US-Migrationsreform gescheitert
Fijáte 388 vom 27. Juni 2007, Artikel 2, Seite 3
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US-Migrationsreform gescheitert
New York, 09. Juni. Seit langem war sie angekündigt und vielerseits gefordert worden, die Reform der Migrationsgesetzgebung in den Vereinigten Staaten. In der Zwischenzeit waren einige Veränderungen, wie die Verschärfung der Razzien und strafrechtliche Verfolgung von MigrantInnen ohne Papiere und zivile AktivistInnen, die die so genannten "Illegalen" unterstützten, bereits eingeführt worden. Auch der Bau der Mauer an der US-Südgrenze zu Mexiko geht weiter. Doch obwohl Mitte Mai angekündigt worden war, dass die demokratischen und republikanischen Abgeordneten sich auf einen Vorschlag geeinigt hätten, der mit den nötigen 60 Stimmen die offizielle Debatte über die Reform eröffnete, ist das Vorhaben letztendlich im US-Senat gescheitert und erst einmal wieder auf Eis gelegt. Die mexikanische Tageszeitung La Jornada hält dies nicht nur für einen Triumph der konservativen, gegen die MigrantInnen eingestellten PolitikerInnen, sondern gleichzeitig auch für den Sieg einer breiten Fraktion aus liberalen und fortschrittlichen Kräften, die zu Gunsten der ImmigrantInnen den Gesetzesvorschlag ablehnten. Lateinamerikanische Gruppen, Gewerkschaften, AktivistInnen für MigrantInnen und Gruppen dieser selbst machten die interne Uneinigkeit deutlich, die angesichts des Themas herrscht; einige bedauern, die anderen feiern die Niederlage der Initiative. Während sich die Haltung der Anti-MigrantInnen-Wetterer damit zusammenfassen lässt, dass der Reformvorschlag dazu diene, die "Illegalen" mit einer "Amnestie" zu belohnen, ist die Position der liberalen ImmigrantInnen-UnterstützerInnen geteilt und komplizierter. Die Uneinigkeit herrschte vornehmlich angesichts der Überlegung, ob eine mangelhafte Gesetzesinitiative befürwortet werden sollte und somit auf Kosten von gravierenden Nachteilen einige Vorteile erreicht werden könnten, oder ob aufgrund der Schwere der Mängel es vorzuziehen sei, auf die Aussicht einer geringen Verbesserung der Lage der MigrantInnen komplett zu verzichten. So kritisierten einige liberale GegnerInnen der Initiative, dass diese gegenüber der politischen Linie der letzten Dekaden, die die Familienzusammenführung vor allen anderen Kriterien privilegierte, eine deutliche Umkehrung sei, die auch das geplante GastarbeiterInnenprogramm ohne ständige Aufenthaltsgenehmigung nicht aufwiege. Andererseits, so argumentierten die BefürworterInnen, sei die politische Konjunktur auszunutzen und das Projekt trotz Schwächen zu unterstützen, um nach 20 Jahren endlich voranzukommen in Richtung einer Migrationsreform, die die Option beinhaltet, einem Grossteil der rund 12 Mio. Menschen ohne Dokumente einen legalen Aufenthaltsstatus zu verschaffen. Ausserdem könnte das Vorhaben ja dann immer noch verbessert werden. Schätzungsweise 1,3 Mio. MigrantInnen ohne Papiere stammen aus Guatemala, 18´000 sind im vergangenen Jahr aus den USA zurück deportiert worden, seit Beginn des Jahres sind es schon mehr als 8´000. So schätzt die Internationale Migrationsorganisation IOM denn auch, dass die Deportationszahlen dieses Jahr die vom letzten übersteigen werden. Unabhängig von der Gesetzesreform. Diese hatte neben der Verstärkung von Grenzkontrollen, Razzien und Ausstattung der zuständigen Behörden zur Erreichung der Zielvorgabe, täglich angeblich 27´500 "Illegale" zu fassen, beinhaltet, dass den Menschen ohne Dokumente eine Geldstrafe von 5´000 US-$ auferlegt würde, die sie zusätzlich zu anfallenden behördlichen Gebühren zu zahlen hätten, um "legalisiert" zu werden. Ausserdem sollten sie dazu angehalten werden, Englisch zu sprechen und Steuern zu zahlen. In Guatemala selbst stiess schon die Debatte auf geteilte Meinungen. War Präsident Oscar Berger restlos begeistert von dem Reformvorschlag, zeigte sich Aussenminister Gert Rosenthal deutlich skeptisch und machte auf die Einschränkungen aufmerksam, die trotz einiger Erleichterungen, die auf die in den USA lebenden GuatemaltekInnen zukommen würden. Für Migrantinnen aus El Salvador, Honduras und Nicaragua wurde der als Temporäre Aufenthaltsgenehmigung bekannte Status TPS in diesem Jahr verlängert, den sie aufgrund der Zerstörungen in ihren Ländern durch den Wirbelsturm Mitch 1998 erhalten hatten. Den GuatemaltekInnen wurde diese Regelung selbst nach Stan 2005 nicht gewährt. Nach oben |
Vizepräsident Stein, der die US-Senatsentscheidung gegen die Reform kritisierte, merkte an, dass die USA die Migrationssituation als landesinterne Angelegenheit betrachteten. Doch sinnvollerweise solle sie doch gemeinsam angegangen werden, als befreundete Länder und Mitglieder der Region. Fraglich ist, ob und wenn, wann das Thema Migrationsgesetzgebung wieder auf die Tagesordnung des US-Senats gesetzt wird. Auf der einen Seite bleibt der Pro-Migrationsfraktion dadurch noch mehr Zeit zur Lobby für eine integrale Initiative, andererseits bleiben die nicht-dokumentierten MigrantInnen solange den repressiven Massnahmen der Anti-Einwanderungsfraktion ausgeliefert. Zu diesen gehört auch die zur Praxis gewordene Formalität, die inzwischen mehr als 25´000 nicht dokumentierte MigrantInnen in der Datenbank des FBI auflistet. Auf diese greift die Kriminalpolizei eigentlich zurück, um Kriminelle zu lokalisieren. Die Namen der MigrantInnen wurden seit 2002 darin aufgenommen in dem Moment, in dem sie als "Illegale" festgenommen und in ihre Heimatländer zurückdeportiert wurden. Zum Teil sind sie aber wieder zurück in den USA. US-amerikanische Menschenrechts- und Pro-Migrationsorganisationen haben bereits Klagen gegen die Regierung eingereicht, da es für diese Registrierung und Verfolgung der ImmigrantInnen keine legale Basis gebe. Aber selbst die US-amerikanische Polizei ist anscheinend nicht damit einverstanden, da diese Massnahme das Vertrauen untergraben würde, das sie versucht, zu den Gemeinden der ImmigrantInnen aufzubauen. Auch das Weisse Haus selbst versucht offenbar, seine Beziehung zumindest zu den sich offiziell im Land aufhaltenden ImmigrantInnen zu entspannen. So wurde nun durch BeraterInnen von Präsident George W. Bush das Ergebnis von Wirtschaftsstudien veröffentlicht und offiziell verkündet, dass "die Immigrantinnen nicht nur dabei helfen, dass ökonomische Wachstum der Nation voranzutreiben", sondern gar einen positiven Effekt auf die Einkommen der im Land Geborenen hätten. Unterstrichen wird dabei, dass die MigrantInnen die Arbeit der US-AmerikanerInnen nicht ersetzen, sondern ergänzen würden. |
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