¡Híjole...! Die einmonatliche Kolumne von Fernando Suazo: Ach, diese CICIG
Fijáte 392 vom 29. August 2007, Artikel 11, Seite 6
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¡Híjole...! Die einmonatliche Kolumne von Fernando Suazo: Ach, diese CICIG
Herr Manuel Castillo wird bald 30 Jahre alt und hat einen Sitz im Kongress inne. Er besitzt noch andere Sachen, die zu einem modernen Sultan gehören, u.a. Mobiltelefone, die ihn betrogen haben: wegen ihnen wächst nämlich jetzt der Verdacht, er habe Verbindungen zu diesem "Al Capone- Verbrechen" - ich meine dasjenige der drei salvadorianischen Abgeordneten. Es scheint, dass es für ihn eng wird und er das Bauernopfer wird von denen, die die cosa nostra innerhalb der politischen Klasse in Bewegung halten. Es wäre aber falsch zu glauben, dass sein Fall eine Ausnahme ist: Sie ist fast Routine. Die KommentatorInnen berichten, es sei vorhersehbar, dass etwa 15% der gewählten Kongressabgeordneten Mitglieder der guatemaltekischen Kartelle sind; dass 50% der Abgeordneten Geld von der chapinen Mafia erhalten; dass - schon jetzt - die Beeinflussung der Vorwahlszene durch die Drogenbosse in acht Departements des Landes eindeutig ist. Die nostra-Politik, so die AnalystInnen, ist verantwortlich für die rund 40 politischen Morden in diesen Monaten. Unterdessen geben die PräsidentschaftskandidatInnen schöne Worte und erhabene Versprechen von sich und beten sogar, sich gegenseitig in den Armen liegend. Welch rührendes Foto, das uns die MeinungsmacherInnen dazu serviert haben … so schön, die KandidatInnen. Dieses Bild und diese Diskurse klingen so falsch wie der patriotischen Protest einiger SprecherInnen der lokalen Oligarchie, wie z.B. Humberto Preti (ehemaliger Präsident des Unternehmerverbands CACIF, die Red.), angesichts der Billigung der CICIG (Internationale Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala): "Erneut liefert sich Guatemala aus. Kein einziges Land der Welt hat jemals eine Einmischung in seine Souveränität geduldet, und das mit der Zustimmung durch die vom Volk gewählten VertreterInnen, wie es mit der Verabschiedung der CICIG passiert ist." Die lokale Oligarchie bedauert die Einsetzung der CICIG. Offenbar gefällt es ihr nicht, dass irgendwelche Leute ihre Finger in die Institutionen des Staates stecken, den sie als ihren Besitz betrachten. Bis vor wenigen Monaten hat diese Oligarchie noch Anzeigen geschaltet, um dem Innenminister Vielmann und seinem Polizeidirektor Sperisen Rückendeckung zu geben, als es bereits ein offenes Geheimnis war, dass deren Ressorts vom organisierten Verbrechen durchdrungen war, welches verantwortlich ist für den Tod der salvadorianischen Abgeordneten. Diese Themen entzünden das patriotische Gefühl der guatemaltekischen Oligarchen. Es ist egal, dass die Straflosigkeit von Verbrechen gegen das Leben zwischen 94 und 96%... oszilliert. Eine andere Sache sind die Geschäfte. In Geschäftsangelegenheiten erfährt der Begriff der nationalen Würde plötzlich eine andere Lesart (und sie wird nach einer anderen Hymne gesungen, nämlich derjenigen der USA). Deswegen applaudieren die selben Leute, die sich gegen die CICIG aussprechen, dem Freihandelsabkommen DR-CAFTA, dem Minengesetz, der illegalen Anwesenheit von Militärs und sechstausend Ökologie-ExpertInnen aus den USA (zu Diensten welcher Interessen?) auf unserem Boden, und so viele nationale Peinlichkeiten. Ach, unsere patriotische Oligarchie. Doch Manuel Castillo, Vater des Vaterlandes, hat gerade Pech. Es wurde ihm bereits sein Visum von der US-Regierung entzogen, denn die Vereinten Staaten sind sehr an dieser Affäre interessiert. Herr Shannon, stellvertretender Sekretär für Angelegenheiten der Hemisphäre, hat uns besucht, um uns daran zu erinnern. Die drei Bedrohungen, denen wir GuatemaltekInnen ausgesetzt sind, seien der Drogenhandel, der Terrorismus und das organisierte Verbrechen. Die USA, Verteidigerin der Demokratie auf dem Planeten, haben Dollars versprochen, um die CICIG auf den Weg zu bringen. Nach oben |
Womöglich versteht Manuel Castillo nicht, warum sich Herr Shannon derart ärgert, ist doch das Geschäft mit den Drogen weltweit dasjenige, das nach Erdöl und Waffen das meiste Geld bewegt, und zudem die grossen Banken, die Geheimdienste und so viele andere begünstigt, gerade in den USA. Der Herr Abgeordnete aus Jutiapa weiss vielleicht, dass, seit die USA Afghanistan besetzt halten, dieses Land 92% des Opiums auf der Erde produziert. Es kann sein, dass er sich fragt: "Warum dürfen die, aber wir nicht? Warum regen sich die Männer der USA so auf, sind sie doch die ersten Kunden im weltweiten Drogenkonsum? Warum lassen sie uns hier nicht unsere Geschäfte tätigen und im Gegenzug tun sie den Bossen nichts, die die Drogen in ihrem eigenen Land verteilen? Das ist nicht fair." Wenn die USA den Finger heben und vor der Bedrohung des Drogenhandels warnen, denken einige von uns etwas anderes. Mit dem Journalisten Marcelo Colussi gesagt: Wie seltsam, dass ein Gesundheitsproblem wie der Drogenkonsum nicht auf präventive Art angegangen wird, sondern auf repressive. Und das passiert just in den Ländern, wo die USA ihre geostrategischen Kontrollen aufstellen müssen. * * * Im vergangenen Monat haben die Überlebenden des Dorfes Plan de Sánchez, Rabinal, rituell ihre vor 25 Jahren massakrierten Familienangehörigen zusammengerufen. Jugendliche der weiterführenden Schule, Töchter und Söhne der Überlebenden, präsentierten eine dramatisierte Wiederholung der Urteilsverkündung des Interamerikanischen Menschenrechts-Gerichtshofes gegen den Staat Guatemala. Mit gemeinsamem Mut forderten sie Justiz für jene Verbrechen, die auf Geheiss der US-Doktrin zur nationalen Sicherheit begangen wurden. Man spürte schwer die hartnäckige Erinnerung der Opfer. Aber in dem Sturzbach von bedrohlichen Ereignissen, die Tag für Tag von den Besitzern des Landes und des Planeten ausgelöst werden, bringen uns die Nachrichten unserer Toten aus der Fassung und lassen uns unsere Erinnerung nicht spüren. Klar, das ist genau das, was sie erreichen wollen. |
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