Keine SAAS-Sicherheit mehr für AktivistInnen
Fijáte 409 vom 07. Mai 2008, Artikel 5, Seite 5
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Keine SAAS-Sicherheit mehr für AktivistInnen
Guatemala, 29. April. Offenbar auf Vorschlag des Chefs des Präsidialen Sekretariates für Administrative Angelegenheiten und Sicherheit (SAAS) hat das Kabinett von Álvaro Colom angeordnet, den Personenschutz durch Agenten des SAAS von allen Personen des öffentlichen Lebens abzuziehen, die nicht zur Regierung gehören. Argumentiert wird diese Entscheidung damit, das SAAS werde umstrukturiert und ausserdem sei dessen genuine Aufgabe ausschliesslich der Schutz des Präsidenten und dessen Familie, für alle anderen sei es nicht spezialisiert und somit nicht zuständig. Derweil benennt jedoch das SAAS-Gesetz im Artikel 3:i) als Aufgabe der Institution auch das "Ausführen jeglicher anderer Funktion oder Befugnis, die ihm dieses Gesetz zuweist oder die ihm, nach vorheriger fachlicher Begutachtung des Ursprungs, zugewiesen wird und dem Wesen und Zweck des SAAS entspricht." Eine der Betroffenen ist Helen Mack, Leiterin der Myrna Mack-Stiftung, die seit Beginn des Prozesses wegen des Mordes an ihrer Schwester Myrna mehreren Attentatsversuchen ausgesetzt war. Nachdem anfangs der damalige Vizepräsident Juan Francisco Reyes López den SAAS-Schutz für Helen entschied, trug vor vier Jahren der Interamerikanische Menschenrechtsgerichtshof dem Staat Guatemala auf, der Aktivistin Personenschutz zu gewähren, gemäss dem gemeinsamen Beschluss wurde diese Aufgabe weiterhin dem SAAS übertragen. Eine besondere Dreistigkeit beging Colom-Sprecher Fernando Barillas mit seiner Behauptung, Helen Mack müsse die Entscheidung des SAAS-Rückzugs schlicht und einfach akzeptieren, auch wenn sie sich an ihre Bodyguards gewöhnt habe. Damit entblösste er zudem seine Unkenntnis darüber, dass es ja gerade AgentInnen der Vorgängerinstitution des SAAS, nämlich des inzwischen aufgelösten Präsidialen Generalstabs (EMP), gewesen sind, die als Verantwortliche für die aussergerichtliche Hinrichtung von Myrna Mack verurteilt wurden. Regierungssprecher Ronaldo Robles versichert derweil, der guatemaltekische Staat sei durchaus bereit, die Anordnung des Gerichtes zu erfüllen, deswegen würden ab jetzt AgentInnen der Nationalen Zivilpolizei (PNC) die Sicherheitsmassnahmen ausführen. Doch Iduvina Hernández, Leiterin des Instituts Sicherheit in der Demokratie, ist überzeugt, dass die Schutzaufgabe von Helen Mack und anderen MenschenrechtsaktivistInnen so anspruchsvoll sei, dass sie nicht von irgendwelchen Sicherheitskräften geleistet werden könne. Mit ihrer Kritik geht es Hernández aber in erster Linie um die rechtliche und moralische Verpflichtung des Staates gegenüber denjenigen, die zu Gunsten der Demokratie und der Stärkung des Rechtsstaates ihre eigene Sicherheit aufs Spiel setzen. In einem Kommuniqué wundert sich die Myrna-Mack-Stiftung über die Aussage von Präsident Colom in einem Interview zum Thema, laut der er kein Risiko eingehen wolle, dass er oder sein Sicherheitsteam für irgendwelche Vorkommnisse zur Verantwortung gezogen würden, die bestimmten Personen zustossen könnten. Er selbst, so meint die Stiftung, sei sich demnach im Klaren über das Risiko, in dem die AktivistInnen sich befinden - und der Möglichkeit, jegliche Tat gegen diese könnte ihm und seinen Sicherheitsstrukturen zur Last gelegt werden. Doch genau diese Verantwortung werde die Stitftung seiner Regierung antragen, sollte diese nicht schleunigst die Sicherheitsmassnahmen garantieren und irgendwem aus der Stiftung etwas passieren. Nach oben |
Helen Mack wurden bereits die Lebensläufe von mehreren PNC-Kandidaten zugesendet, aus denen sie sich die Personen auswählen soll, die ihr als künftige Bodyguards genehm sind. Weitere Personen, denen der SAAS-Schutz entzogen wurde, sind José Carlos Marroquín, ehemaliger Kampagnen-Berater des Präsidentschaftskandidaten Álvaro Colom und Sohn des Direktors der Tageszeitung La Hora, Óscar Clemente Marroquín. Weiter Carlos Castresana, Chef der Internationalen Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) und Nineth Montenegro, Abgeordnete der Partei Encuentro por Guatemala. Der Bischof der Diözese San Marcos, Álvaro Ramazzini, der aufgrund seiner Opposition gegen den Minenabbau und die Zerstörung der Umwelt ständig Morddrohungen erhält, hatte Ende des letzten Jahres selbst darum gebeten, die SAAS-Leute abzuziehen und meinte dazu: "Ich wusste schliesslich, dass es einen Regierungswechsel geben würde, deshalb habe ich mich bedankt. Als sie mir 2005 Personal vom SAAS gaben, war das wegen der Drohungen gegen mich und weil Ex-Präsident Berger es mir angeboten hatte. Jetzt leisten sie Geländeschutz in der Umgebung meines Hauses, aber die Diözese hat Vertrauenspersonen unter Vertrag genommen." |
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