"Früher waren es Glasperlen, heute sind es Freihandelsabkommen"
Fijáte 414 vom 16. Juli 2008, Artikel 1, Seite 1
Original-PDF 414 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 --- Nächstes Fijáte
"Früher waren es Glasperlen, heute sind es Freihandelsabkommen"
Das International Für Norma Maldonado ist das zur Debatte stehende Assoziationsabkommen zwischen der Seit der Eroberung durch die Spanier diente die regionale Landwirtschaftproduktion der Sättigung des europäischen Marktes. Seit hunderten von Jahren hat sich der Einfluss sowohl des europäischen Kapitals wie auch einer kleiner Anzahl mächtiger europäischer Familien etabliert, die vom Export leben. Die Norma Maldonado ist nicht nur die guatemaltekische Repräsentantin des Gender und Trade-Netzwerks, sondern auch Vertreterin des Frauenkomitees der Kontinentalen sozialen Allianz und Mitglied des guatemaltekischen Netzwerks für Ernährungssouveränität und -sicherheit. Seit vielen Jahren arbeitet sie mit Frauen aus indigenen Basisorganisationen, die sich mit den Themen Handel und Ernährung beschäftigen. Sie ist Verfasserin von didaktischem Material, das auf verständliche Weise über Handel, Markt und neoliberale Eine solche Alternative, die in den letzten Jahren entstand, ist ein Netzwerk von Frauen, die meisten von ihnen Witwen und Überlebende des Massakers von Río Negro, welche ein Projekt lokaler Biodiversität haben. Nach dem Prinzip "von Bäuerin zu Bäuerin" wird Wissen weitergegeben und erworben. Es werden auch wilde und gezüchtete Samen ausgetauscht und verkauft. Im April dieses Jahres organisierten die Frauen eine dreitägige Messe zu einheimischem Saatgut - als Gegengewicht zur zeitgleich in der Region stattfindenden kommerziellen Messe zu genetisch verändertem Saatgut. Im Rahmen der Messe (übrigens bereits die dritte) zu einheimischem Saatgut fanden an zwei Tagen auch Informationsveranstaltungen statt. Diese waren wichtig, um die von den multinationalen Unternehmen lancierten Kampagnen für ihre hybriden Pflanzen in Verruf zu bringen und die Regierungspolitik zu kritisieren, die solche Kampagnen zugunsten der wirtschaftlichen Interessen und auf Kosten der Biodiversität und der Ernährungssouveränität explizit unterstützt. Eine weitere Konfliktquelle zwischen den indigenen Gemeinden und den Interessen der Unternehmen ist das Wasser: "Alle guatemaltekischen Flüssen entspringen in Regionen, die von Indígenas bewohnt sind." Gemäss Norma Maldonado haben die Abholzung der Wälder und der Anbau von Monokulturen für die Exportproduktion zur Folge, dass in vielen Regionen des Landes die Quellen ausgetrocknet sind. Für die indigenen Gemeinden haben |
Die Zivilbevölkerung hat laut Norma Maldonado grosse Probleme, sich in Verhandlungen über Freihandelsabkommen einzubringen. Ein Beispiel dafür war das DR-CAFTA-Abkommen zwischen Zentralamerika, der Dominikanischen Republik und den Das Abkommen zwischen der EU und Zentralamerika enthält im Gegensatz zum DR-CAFTA eine so genannte "demokratische Klausel", die nebst dem freien Handel einen "politischen Dialog" und die "Kooperation" einbezieht. Dazu Norma Maldonado: "Man spricht von einem politischen Dialog, aber was wir davon sehen, ist genau das Gegenteil. Die Zivilgesellschaft wird nicht einbezogen, es gibt keine Transparenz und keine Klarheit darüber, was überhaupt verhandelt wird. Der Bevölkerung wird bloss mitgeteilt, welche Themen diskutiert werden, aber sie hat keinerlei Möglichkeiten, an den Verhandlungen teilzunehmen oder diese zu beeinflussen. Die Kooperation ist eine von der EU für die Periode von 2007 - 2011 im Rahmen der regionalen Integration definierte Strategie, aber auch hier ist klar, dass es bei dieser Kooperation vor allem um den Bau von Infrastruktur geht, was schliesslich wiederum dem Handel und den Unternehmen dient." Nebst dem Mangel an Möglichkeiten für eine reale Partizipation an den Verhandlungen (das gilt auch für die europäische Zivilgesellschaft), befinden sich die zentralamerikanischen zivilgesellschaftlichen Organisationen zusätzlich in einem Interessenskonflikt: Die Tatsache, dass das Auch die europäischen zivilgesellschaftlichen Organisationen müssen eine klare Position zum aktuellen Wirtschaftsmodell definieren, die als Grundlage für eine starke Allianz mit ihren zentralamerikanischen Partnern dient. Norma Maldonado ist überzeugt, dass das Assoziationsabkommen mit der EU ernsthafte Konsequenzen für die zentralamerikanische Wirtschaft haben wird. Sie fordert von der europäischen Zivilgesellschaft weder Barmherzigkeit noch Solidarität, sondern die Übernahme von Verantwortung bei der Veränderung eines Wirtschaftsystems, das die natürlichen Ressourcen und damit die Lebensgrundlage von indigenen Gemeinden zu zerstören droht. "Das Assoziationsabkommen legitimiert und legalisiert die bereits stattfindende Ausbeutung. Während der Conquista waren es Glasperlen, heute sind es Freihandelsabkommen. Es ist ein sehr kurzsichtiger Blick auf das Leben und auf unseren Planeten, der nur den heutigen Gewinn im Auge hat und nicht in die Zukunft schaut. Es werden Territorien zerstört, die über Jahrhunderte von den indigenen Völkern gehegt und gepflegt wurden. Wir sind bedroht von grossen Unternehmen, und wir sind einer Aggression ausgesetzt, die unser Leben, unsere Kultur und unsere Zukunft bestimmt. Wenn man auf die 'Entwicklung' setzt, die das Assoziationsabkommen predigt, wird es keine nächste Generation mehr geben. Wir müssen einen Weg finden, um den ganzen Prozess zu stoppen, denn die Menschen können nicht mehr, und die Erde kann nicht mehr." |
Original-PDF 414 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 --- Nächstes Fijáte