäss der Analyse beharren die Autoritäten auf ihrer Antwort hinsichtlich des Femizids, die Morde dem gemeinen Verbrechen oder der Privatsphäre des Opfers zuzuschreiben, ohne die Existenz eines beharrlichen Musters der Gewalt gegen Frauen anzuerkennen, deren Wurzeln tief in der Diskriminierung stecken. Die Stigmatisierung der Opfer und deren Abstempelung als "Prostituierte" oder "Marera" (Jugendbandenmitglied) aufgrund der Kleidung oder einer Tätowierung ohne jegliche Ermittlung, sowie die Desinformation von Familienangehörige, denen zudem der Zugang zu den Akten verwehrt wird, stellen die alltägliche Realität dar. |
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