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"Früher waren es Glasperlen, heute sind es Freihandelsabkommen"

Fijáte 414 vom 16. Juli 2008, Artikel 1, Seite 1

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"Früher waren es Glasperlen, heute sind es Freihandelsabkommen"

Die Zivilbevölkerung hat laut Norma Maldonado grosse Probleme, sich in Verhandlungen über Freihandelsabkommen einzubringen. Ein Beispiel dafür war das DR-CAFTA-Abkommen zwischen Zentralamerika, der Dominikanischen Republik und den VGUSANF: es wurde hinter verschlossenen Türen ausgehandelt und war dermassen abstrakt, dass man erst viel zu spät die Gefahren und Konsequenzen erkannte, die es in sich barg. Die Zivilgesellschaft musste sich sämtliche Informationen über die Inhalte des Abkommens selber beschaffen, während die Regierung einen populistischen Diskurs über die Vorteile des Abkommens führte. Als es neun Monate später trotz massiver Proteste seitens der Zivilgesellschaft und zwei toten Demonstranten unterzeichnet wurde, mussten unzählige Verfassungsänderungsanträge eingereicht werden, um den Schutz der US-amerikanischen Interessen und Investoren zu garantieren.

Das Abkommen zwischen der EU und Zentralamerika enthält im Gegensatz zum DR-CAFTA eine so genannte "demokratische Klausel", die nebst dem freien Handel einen "politischen Dialog" und die "Kooperation" einbezieht. Dazu Norma Maldonado: "Man spricht von einem politischen Dialog, aber was wir davon sehen, ist genau das Gegenteil. Die Zivilgesellschaft wird nicht einbezogen, es gibt keine Transparenz und keine Klarheit darüber, was überhaupt verhandelt wird. Der Bevölkerung wird bloss mitgeteilt, welche Themen diskutiert werden, aber sie hat keinerlei Möglichkeiten, an den Verhandlungen teilzunehmen oder diese zu beeinflussen. Die Kooperation ist eine von der EU für die Periode von 2007 - 2011 im Rahmen der regionalen Integration definierte Strategie, aber auch hier ist klar, dass es bei dieser Kooperation vor allem um den Bau von Infrastruktur geht, was schliesslich wiederum dem Handel und den Unternehmen dient."

Nebst dem Mangel an Möglichkeiten für eine reale Partizipation an den Verhandlungen (das gilt auch für die europäische Zivilgesellschaft), befinden sich die zentralamerikanischen zivilgesellschaftlichen Organisationen zusätzlich in einem Interessenskonflikt: Die Tatsache, dass das VGCCNF-SICA (die Instanz, die offiziell für den Einbezug der regionalen Zivilgesellschaft in die Diskussion über das AdA zuständig ist) von der EU finanziert wird und die Art ihrer bisherigen Konsultationen lassen an ihrer "Neutralität" zweifeln. Dazu Norma Maldonado: "Viele Organisationen denken, dass sie die EU nicht kritisieren dürfen, weil sie finanzielle Unterstützung von europäischen Organisationen bekommen - die möglicherweise ebenso gegen das neoliberale Modell sind, aber man weiss das nicht immer so genau. Die Kooperation seitens der EU ist ein Instrument, um einerseits Verwirrung zu stiften und um anderseits etwas Kosmetik aufzutragen, hinter der die wirklichen Interessen versteckt werden können. Sie ist ein Manipulationsfaktor, um ganz bestimmte Zwecke zu erreichen. Unsere Völker haben seit mehr als 500 Jahren mit Europa kooperiert - Europa hat eine historische Schuld uns gegenüber!"

Auch die europäischen zivilgesellschaftlichen Organisationen müssen eine klare Position zum aktuellen Wirtschaftsmodell definieren, die als Grundlage für eine starke Allianz mit ihren zentralamerikanischen Partnern dient. Norma Maldonado ist überzeugt, dass das Assoziationsabkommen mit der EU ernsthafte Konsequenzen für die zentralamerikanische Wirtschaft haben wird. Sie fordert von der europäischen Zivilgesellschaft weder Barmherzigkeit noch Solidarität, sondern die Übernahme von Verantwortung bei der Veränderung eines Wirtschaftsystems, das die natürlichen Ressourcen und damit die Lebensgrundlage von indigenen Gemeinden zu zerstören droht. "Das Assoziationsabkommen legitimiert und legalisiert die bereits stattfindende Ausbeutung. Während der Conquista waren es Glasperlen, heute sind es Freihandelsabkommen. Es ist ein sehr kurzsichtiger Blick auf das Leben und auf unseren Planeten, der nur den heutigen Gewinn im Auge hat und nicht in die Zukunft schaut. Es werden Territorien zerstört, die über Jahrhunderte von den indigenen Völkern gehegt und gepflegt wurden. Wir sind bedroht von grossen Unternehmen, und wir sind einer Aggression ausgesetzt, die unser Leben, unsere Kultur und unsere Zukunft bestimmt. Wenn man auf die 'Entwicklung' setzt, die das Assoziationsabkommen predigt, wird es keine nächste Generation mehr geben. Wir müssen einen Weg finden, um den ganzen Prozess zu stoppen, denn die Menschen können nicht mehr, und die Erde kann nicht mehr."


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