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Wal-Mart: Global Supermarket in Zentralamerika

Fijáte 412 vom 18. Juni 2008, Artikel 1, Seite 1

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Wal-Mart: Global Supermarket in Zentralamerika

Wenn Wal-Mart ein unabhängiges Land wäre, würde es Platz Nr. 19 der 100 stärksten Ökonomien des Planeten einnehmen. Wegen seiner wirtschaftlichen aber auch politischen Macht in den Ländern, wo er angesiedelt ist, wird der Gigant gerne auch als "Unternehmens-Nation" bezeichnet. So wurden Wal-Mart sowie andere transnationale Unternehmen beschuldigt, im Jahr 2006 in ihren Einkaufszentren Wahlpropaganda gegen den damaligen mexikanischen oppositionellen Präsidentschaftskandidaten Andrés Manuel López Obrador zu betreiben.

Um dem schlechten Ruf in Lateinamerika etwas entgegenzusetzen, bietet Wal-Mart Programme für kleine und mittlere Unternehmen an wie z.B. "Una mano para crecer" ("Eine Handreichung für Wachstum"). Dieses Programm richtet sich an Unternehmen oder Fabriken, die einen jährlichen Umsatz von 100'000 bis 600'000 US-$ verzeichnen und nicht mehr als 100 Angestellte beschäftigen. Eine weitere Bedingung ist, dass das Unternehmen als Familienbetrieb organisiert ist. Bisher gibt es leider noch keine Untersuchungen über die Wirkung solcher Programme. Die einzige Arbeit zu diesem Thema ist "Wal-Mart und die bäuerliche Landwirtschaftsproduktion in Guatemala. Eine Annäherung" von Juan Pablo Ozaeta von der Koordination der NGOs und VGKooperativenNF VGCONGCOOPNF. Das Dokument wurde 2007 im Auftrag von Action Aid Guatemala erstellt, ist bisher aber noch nicht publiziert worden.

Gemäss der Untersuchung von Ozaeta besitzt Wal-Mart in Zentralamerika verschiedene Lagerhallen mit dem Namen "Horti-Fruti", wo Gemüse und Früchte aufgekauft, gelagert und verteilt werden. In Guatemala liefern rund 1000 BäuerInnen (gemäss Statistik sind dies 0,11% aller landwirtschaftlichen ProduzentInnen) ihre Ernte in diese "Horti-Frutis". Wal-Mart preist dieses "Programm" unter dem Namen "tierra fértil" (fruchtbares Land) an und verkauft es als ein "win-win"-Projekt: Die ProduzentInnen hätten eine Abnahmegarantie und Wal-Mart verringere seine Kosten, da direkt beim Produzenten eingekauft werde und die Kosten des Zwischenhandels wegfallen. Die Untersuchung von CONGOOP kommt zu dem Schluss, dass auch bei diesem Geschäft die eine Seite mehr verdient - und zwar nicht die ProduzentInnen. Ausserdem müsse man sehr genau das Kleingedruckte der Abnahmeverträge lesen. Beim Programm "tierra fértil" z.B. wird den BäuerInnen technische Unterstützung angeboten, die sie jedoch nach Stundenaufwand zu bezahlen haben. Beim Programm "Una mano para crecer" wiederum müsse ein Produkt während 45 Tagen mehr als 20% des Umsatzes der führenden Marke desselben Produkts erreichen, um ins Sortiment von Wal-Mart aufgenommen zu werden.

Zu den Bedingungen, um in diese "win-win"-Programme aufgenommen zu werden, gehört auch, dass die ProduzentInnen eine Besitzurkunde für das Land vorweisen können, auf dem sie produzieren. Ozaeta weist darauf hin, dass es gerade im Fall von Guatemala, wo es kein Landkataster und oft keine juristische Absicherung über den Landbesitz gibt, sehr schwierig ist, diese Bedingung zu erfüllen.

Preiskrieg in Sicht?

Fachleute sind sich einig, dass die von Wal-Mart an die kleinen und mittleren Unternehmen gerichteten Programme nicht nachhaltig sind. Eugenio Incer von der Vereinigung für Sozialwissenschaften in Guatemala (AVANCSO) meint dazu: "Die transnationalen Unternehmen haben durch die VGFreihandelsabkommenNF die Möglichkeit, mit den kleinen und mittleren ProduzentInnen direkte Verträge abzuschliessen. Ich glaube aber nicht, dass sich diese Praxis bewährt, denn die geographischen und infrastrukturellen Bedingungen in unserem Land sind sehr unterschiedlich. Im Hochland zum Beispiel sind die Transportwege viel schlechter als im Flachland. Wer von solchen Kontrakten profitieren kann, sind vielleicht die Gemüse-ProduzentInnen in VGChimaltenangoNF und an der Südküste." Gemäss Incer sind die Zulieferer von Wal-Mart spezialisiert auf Monokulturen, was risikoreich ist im Falle von Preisschwankungen, weil sie keine Alternativprodukte anzubieten haben.

Laut Fernando Solis, Wirtschaftsexperte vom Institut für strategische Studien für die Demokratie (IDE), stehen die ProduzentInnen vor der Entscheidung, entweder Kooperativen zu gründen oder einzugehen. "Diese Art von Grosshandel treibt die kleinen ProduzentInnen in den Ruin. Diese Einkaufsketten kaufen nicht beim einzelnen Bauern oder der einzelnen Bäuerin, sondern bei ProduzentInnen, die sich zusammengeschlossen haben." Solis sieht darin eine mögliche institutionelle Stärkung der ProduzentInnen, was durchaus ein positiver Effekt sein kann.

Am schlimmsten für die kleinen ProduzentInnen wäre es, wenn ein sogenannter Preiskrieg ausbrechen würde zwischen verschiedenen Supermarkt-Giganten. Dies würde unweigerlich zu einem Preisdruck bzw. einem geringeren Erlös für die ProduzentInnen führen. Ein Phänomen, das in allen Ländern zu beobachten ist, wo Wal-Mart präsent ist.

Alvaro Calderón von CEPAL sieht voraus, dass die Expansion von Wal-Mart einen Konsolidierungsprozess zur Folge hat. Solis stimmt ihm zu: "Es wird ein Preiskrieg ausbrechen, und die kleineren Supermarkt-Ketten werden sich zusammenschliessen unter dem Motto: Alle gegen Wal-Mart."

Tatsächlich wurde am vergangenen 12. Mai die Gründung der Allianz der Supermärkte Zentralamerikas und Panamas SUCAP bekanntgegeben. Der Allianz gehören 16 Supermarktketten in Costa Rica, VGNicaraguaNF, VGHondurasNF, Guatemala, VGEl SalvadorNF und Panama mit insgesamt 279 Supermärkten an. Somit ist der Wettbewerb aufgeteilt zwischen SUCAP und Wal-Mart Centroamericana. Ob es infolge dieser Polarisierung tatsächlich zu einem Preiskrieg kommt und welches die Auswirkungen auf die kleinen ProduzentInnen sind, bleibt abzuwarten.


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