Who is Who - Kräftemessen in der Regierung von Álvaro Colom
Fijáte 411 vom 04. Juni 2008, Artikel 1, Seite 1
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Who is Who - Kräftemessen in der Regierung von Álvaro Colom
Die Regierung von Álvaro Colom und seine Partei der Nationalen Einheit der Hoffnung ( Die ExekutiveDie wichtigste Gruppe bewegt sich im näheren Umfeld von Álvaro Colom und seiner Ehefrau Es gibt eine zweite Gruppierung, die sich auch in der Exekutive bewegt und ebenfalls Colom nahesteht, deren Mitglieder aber alles andere als sozialdemokratische Wurzeln haben oder gar aus der Linken stammen, sondern UnternehmerInnen und VertreterInnen transnationaler Konzerne sind. Sie haben den politischen Werdegang von Colom seit seinem Austritt aus der ANN finanziert. Dazu gehören Männer wie Carlos Meany, der als Energieminister amtet, Jeronimo Lancerío, der als einziger Indígena in Coloms Kabinett den Posten des Kulturministers innehat, oder der Ex-General und Vieh- und Rassepferdezüchter Carlos Quintanilla, heute Leiter des Sicherheitssekretariats Die LegislativeEine dritte Machtgruppe innerhalb der Regierung von Álvaro Colom agiert aus dem Kongress und schart sich um den wiedergewählten Abgeordneten und Kongresspräsidenten Eduardo Meyer Maldonado. Der Traumatologe war Anfang der 90er Jahre ebenfalls Rektor der Universität San Carlos. Eng mit ihm verbandelt ist der ebenfalls wiedergewählte Abgeordnete César Fajardo, der im Jahr 2006 die Parlamentarische Wahlkommission präsidierte, welche die Wahlreformen erarbeitete, die bei den Wahlen 2007 in Kraft traten und z.B. die Mindestmitgliederzahlen für Parteien erhöhte, damit diese überhaupt zu den Wahlen antreten konnten. Fajardo wird nachgesagt, er habe enge Beziehungen zu ehemaligen Hardlinern des |
Eine andere UNE-Abspaltung innerhalb des Kongresses gruppiert sich um Manuel Baldizón Tager, ein Unternehmer aus dem Eine weitere Gruppe von UNE-Abgeordneten, die eine Einheit innerhalb des Kongresses bilden, haben dem Präsidenten nahegelegt, die Verstaatlichung der zwei privaten Stromverteilungsunternehmen in Betracht zu ziehen, was Colom jedoch ablehnte. Daneben gibt es noch ein paar dem Präsidenten nahestehende Abgeordnete, die als Einzelpersonen auftreten wie z.B. der bereits erwähnte Mario Taracena, Roberto Kestler oder Roberto Alejos Was hier klar ersichtlich wird ist, dass es innerhalb der UNE-Abgeordneten an einer Person fehlt, die das Ganze zusammenhalten und eine gewisse Einigkeit und Ruhe in die Fraktion bringen könnte. Auch gibt es niemanden, nicht einmal den Präsidenten selber, der von ausserhalb Einfluss auf die UNE-Abgeordneten hat. Es fehlt sowohl an politisch verlässlichen Personen wie auch an einer Figur, welche die Brücke zwischen Legislative und Exekutive bilden könnte. Im Gegenteil: ein Teil der Abgeordneten äusserte deutlich ihr Missfallen darüber, dass der Präsident ihnen nach gewonnenen Wahlen nicht einen Job in irgendeinem Ministerium angeboten und von vornherein Quoten und jegliche familiären oder geographischen Begünstigungen ausgeschlossen hat. Ein weiterer Machtpol innerhalb der Regierung der UNE dreht sich um die Bereiche Sicherheit, Militär und Die neue Regierung befindet sich in einer Zeit der Justierung und der Umjustierung, in der es sehr darauf ankommt, wie Colom mit dem Druck umgeht, der von verschiedenen Seiten innerhalb der Partei auf ihn ausgeübt wird. Es ist eine Zeit der Standortbestimmung und Standortneubestimmung, ein Prozess des Definierens und Umdefinierens innerhalb der Strukturen der Partei. Das Zentrum der Macht innerhalb der Regierung ist weder Colom noch seine Ehefrau Sandra Torres. Es sind auch nicht die PolitikerInnen und Fachleute, die sich als SozialdemokratInnen bezeichnen, ebenso wenig wie es die Ex-Militanten der Linken, die AktivistInnen der sozialen Bewegungen oder die Zugewanderten der linken Parteien wie der ANN oder der URNG sind. Eine Gruppe, die offensichtlich ein Zentrum der Macht bildet, sind die Financiers der Wahlkampagne von Colom, von denen einige wichtige Posten innerhalb der Regierung einnehmen. Ihre Devise ist, die Regierung solange zu unterstützen, wie sie nicht gegen ihre Interessen handelt. Die Mitglieder dieser Gruppe gehören einem ökonomisch starken Sektor an, der aber nicht unbedingt aus dem Unternehmertum erwächst. Seinen Einfluss auf die Regierung übt dieser Sektor durch Personen aus, die nicht aus seinen engsten Strukturen kommen, sondern ihm zugetan sind und innerhalb der Regierung seine Interessen vertreten. Kein Wunder also, dass der Diskurs von Colom oft widersprüchlich ist. So hat er z.B. auf der einen Seite versprochen, eine Versöhnung anzustreben, die auf der Anerkennung der Verantwortung des Staates an den Kriegsverbrechen basiert, und andererseits bei einer Militärparade erklärt, es sei endlich an der Zeit, im Buch der Geschichte Guatemalas eine neue Seite aufzuschlagen und den bewaffneten Konflikt hinter sich zu lassen. Ein weiteres Beispiel für diesen alles andere als kohärenten Diskurs ist das Weiterführen einer neoliberalen Wirtschaftspolitik, die Vergabe von Konzessionen an private nationale oder transnationale Unternehmen für den Bau von Infrastrukturprojekten auf der einen Seite und auf der anderen Seite das Versprechen: "Heute beginnt das Privileg der Armen". Es bleibt abzuwarten, auf welche Seite das Pendel in diesem internen Machtkampf ausschlägt oder ob es gar die Figur des "lachenden Dritten" gibt. |
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