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Frauen kämpfen um ihren Zugang zu Land

Fijáte 380 vom 07. März 2007, Artikel 1, Seite 1

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Frauen kämpfen um ihren Zugang zu Land

Dabei stiess die Einforderung ihres Rechts auf Landbesitz für sie als Ehefrauen auf vehementen Widerstand seitens der Männer, vor allem, da diese Forderung als eine Überschreitung der "angemessenen Ansprüche einer Frau" betrachtet wurde. Die Existenz einer rechtlichen Grundlage für ihr Anliegen, wie der Paragraph im Wiederansiedlungsvertrag, aber auch der Mandato Legal, der mit entsprechendem Insistieren eingesetzt werden konnte, und insbesondere das Wissen darum, halfen den Frauen von Nueva Libertad, ihre Interessen durchzusetzen. Gleichzeitig war die Frauenorganisation VGMama MaquinNF(1) im gesamten Landaneignungsprozess der Frauen von zentraler Bedeutung. Nur die organisierten Frauen im Exil tauchten überhaupt in den Mandatos Legales auf, und nur der kollektive Kampf um die Mitgliedschaft in der Kooperative verhalf den Frauen in Nueva Libertad letztendlich zu eigenem Landbesitz.

Doch auch hier wird dieser durch den Privatisierungsprozess erneut bedroht. Einerseits geben die Ehemänner vor, die Formalitäten der Registrierung durchzuführen und tragen das Land letztendlich nur auf ihren Namen ein. Andererseits fehlen den Frauen oft die finanziellen Mittel für den nötigen Eintrag in das Eigentumsregister.

Zugang zu Land beim FONTIERRAS

Auch beim 1999 gegründeten FONTIERRAS sehen sich die Frauen verschiedenen Hindernissen gegenüber, die ihre formalen Rechte für ihre effektive MiteigentümerInnenschaft untergraben. Der Art. 20 des Gesetzes des FONTIERRAS schreibt vor, alle Landtitel auf beide EhepartnerInnen bzw. PartnerInnen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft auszustellen. Trotz der expliziten Verpflichtung, Frauen in besonderem Masse zu berücksichtigen, liegt die direkte Beteiligung von Frauen im Aktionszeitraum der Institution konstant bei 11%. Diese Zahl muss vor dem Hintergrund der negativen Bilanz des FONTIERRAS insgesamt und der geringen Reichweite im Hinblick auf die gestellten Anträge betrachtet werden, von denen bloss 2% erfolgreich behandelt wurden.

Zudem besteht bei der Antragsstellung die Pflicht, sich als LandwirtIn auszuweisen. Zwar muss dieser Nachweis nicht mehr durch einen Eintrag im Ausweis erbracht werden, sondern es genügt eine Bestätigung des Bürgermeisters. Ungeachtet dieser vermeintlichen Erleichterung, ist dieses Requisit ein faktischer Ausschlussmechanismus für Frauen. Denn aufgrund geschlechtsspezifischer Wahrnehmung werden sie meist nicht als Landwirtinnen anerkannt, wodurch die Erlangung des Nachweises erheblich erschwert wird.

Als weiteres Hindernis sind die notwendigen VGSpanischkenntnisseNF anzuführen, wodurch viele indigene Frauen von vornherein vom Antragsprozess ausgeschlossen sind. Der Hauptsitz des FONTIERRAS in Guatemala-Stadt, in dem ein signifikanter Teil der Formalitäten abgewickelt wird, verfügt über kein Personal mit bilingualen Kapazitäten.

Der zentrale Ausschlussmechanismus ist auch hier, wie im zuvor erläuterten Landprogramm, der notwendige Status der juristischen Person als Teilnahmevoraussetzung. 1998 werden zwar die Artikel 109-115 des Zivilrechtes, welche die Repräsentation der Familie betreffen, modifiziert. Fortan gelten beide PartnerInnen einer Ehe oder einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft als Haushaltsvorstand, während dies zuvor nur dem Mann zugestanden wurde.

Entgegen der zivilrechtlichen Änderung, gilt in der Praxis bei juristischen Personen nach wie vor der Mann als Haushaltsvorstand. Dieser wird daher Mitglied der Kooperative. Auch wenn in den Gründungsunterlagen der juristischen Person Frau und VGKinderNF im Zusammenhang mit dem Haushaltsvorstand auftauchen, enthält die eigentliche Mitgliederliste der Kooperative nur die (meist männlichen) Haushaltsvorstände. Somit sind die Frauen beim Landeintrag de facto ausgeschlossen. Die einzige Berücksichtigung von Frauen entsteht im Todesfalle des Mannes oder bei Trennung. In diesen Fällen haben Frauen Anspruch auf das Land.

Doch viele Frauen kennen ihr Recht auf Miteigentümerinnenschaft gar nicht. Zudem verlangen einige Anwälte zusätzliches Honorar für die Eintragung von Frauen auf dem Landtitel.

Neben dieser realen Exklusion zeigt auch der Umgang mit Daten die Vernachlässigung von geschlechtsspezifischen Aspekten. Der Rechenschaftsbericht 2002 des FONTIERRAS enthält erstmals geschlechterdifferenzierte Daten, da er die begünstigten Familien mit weiblichem Haushaltsvorstand (vorwiegend alleinerziehende Mütter) aufführt. Es wird jedoch weiterhin versäumt, die Anzahl der Miteigentümerinnen aufzuführen. Die digitalen Mitgliederlisten der einzelnen Fälle enthalten nur selten verheiratete Frauen. Es ist anzunehmen, dass die Ursachen hierfür bei der mangelnden Dokumentation sowie der Missachtung der gesetzlichen Normen liegen. Bei der Überprüfung von einigen Einträgen von bereits abbezahlten Fincas im nationalen Eigentumsregister, ist in acht (von 23 untersuchten) Fällen die MiteigentümerInnenschaft beider PartnerInnen eingetragen, ohne dass dies in der Dokumentation des FONTIERRAS vermerkt ist. In einem Fall sind sogar alle Frauen gleichberechtigte Mitglieder der juristischen Person mit eigenem Landanspruch (Individualbesitz) - ohne einen Hinweis im Bericht des Fonds. Die restlichen Eintragungen enthalten keine Angaben zu potentiellen Miteigentümerinnen.

Trotz der Einrichtung einer Abteilung für die Bäuerinnen beim FONTIERRAS (der Unidad de la mujer campesina) und der Tatsache, dass neuerdings direkt begünstigte Frauen in Statistiken Berücksichtigung finden, erweisen sich die Verpflichtungen, Frauen stärker einzubeziehen, als gehaltlos. Der mangelnde Wille, Geschlechterstrukturen zu transformieren, zeigt sich in der Weigerung des FONTIERRAS, seine Mitverantwortung beim Ausschluss von Frauen anzuerkennen und diesem entgegenzuwirken, beispielsweise durch eine Modifizierung der Teilnahmebedingung der juristischen Person.

Die Unterlassung, Frauen Zugang zu Land zu gewähren, wenn dem VGHaushaltNF ein Mann angehört, zeigt die Beständigkeit eines Geschlechterverständnisses, in dem der Mann als Ernährer betrachtet wird. Dies impliziert die Verleugnung des Beitrags von Frauen zum Überleben der Familien. Der FONTIERRAS bildet hierbei keine Ausnahme, obwohl das Gründungsgesetz explizit den VGGenderNF-Aspekt aufgreift.

Letztendlich erweisen sich die Vorschriften in den Landprogrammen als zu schwach, um die Berücksichtigung von Frauen bei der Landvergabe garantieren zu können. Ihre Umsetzung hängt im Endeffekt vom Engagement der betroffenen Frauen bzw. dem Einverständnis der Männer ab.

Fußnote 1: Mama Maquin ist die erste Frauenflüchtlingsorganisation und wurde von 47 Frauen 1990 in Palenque, VGMexikoNF gegründet.


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