,,Und trotzdem, die Linke existiert weiter..."
Fijáte 321 vom 3. Nov. 2004, Artikel 1, Seite 1
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,,Und trotzdem, die Linke existiert weiter..."
Vom 8. bis 10. Oktober fand in ,,Die Linke war und ist heute mehr denn je ein pluralistisches Gebilde mit verschiedenen ideologischen Strömungen. Die Unterschiede, die früher zwischen der revolutionären und der demokratischen Linken gemacht wurden, sind heute obsolet. Vielmehr geht es mittlerweile um die Unterscheidung zwischen der institutionellen Linken (die sich am Wahlkampf beteiligt und politische Macht aspiriert) und der sozialen Linken (die sich auf soziale Mobilisierungen konzentriert mit der Absicht, die Machtverhältnisse zugunsten der Interessen der Bevölkerung zu verändern). Anstatt die Definition der Linken in Guatemala aufgrund dieser Kriterien zu bestimmen, wird sie doch meistens in Bezug auf ihr Verhältnis zur Unsereins hat immer das Gefühl, für alle sprechen zu müssen, dabei müssten wir in erster Linie lernen zuzuhören." Alejandro Moreano beschrieb anhand der Erfahrungen der ecuadorianischen Linken mit dem aktuellen Präsidenten Lucio Gutiérrez die Gefahr, der sich die sozialen Bewegungen aussetzen, wenn sie Allianzen mit Parteien eingehen, die ihre Forderungen nicht oder nur aus wahltaktischen Gründen unterstützen. Am zweiten Tag des Treffens präsentierten drei VertreterInnen der guatemaltekischen Linken ihre Reflexionen und Überlegungen bezüglich progressiver, demokratischer und linker Gruppierungen. Einer von ihnen war Carlos Figueroa Ibarra, den wir an dieser Stelle noch einmal zitieren: ,,Wir müssen uns fragen, ob es noch einen Sinn macht, zwischen ,,links" und ,,rechts" zu unterscheiden. Der Zerfall des Sozialismus hinterliess bei der Linken auf der ganzen Welt eine Benommenheit, die dazu führte, dass sich immer mehr zu fragen begannen, ob diese Differenzierung überhaupt noch angebracht ist. Bereits seit den sechziger Jahren proklamieren einige SozialwissenschaftlerInnen das Ende der Ideologien. Nach dem Zerfall des Sozialismus wurde vom Ende der Geschichte gesprochen. Ironischerweise waren es die eher konservativen Kreise, die vom Ende der Ideologien und vom Ende der Geschichte sprachen. Mit dem Ende der Ideologien meinten sie die Obsoletheit des Marxismus, und mit dem Ende der Geschichte meinten sie in erster Linie das Ende der Konfrontationen, die das kapitalistische System und die liberale Demokratie als die beiden einzigen Lebensformen in Frage stellten. Das Ende der Ideologien und das Ende der Geschichte waren nichts anderes als die euphemistische Proklamation des Sieges EINER Ideologie und EINER Gesellschaftsform. Als der Realsozialismus, der Staatssozialismus, der sowjetische Sozialismus oder wie immer man das System nennen will, das in Osteuropa existierte, zusammenbrach, und somit die sogenannte Krise des Marxismus evident wurde, bekamen die Theorien vom Ende der Ideologie und vom Ende der Geschichte Aufwind. Welchen Sinn machte es, von einer Linken und einer Rechten zu sprechen, wenn die Vorschläge der Linken zunichte gemacht waren. Das Verschwinden des einen Pols in diesem binären System machte auch den anderen überflüssig. Nach oben |
Und trotzdem: Die Linke existiert weiter. Und die Rechte selbstverständlich auch. Obwohl die Vorherrschaft der Rechten in den letzten Jahren dermassen überhand genommen hat, dass die Linke einem manchmal tatsächlich nur noch wie eine schwache Erinnerung an die Vergangenheit erscheint." Die ,,schwache Erinnerung an die Vergangenheit" ist jedoch unter der guatemaltekischen Linken noch sehr präsent. Verschiedene Organisationen und Einzelpersonen nutzten das Treffen in Quetzaltenango als Anlass, ihrerseits die aktuelle Situation zu analysieren und Vorschläge für eine ,,neue Linke" zu machen. So zum Beispiel die elektronische Zeitschrift albedrío nahmen, wie z.B., dass Ausschluss und Hegemonie, Autoritarismus und Intoleranz dazu geführt hätten, dass die Linke für viele Leute nicht attraktiv sei. Oder, dass es der Linken an Bezug zur multikulturellen und alltäglichen Realität der Bevölkerung fehle und sie das in den Gemeinden und Gemeinschaften vorhandene Wissen nicht zu nutzen gewusst habe, um Alternativen zu entwikkeln. In ihrer Schlusserklärung resümierten die OrganisatorInnen des Treffens ihre Erwartungen als mehr als befriedigt. Auf eine reife Weise habe man die Verschiedenheit, die Vielfalt, aber auch die Marginalisierung der demokratischen, progressiven und linken Kräfte in Guatemala erkannt. Man habe auch die notwendigen Qualitäten und Charakteristika erkannt, auf die eine neue politische Epoche ausgerichtet sein müsse. Grundvoraussetzung sei ein Zusammenschluss der Kräfte, eine Annäherung der Positionen, eine klare politische Linie, punktuelle Abkommen und strategische Allianzen. Die InitiantInnen haben vor, weitere solche Treffen zu organisieren, sie sprechen bereits von einem II Encuentro, aber auch von sektoriellen Treffen. ,,Wir möchten, dass sich die Debatte auch auf andere Gruppierungen ausdehnt, auf die Indígenas, die Frauen, die Jugend und dass sich Dialogkanäle öffnen zwischen den verschiedenen Tendenzen der demokratischen und progressiven Kräfte. Es soll eine Vision einer Nation entwickelt werden, die gleichzeitig die Bevölkerung und jeden einzelnen und jede einzelne GuatemaltekIn stärkt." |
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