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"Das Urteil im Fall Gerardi ist für uns ein Triumph"

Fijáte 332 vom 13. April 2005, Artikel 1, Seite 1

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"Das Urteil im Fall Gerardi ist für uns ein Triumph"

ich als Anwalt beispielsweise in den Fall des Präsidenten der Tageszeitung VGelPeriódicoNF Zamora involviert war, nutzen wir diese Situation nicht aus, um mit Artikeln in elPeriódico unsere Situation zu stärken. In dieser Zeitung gibt es sogar viele KolumnistInnen, die gegen uns argumentieren und nur sehr wenige unterstützen unsere Position. Es war, als ob jene Personen den ersten Stein werfen würden und auf uns ein ganzer Steinregen fällt. Dennoch, angesichts der Bombe, die dieses Buches darstellte, wurde das ODHAG in den Medien ignoriert. Uns kommt es auch zugute, dass nichts von der Arbeit publiziert wird, die wir realisieren. Denn in diesem Masse wird garantiert, dass unsere Arbeit vorsichtiger, klüger und sicherer ist. Wir sind nicht daran interessiert, uns der öffentlichen Meinung zu beugen wegen eines Bedürfnisses, das nicht das wirkliche ist. Unser Bedürfnis ist, die Wahrheit zu finden. Wir hoffen allein darauf, dass die Zeit uns Recht gibt vor der öffentlichen Meinung. Was uns betrifft, insistiere ich: Es wurden keine Unschuldigen verurteilt, sondern Personen, die Verbrechen begangen haben. Was zum Beispiel nicht bekannt ist, ist, dass der Hauptmann Lima Oliva nicht nur wegen des Todes von Monsignore Gerardi verurteilt ist, sondern auch wegen Erpressung von Leuten, indem er falsche Ausweise der VGNationalpolizeiNF benutzte, und so was macht nur ein Krimineller. Frage: Laut Medien gab es auch konkrete Bedrohungen gegenüber den in den Fall involvierten BeamtInnen. M. D.: Das stimmt. Die RichterInnen sind unter Druck gesetzt worden. Die Richterin Palencia de Cid und der Richter Pineda sind von bewaffneten Männern eingeschüchtert worden. Eine solche Verfolgung und Aggression erschwert die Arbeit natürlich. Ich weiss nicht, ob Du zu der Sitzung der Urteilsverkündigung gekommen bist: Es näherte sich ein Mann, ganz offensichtlich ein Militär, mit einer Kamera und hat alle Leute, die darauf warteten, in den Saal hineinzukommen, fotografiert. Ein klarer Fall von Einschüchterung. Frage: Eine Richterin hat ihre Stimme zu Gunsten der Angeklagten mit vermeintlichen Falschaussagen und der Nichtbeachtung gültiger Beweise begründet. Inwieweit stimmt ihr Vorwurf gegen das Gericht? M. D.: Der Einspruch der Richterin Edna Najéra de Portillo, von der ihre Ver-

bindung zu den Militärs bekannt ist und die die Schwester eines VGFRGNF-Abgeordneten ist, ist nichtig. Sie empfiehlt, die Debatte zu wiederholen, mit Argumenten, die längst diskutiert worden sind und die bereits vom VGHöchsten GerichtshofNF angehört wurden. Dieses hat ein entsprechendes Urteil verkündet, auch vom VGVerfassungsgerichtNF wurden die Argumente abgewertet, sie sind nicht rechtskräftig. Dennoch greift diese Dame auf dieselben Argumente zurück, um ihr Gesicht vor ihren Leuten zu wahren. Aber damit kommt sie nicht weit, im Gerichtsprozess kann dieser Rekurs nicht gedeihen. Frage: Waren dies denn ihre einzigen Argumente für ihre Haltung? M. D.: Ja, aber es ist ein Plädoyer, das keine Substanz hat. Wir glauben, dass sie das Urteil gefällt hat, um eindeutig die Militärs zu bevorzugen, auch dann noch, als es zur zweiten Debatte kam. Ich weise daraufhin, dass auch sie nicht behauptet hat, die Militärs seien unschuldig. Ich möchte noch einmal betonen: Angesichts all dieser widrigen Umstände ist das Urteil, dass die Lima keine Täter sondern Komplizen sind, aber trotzdem sie die Verantwortung für das Verbrechen tragen, für uns ein Triumph. Frage: Laufen denn noch Ermittlungen, um den oder die ,,wahren Täter" auszumachen? M. D.: Auf jeden Fall, die Ermittlungen sind nicht stecken geblieben, wir machen weiter, wir sind absolut davon überzeugt, dass die verurteilten Personen, die Verantwortlichen sind. Frage: Könnten sie denn noch als ,,Täter" verurteilt werden? M. D.: Nein, eine Person kann ja nicht zweimal aufgrund der gleichen Tatsachen verurteilt werden. Berücksichtigen wir eine Sache: Als der Prozess gegen die Verurteilten aufgenommen wurde, waren die Bedingungen andere. Die Beweise waren sehr eingeschränkt, sie waren nicht die idealsten. Man muss die Verschleierungen in Rechnung ziehen, die Drohungen und erlittene Verfolgung. RichterInnen und StaatsanwältInnen mussten wegen dieses Falles ins Exil gehen. Was erreicht wurde, war für jenen Moment ziemlich viel, es reichte aus, um die Personen zu verurteilen. Der Prozess war eingeschränkt durch die widrigen Konditionen. Obwohl die Information, die jetzt vorliegt, vollständiger ist, können wir die Zeit nicht zurückdrehen und diese Beweise gegen diese Personen vorlegen. Der Prozess in einer legalen Diskussion wird bedingt durch Fristen, Formalismen und Notwendigkeiten, die die Verteidigung der Angeklagten garantieren. Doch die Beweise die uns jetzt vorliegen, weisen nicht nur auf die Verantwortung der verurteilten Personen hin sondern auch auf die Beteiligung von anderen Leuten an dem Verbrechen. Frage: Welches werden die nächsten Schritte der ODHAG in diesem Fall sein? M. D.: Nun, wir werden unsere Ermittlungen weiterverfolgen und die Rah-

menbedingungen für ein zweites Gerichtsverfahren schaffen für diejenigen, die laut unseren Beweisen ebenfalls in den Fall involviert und schuldig sind. Frage: Der Fall Gerardi ist wohl das Beispiel schlechthin für die Konfrontation zweier wichtiger Mächte in Guatemala... M. D.: Es sind die zwei wichtigsten des Landes: die Kirche und das Militär. Ich glaube, dass der Tod von Monsignore Gerardi zudem die Schwere des Konflikts zeigt. Die Kirche hat sich in die Ermittlungen all der Verbrechen eingemischt, die während des internen bewaffneten Konflikts begangen wurden, was sich im Bericht des Projekts zur Wiedererlangung der Historischen Erinnerung REMHI widerspiegelt und die in ihrer Mehrheit dem Militär zugeschrieben werden. Und rund 50 Stunden später ist Monsignore tot. Glauben zu machen, dass es ein Verbrechen innerhalb des Haushalts gewesen sei oder ein Mord aus Leidenschaft oder die These, dass eine SatanGruppe im Verbrechen verwickelt sei, oder der Organhandel oder der Raub von Kirchenbildern und ­wertgegenständen und ähnliches, all das gehört zur Taktik derer, welche die Wahrheit zu verschleiern versuchen. Vielen Dank für das Gespräch!


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