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Who is Who - Kräftemessen in der Regierung von Álvaro Colom

Fijáte 411 vom 04. Juni 2008, Artikel 1, Seite 1

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Who is Who - Kräftemessen in der Regierung von Álvaro Colom

Eine andere UNE-Abspaltung innerhalb des Kongresses gruppiert sich um Manuel Baldizón Tager, ein Unternehmer aus dem VGPeténNF, der einer einflussreichen Handelsfamilie in jenem Departement entstammt. Baldizón hat sich den Kampf für höhere Renten für die älteren Generationen auf die Fahne geschrieben und gehört der Finanzkommission des Kongresses an. Um ihn schart sich eine Gruppe von 15 - 20 Abgeordneten, die ihm hörig sind. Seine Loyalität dem Präsidenten und der UNE gegenüber hängt davon ab, ob seine politische Rechnung aufgeht und er die Führung der Partei übernehmen kann, wenn diese dann vom Alltagsgeschäft verbraucht ist, oder ob er besser daran tut, sich mit anderen Kräften innerhalb der Partei zusammenzuschliessen, um seine künftigen Präsidentschaftsaspirationen zu pflegen. In dieser opportunistischen Rolle kann er für Colom eine einigende Schlüsselperson sein, kann aber auch zum drückenden Stein im Schuh werden, sollte er beginnen, seine eigene Suppe zu kochen.

Eine weitere Gruppe von UNE-Abgeordneten, die eine Einheit innerhalb des Kongresses bilden, haben dem Präsidenten nahegelegt, die Verstaatlichung der zwei privaten Stromverteilungsunternehmen in Betracht zu ziehen, was Colom jedoch ablehnte. Daneben gibt es noch ein paar dem Präsidenten nahestehende Abgeordnete, die als Einzelpersonen auftreten wie z.B. der bereits erwähnte Mario Taracena, Roberto Kestler oder Roberto AlejosNF, der Eduardo Meyer Maldonado die Präsidentschaft des Kongresses streitig machen will.

Was hier klar ersichtlich wird ist, dass es innerhalb der UNE-Abgeordneten an einer Person fehlt, die das Ganze zusammenhalten und eine gewisse Einigkeit und Ruhe in die Fraktion bringen könnte. Auch gibt es niemanden, nicht einmal den Präsidenten selber, der von ausserhalb Einfluss auf die UNE-Abgeordneten hat. Es fehlt sowohl an politisch verlässlichen Personen wie auch an einer Figur, welche die Brücke zwischen Legislative und Exekutive bilden könnte. Im Gegenteil: ein Teil der Abgeordneten äusserte deutlich ihr Missfallen darüber, dass der Präsident ihnen nach gewonnenen Wahlen nicht einen Job in irgendeinem Ministerium angeboten und von vornherein Quoten und jegliche familiären oder geographischen Begünstigungen ausgeschlossen hat.

Ein weiterer Machtpol innerhalb der Regierung der UNE dreht sich um die Bereiche Sicherheit, Militär und VGVerteidigungsministeriumNF. Diese Gruppe hat aber keine klare Interessensvertretung wie z.B. der Wirtschaftsverband VGCACIFNF oder die Handelskammer, sondern sie agiert meist unabhängig oder im kleinen Kreis.

Die neue Regierung befindet sich in einer Zeit der Justierung und der Umjustierung, in der es sehr darauf ankommt, wie Colom mit dem Druck umgeht, der von verschiedenen Seiten innerhalb der Partei auf ihn ausgeübt wird. Es ist eine Zeit der Standortbestimmung und Standortneubestimmung, ein Prozess des Definierens und Umdefinierens innerhalb der Strukturen der Partei. Das Zentrum der Macht innerhalb der Regierung ist weder Colom noch seine Ehefrau Sandra Torres. Es sind auch nicht die PolitikerInnen und Fachleute, die sich als SozialdemokratInnen bezeichnen, ebenso wenig wie es die Ex-Militanten der Linken, die AktivistInnen der sozialen Bewegungen oder die Zugewanderten der linken Parteien wie der ANN oder der URNG sind.

Eine Gruppe, die offensichtlich ein Zentrum der Macht bildet, sind die Financiers der Wahlkampagne von Colom, von denen einige wichtige Posten innerhalb der Regierung einnehmen. Ihre Devise ist, die Regierung solange zu unterstützen, wie sie nicht gegen ihre Interessen handelt. Die Mitglieder dieser Gruppe gehören einem ökonomisch starken Sektor an, der aber nicht unbedingt aus dem Unternehmertum erwächst. Seinen Einfluss auf die Regierung übt dieser Sektor durch Personen aus, die nicht aus seinen engsten Strukturen kommen, sondern ihm zugetan sind und innerhalb der Regierung seine Interessen vertreten.

Kein Wunder also, dass der Diskurs von Colom oft widersprüchlich ist. So hat er z.B. auf der einen Seite versprochen, eine Versöhnung anzustreben, die auf der Anerkennung der Verantwortung des Staates an den Kriegsverbrechen basiert, und andererseits bei einer Militärparade erklärt, es sei endlich an der Zeit, im Buch der Geschichte Guatemalas eine neue Seite aufzuschlagen und den bewaffneten Konflikt hinter sich zu lassen. Ein weiteres Beispiel für diesen alles andere als kohärenten Diskurs ist das Weiterführen einer neoliberalen Wirtschaftspolitik, die Vergabe von Konzessionen an private nationale oder transnationale Unternehmen für den Bau von Infrastrukturprojekten auf der einen Seite und auf der anderen Seite das Versprechen: "Heute beginnt das Privileg der Armen".

Es bleibt abzuwarten, auf welche Seite das Pendel in diesem internen Machtkampf ausschlägt oder ob es gar die Figur des "lachenden Dritten" gibt.


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