In Memoriam an die Opfer
Fijáte 328 vom 16. Feb. 2005, Artikel 2, Seite 2
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In Memoriam an die Opfer
Guatemala, 01. Februar. Um 15 Uhr, zur selben Stunde, in der am 31. Januar vor 25 Jahren ihre Väter, Brüder und Freunde im Feuer in der Spanischen Botschaft starben, zogen Hunderte von Menschen vom Park Morazán aus zum Platz der Konstitution, um Gerechtigkeit zu fordern. Sie trugen 39 schwarz eingehüllte Särge und weisse Kreuze. Am 31. Januar 1980 ab 11 Uhr betrat eine Gruppe von 27 Personen, vornehmlich BäuerInnen aus dem Departement Quiché, begleitet von Studierenden der Universität San Carlos (USAC) friedlich die Spanische Botschaft. Sie störten damit ein Treffen des Botschafters Máximo Cajal mit Adolfo Molina Orantes, Ex-Aussenminster, Eduardo Cáceres Lenhoff, Ex-Vizepräsident und dem Juristen Mario Aguirre Godoy. Botschafter Cajal versicherte den Eindringlingen, dass er dafür sorge, dass ihre Forderungen bis zur spanischen Regierung und anderen befreundeten Staaten gelangten und forderte sie zum Verlassen des Gebäudes auf, denn, sollte die Nachricht der Besetzung bekannt werden, könnte die Polizei anrükken und unnötige Gewalt provozieren. Doch die BäuerInnenanführer und Studierenden widersetzten sich, sie waren bereit, einige Tage in der Botschaft auszuharren und hatten sich dafür mit Nahrungsmitteln ausgerüstet. Sie hängten Fahnen und Plakate aus den Fenstern des diplomatischen Sitzes mit der Aufschrift "Wir verurteilen das Massaker von Chajul", so der Bericht der Wahrheitskommission (CEH). Drei Stunden später, nach vergeblichen Versuchen des Botschafters Cajal, die guatemaltekische Regierung zu kontaktieren, was auch dem damaligen spanischen Aussenminister Marcelino Oreja nicht gelang, um die bevorstehende Invasion der Polizei zu verhindern, wurde die Botschaft von dieser gestürmt. ,,Holt sie da heraus, egal wie", lautete laut ZeugInnenaussagen der drastische Befehl des damaligen Präsidenten Lucas García an den amtierenden Innenminister Donaldo Álvarez, der den Polizeichef entsprechend instruierte. An- gesichts dessen forderten die BesetzerInnen die Präsenz des Präsidenten des Roten Kreuzes und von JournalistInnen, um zu garantieren, dass sie nicht getötet würden, sowie einen Bus, um sich sofort zur Universität San Carlos zu begeben. Doch die Polizei akzeptierte keine Bedingungen und drang mit Beilen und Spitzhacken in das Gebäude ein. Ab 13 Uhr waren die Telefonleitungen der Botschaft abgeschnitten, um 15 Uhr stand das Büro des Botschafters, in dem alle Besetzenden Zuflucht gesucht hatten, in Flammen. Auf der Strasse, wo AugenzeugInnen schrien, ,,sie verbrennen am lebendigen Leib", blieb die Polizei bewegungslos. Die Feuerwehr griff erst nach zehn Minuten ein und nach drei Minuten war alles vorbei. Odette Arzú, Zuständige vom Roten Kreuz, der der Eintritt ins Gebäude verwehrt wurde, berichtet, dass einer der Polizeikommissare schrie ,,es darf keiner, kein Zeuge übrig bleiben". Drei Menschen überlebten den Brand. Der Anwalt Mario Godoy hatte die Botschaft kurz vor dem Brand verlassen, Botschafter Máximo Cajal entkam mit geringen Verletzungen durch die in Flammen stehende Tür während der Landarbeiter Gregorio Yujá unter den anderen aufgestapelten Leichen lag und dadurch vor den Flammen geschützt wurde. Er wurde gemeinsam mit Cajal in ein Krankenhaus gebracht, doch kurz darauf von Bewaffneten entführt. Seine Leiche wurde wenige Tage später mit Zeichen der Folter vor dem Rektorat der Universität San Carlos aufgefunden. Cajal, beschützt von seinen diplomatischen KollegInnen, wurde ins Haus des US-Botschafters gebracht. Gemäss der Aussagen der Ehefrau Cajals beschleunigte das bewaffnete Attentat selbst auf diese Residenz die Flucht des Botschafterpaares aus dem Land. In den frühen Morgenstunden des 2. Februar stellte die Nationalpolizei einen Sicherheitsring auf und als die Angehörigen, FreundInnen und sozialen AktivistInnen am Leichenzug der Opfer teilnahmen, wurden die StudentInnenführer Gustavo Adolfo Hernández und Jesús España ermordet, während Liliana Negreros und drei weitere Studierende spurlos verschwanden. Im März desselben Jahres wurde die Leiche Negreros auf einem geheimen Friedhof in der Nach oben |
Nähe der Departementshauptstadt von Comalapa gefunden. Nun wird in Spanien der Prozess aufgenommen, beschränkt auf die Ermittlungen um die getöteten spanischen StaatsbürgerInnen in der Botschaft und erweitert um einige ermordete spanische Priester, die sowohl Morddrohungen erhalten hatten als auch schliesslich vom Militär willkürlich umgebracht worden sind. Die Schuldigen geniessen heute ihre Freiheit, manche von ihnen sogar noch mit dem Streben, das Land zu dirigieren. In diesem Kontext, dürfen die Namen nicht verschwiegen werden von denen, die damals an der Front der ,,Sicherheitsapparate" standen: Romeo Lucas García, der unbehelligt im Land lebt, Donaldo Álvarez Ruiz, derzeit flüchtig, Pedro García Arredondo, Parteimitglied der Republikanischen Front Guatemalas (FRG) und Bürgermeister in Santa Rosa, Germán Chupina Barahona und später auch Efraín Ríos Montt. Viele andere stehen auf den Listen der Anzeigen und Zeugenaussagen, die von der Wahrheitskommission aufgenommen wurden. |
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