Urteil gegen Ex-PAC wegen Massaker in Río Negro
Fijáte 411 vom 04. Juni 2008, Artikel 7, Seite 5
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Urteil gegen Ex-PAC wegen Massaker in Río Negro
Guatemala, 29. Mai. Sechsundzwanzig Jahre nach dem Massaker in der Gemeinde Río Negro, Baja Verapaz, bei dem 177 Menschen ermordet wurden, verurteilte das Strafgericht von Salamá gestern fünf Personen zu insgesamt 780 Jahren Haft. Ein Angeklagter wurde freigesprochen, da es keine Beweise für seine Teilnahme an der Tat gibt und niemand der ZeugInnen gegen ihn aussagte. Die 780 Jahre sind das Summenergebnis von je 30 Jahren Haft für den Mord an insgesamt 26 Personen. Letztendlich werden die verurteilten Männer jedoch maximal nur 30 Jahre in Haft sein, die Höchststrafe für Mord des dem Prozess zugrunde gelegten Gesetz von 1969. Alle fünf sind Mitglieder der ehemaligen Zivilen Selbstverteidigungspatrouillen (PAC). Neben ihrer Haftstrafe müssen sie laut Urteil noch 100´000 Quetzales (ca. US-$ 13´500) an die Familienangehörigen der Opfer zahlen. Gleichzeitig wurde die Verhaftung eines flüchtigen Militärhauptmanns und zwei weitern Ex-PAC aus dem Dorf Xocoj angeordnet. Die Urteilsverkündung fand unter strikten Sicherheitsmassnahmen statt, 40 zusätzliche Polizeikräfte wurden in der Gegend ausgesendet, da gewalttätige Reaktionen sowohl von den Familienangehörigen der Opfer oder auch der Verurteilten befürchtet wurden. Juan de Dios García, einer der NebenklägerInnen, erklärte: "Es wurde Recht gesprochen; auch wenn wir wissen, dass uns damit unsere Lieben nicht zurückgegeben werden, haben wir zumindest nach so langer Zeit erlebt, dass ein Urteil gesprochen und unsere Petitionen gehört wurden." Gleichzeitig bedauern die Angehörigen der Opfer, dass in dem Prozess zu keinem Zeitpunkt Themen wie der Genozid, Folter oder Massaker angesprochen wurden. Während der Anwalt der Verteidigung ankündigte, Einspruch zu erheben, bezeichnete auch die Staatsanwältin Rosa Salazar das Ergebnis als zufriedenstellend, "nachdem wir uns durch so viele legale Kleinkriege boxen mussten. Es ist ein gutes Resultat herausgekommen dank der Zusammenarbeit der Personen, die gegen die Verurteilten ausgesagt haben." Im Bericht der Wahrheitskommission CEH wird ein Massaker am 13. März 1982 unter der Regierung von Romeo Lucas García aufgeführt, bei dem laut Bericht im Dorf Río Negro 177 Personen vom Militär umgebracht wurden, nachdem sich die Bevölkerung gegen den Bau des Wasserkraftwerkes Chixoy aufgelehnt hatten. Der REMHI-Bericht detailliert, dass an jenem Tag 12 Militärs in Begleitung von 15 PAC aus der Gemeinde Xococ nach Río Negro kamen und von Haus zu Haus gingen, um nach den Männern zu fragen, die sich jedoch nicht im Ort aufhielten. Daraufhin wurden alle DorfbewohnerInnen zusammengebracht und gezwungen, 3 Kilometer den nächsten Berg hochzusteigen. Dort wurden die Frauen und Kinder auf brutalste Weise umgebracht, laut den ZeugInnen starben dabei 70 Frauen und 107 Kinder. Nach oben |
GemeindevorsteherInnen versichern indes, dass es noch vier weitere Massaker in der Gegend gegeben habe, die aber nicht dokumentiert worden seien. Insgesamt seien dabei 444 Personen ermordet worden. Wenige Tage zuvor war von den Ex-PAC aus zwei unterschiedlichen finanziellen Gründen die Rede gewesen: In Chimaltenango hatten mehrere Ex-PAC die zwei Kongressabgeordneten Efraín Oliva und Jorge Gordillo von der Fraktion Guatemala beschuldigt, diese würden Geldzahlungen fordern, um den dritten Teil der vor mehr als vier Jahren - noch unter Ex-Präsident Alfonso Portillo - begonnenen Auszahlung von Entschädigungsgeldern an die Ex-PAC wegen ihrer "Dienste am Vaterland" voranzutreiben. "Sie bringen unsere Leute ganz durcheinander, denn wir alle warten auf die dritte Auszahlung, und auf einmal kommen sie mit Namenslisten von denen, die das Geld bekommen sollen, aber nur die, die eine Kommission zahlen, würden da drauf stehen", beschwert sich Clemente Culajay, Ex-PAC-Vorsteher des Departements. Salvador Gándara, Koordinationssekretär der Exekutive, versicherte, die Vorwürfe zu untersuchen und bei Bedarf Anzeige gegen die Abgeordneten zu erstatten. Gordillo, einer der Beschuldigten und bis April 2007 Koordinator des Betreuungssekretariats für die Ex-PAC, wies die Anschuldigungen von sich. Derweil denunzierte die Abgeordnete der Partei Encuentro por Guatemala (EG), Nineth Montenegro, eine Reihe von Anomalien rund um den Treuhandfonds "Wälder und Wasser für die Eintracht", der für die erwähnten Auszahlungen an die Ex-PAC eingerichtet worden war. Als Alternativmassnahme zu den Direktauszahlungen wurde unter Ex-Präsident Oscar Berger ein Wiederaufforstungsprogramm gestartet, bei dem die Ex-PAC Bäume pflanzen mussten und dafür einen Lohn bekamen. Im Zusammenhang mit der katastrophalen Zerstörung durch den Tropensturm Stan im Oktober 2005 wurden die Ex-PAC zudem aufgefordert, von diesem Geld 200 Quetzales für den Wiederaufbau zu spenden. Montenegro hat jetzt enthüllt, dass diese Gelder immer noch auf den Konten der Nationalen Kredit- und Hypothekenbank (CHN) liegen, sich zwar inzwischen Zinsen angesammelt hätten, aber die Bank hohe Kontogebühren kassiere. |
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