Neuer Anlauf für Verfassungsreformen
Fijáte 212 vom 21. Juni 2000, Artikel 9, Seite 6
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Neuer Anlauf für Verfassungsreformen
Guatemala, 13. Juni. Obwohl vor gut einem Jahr die guatemaltekische Bevölkerung bei der Consulta Popular die Verfassungsänderungen abgelehnt hat, die nötig gewesen wären, um gewisse Friedensabkommen rechtsgültig zu machen, ist das Thema erneut aktuell. Dabei geht es jedoch nicht um wichtige Themen wie zum Beispiel die Rechte der indigenen Bevölkerung oder die Rolle des Militärs in einer demokratischen Gesellschaft, wie das vor einem Jahr der Fall war. Zur Diskussion steht heute die Reform einiger weniger, für die jetzigen Machthaber sehr vorteilhafter Verfassungsartikel. So z.B. Artikel 186, der dahingehend geändert werden soll, dass durch einen Staatsstreich an die Macht gekommene Ex-Präsidenten (Ríos Montt oder Vinicio Cerezo) die Möglichkeit haben, erneut für die Präsidentschaft zu kandidieren. Weiter sollen gewisse Privilegien des Präsidenten abgeschafft werden, z.B. das Privileg, jemandem Steuererlass zu gewähren oder zum Tode Verurteilte zu begnadigen. (Die Abschaffung dieses Privilegs durch Kongressbeschluss widerspricht momentan der Verfassung). Auch der Verfassungsartikel, der festlegt, dass der Verteidigungsminister den militärischen Rang eines Obersten oder Generals innehaben muss, soll angepasst werden, damit es in Zukunft möglich ist, eine Zivilperson zum Verteidigungsminister zu ernennen. Die Verfassung sieht zwei Möglichkeiten für Verfassungsänderungenvor: Bei der ersten verabschiedet der Kongress die Reformvorschläge und legt sich dem Volk zur Annahme vor, wie das letztes Jahr versucht wurde, jedoch kläglich scheiterte. Die zweite Möglichkeit ist die Einberufung einer Verfassungsgebenden Nationalversammlung (Asamblea Nacional Constituyente). Um auf diesem Weg eine Verfassungsänderung zu erwirken, braucht es eine Zweidrittelmehrheit - im Fall des guatemaltekischen Kongresses sind das 75 Stimmen. Und auch wenn die FRG im Kongress in der Übermacht ist, zählt sie nicht mit so vielen Stimmen. Trotzdem schlägt Kongresspräsident Rios Montt, Urheber der neu entfachten Diskussion um die Verfassungsreformen, die Einberufung einer Verfassungesgebenden Nationalversammlung vor. Ein Vorschlag, der eigentlich bei niemandem auf grosse Begeisterung stösst. Selbst Präsident Portillo, der anfänglich den Vorschlag der Verfassungsänderungen selber machte, äusserte sich inzwischen eher zurückhaltend. Portillo teilt zwar die Meinung, dass gewisse Artikel der aktuellen Verfassung überholungsbedürftig sind, ist jedoch nicht ganz sicher, ob dies der geeignete Moment dafür ist. Er habe Verfassungsreformen vorgeschlagen, um zu beweisen, dass die Unantastbarkeit der Verfassung der Vergangenheit angehöre. Nach oben |
Die FRG wird auch nicht mit der Unterstützung der anderen Kongressparteien rechnen können. Die ANN entschied sich, die Verfassungsreformen nicht zu unterstützen. Das Land habe im Moment wichtigere Probleme zu lösen als eine Verfassungsreform, z. B. das Problem der Armut und der Sicherheit, erklärte Otoniel Fernández. Auch die PAN und deren Abspaltung, die Unionisten, sprachen sich gegen die Unterstützung der Verfassungsreformen aus. Clodomiro de Leon (PAN) mahnte, man müsse den Willen des Volkes respektieren, das im letzten Jahr klar gegen die Verfasssungsreformen gestimmt habe. Ob damit das Thema vom Tisch ist, oder ob es der FRG gelingt, die eine oder andere Partei noch auf ihre Seite zu ziehen, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. |
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