Migration nimmt zu
Fijáte 214 vom 19. Juli 2000, Artikel 5, Seite 4
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Migration nimmt zu
Guatemala, 7. Juli. Eine Studie der Lateinamerikanischen Fakultät für Sozialwissenschaften, FLACSO, kommt zum Schluss, dass die Migration aus der Hauptstadt ins Departement Petén drastisch zugenommen hat. Die Gründe dafür sieht die Studie in der prekären Arbeitssituation der Hauptstadt. Laut Statistik hat die Bevölkerung im Petén in den letzten elf Jahren um 251% zugenommen. Durch den Petén führt eine der am stärksten frequentierten Routen für MigrantInnen aus ganz Lateinamerika, die nach Mexiko oder in die Vereinigten Staaten wollen. Neben dem Tourismus ist der 'illegale' Personentransport zu einer der Haupteinnahmequellen des Peténs geworden: Vom Schlepper über den Hotelbesitzer und Transportunternehmer bis zum Grenzbeamten, der Schmiergelder kassiert, leben ganze Dörfer von diesem 'Geschäft'. Das Ende des bewaffneten Konflikts in Guatemala hat nicht wie erwartet einen Rückgang der Migration in die Vereinigten Staaten bewirkt. Allerdings würden die Leute nicht mehr aus Angst vor der Repression in die USA migrieren, sondern aus wirtschaftlichen Gründen, kommt die Untersuchung zum Schluss. Deshalb ruft Irene Palma, Autorin der Studie von FLACSO, die guatemaltekische Regierung dazu auf, eine Politik zu entwickeln, die die Armut und die daraus resultierende Migrationsbewegung stoppt. Ausserdem fordert sie die Regierung auf, die UNO-Konvention zum Schutz migrierender ArbeiterInnen und ihrer Familien zu unterzeichnen. Laut Daten aus dem Jahre 1994 leben 1,7 Millionen guatemaltekische BürgerInnen (rund 18% der Gesamtbevölkerung) in den Vereinigten Staaten. Jede guatemaltekische Familie hat durchschnittlich ein Mitglied, das im Ausland verdientes Geld nach Hause schickt. In den letzten Jahren haben diese remesas um 400% zugenommen. Während 1987 noch rund 11'336 Millionen US-$ als remesas nach Guatemala geschickt wurden, waren es im Jahr 1987 bereits 456'443 Millionen US-$. Gemäss Informationen der guatemaltekischen Nationalbank schicken MigrantInnen rund 6% ihres in den Vereinigten Staaten verdienten Jahreseinkommens (ca. 1'630 US-$) an ihre Familien in Guatemala. Gleichzeitig weist die von FLACSO herausgegebene Studie auf die Gefahren und Schwierigkeiten hin, die eine Migration in die USA mit sich bringt: Im letzten Jahr wurden 2'470 Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch Zoll- und Migrationsbehörden verzeichnet, 85% davon wurden in Mexiko begangen. Nach oben |
Vor allem Frauen, aber auch Kinder und Jugendliche werden oft von Zollbeamten oder Schleppern sexuell missbraucht. Viele Frauen sehen sich gezwungen, das Geld für die Weiterreise durch Prostitution zu verdienen. Eine Studie der mexikanischen Gesundheitsbehörde gibt bekannt, dass 98% der Frauen, die an den Grenzübergängen in Chiapas in den Bars und Nachtclubs arbeiten, aus El Salvador, Guatemala und Honduras kommen und zwischen 13 und 25 Jahren alt sind. Rund 2200 guatemaltekische StaatsbürgerInnen wurden entweder an der Grenze zu den Vereinigten Staaten oder kurz nach deren Überquerung gefasst und deportiert. Weitere 2000 wurden ausgewiesen, da sie straffällig wurden. Trotzdem geht die nordamerikanische Migrationsbehörde davon aus, dass sich über 500'000 GuatemaltekInnen ohne Aufenthaltsbewilligung im Land aufhalten. Im 'Trampolindepartement' Petén sollen nun erste Schritte unternommen werden, die zwar nicht zu einem Rückgang der Migration führen, doch mindestens die Situation der MigrantInnen verbessern und die gewalttätige Stimmung in der Region beruhigen sollen: Verschiedene zivile und staatliche Organisationen, darunter die Kirche, die Vereinigung der entwurzelten Bevölkerung (ACPD) und das Zentrum für MigrantInnen wollen einen Runden Tisch gründen. Dieser soll als eine Art Kontrollorgan funktionieren, damit weniger Übergriffe seitens der Behörden passieren. Weiter soll ein 'Haus der Migration' eröffnet werden, wie es schon in der Grenzregion an der guatemaltekischen Südküste gibt, das den MigrantInnen Unterkunft, Verpflegung und Hilfe bei Menschenrechtsverletzungen anbietet. |
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