Alfonso Portillo, Präsident von Guatemala
Fijáte 202 vom 19. Jan. 2000, Artikel 2, Seite 2
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Alfonso Portillo, Präsident von Guatemala
Guatemala, 26. Dezember 1999. Nicht unerwartet wurde der Kandidat der Republikanischen Front Guatemalas FRG, der 48-jährige Ökonom und Anwalt Alfonso Portillo, am 26. Dezember 1999 in der zweiten Wahlrunde zum neuen Präsidenten gewählt. Mit dem Sieg der Präsident- und Vizepräsidentschaft, der Mehrheit der Sitze im Kongress (63 von 113 Sitzen, die Partei des nationalen Fortschritts PAN erreichte 37, die Allianz Neue Nation ANN deren neun) sowie dem Ex-General Rios Montt als Kongresspräsidenten, zehn Sitzen im Zentralamerikanischen Parlament und der Besetzung von rund 150 Bürgermeisterämtern (im Vergleich zu 107 der PAN und 13 der linken ANN), hätte das Ergebnis für die FRG nicht deutlicher ausfallen können. Mit 1'171'571 Stimmen, was 68,3% aller abgegebenen Stimmen entspricht, gewinnt Portillo klar vor seinem Gegenspieler, dem Kandidaten der bisherigen Regierungspartei PAN, Oscar Berger, welcher 543'974 Stimmen, d.h. 31,7% erreichte. Obwohl der zweite Wahlgang während der Weihnachtsfeiertage stattfand, gingen mit 41% der stimmberechtigten Bevölkerung doch eine beträchtliche Anzahl WählerInnen an die Urne. (Im ersten Durchgang waren es 54% gewesen.) Portillo erreichte in sämtlichen 22 Departementen des Landes die Mehrheit. Der Wahltag verlief im Gegensatz zum ersten Durchgang ruhig, nur vereinzelt kam es zu Zwischenfällen oder wurden Unregelmässigkeiten gemeldet, wie z.B. vorübergehende Stromausfälle. BeobachterInnen meldeten einen klaren Rückgang der Wahlbeteiligung der Frauen. Was bedeutet nun der Sieg Portillos? Bereits im Vorfeld der Wahlen wurde vor allem seitens der Menschenrechtsorganisationen, der Gewerkschaften und der Volksorganisationen die Befürchtung geäussert, ein Sieg der FRG könne zur erneuten Militarisierung des Landes sowie zu Repression und gezielter 'sozialer Säuberung' führen, wie das während der achtziger Jahre unter dem Regime von Rios Montt der Fall gewesen war. Verschiedene Wahlanalysen kommen jedoch zum Schluss, dass die Bevölkerung die Massaker der achtziger Jahre verdrängt oder vergessen hat, bzw. nicht mit Portillo in Verbindung bringt. Viele Leute hätten auch nicht explizit für die FRG gewählt, sondern gegen die PAN. Für Eddy Armas, Vertreter der Versammlung der Zivilgesellschaft (ASC), bedeutet der Wahlsieg Portillos eine Herausforderung für die Zivilgesellschaft. Es werde für sie schwierig sein, mit der neuen Regierung an der Umsetzung der Friedensabkommen zusammenzuarbeiten, meinte er und weiter: "Die Bevölkerung muss sich darüber im klaren sein, dass viele der Wahlversprechen niemals eingelöst werden." Auch Vitalino Similox, ehemaliger Vizepräsidentschaftskandidat der ANN hofft, dass die Bevölkerung ihre Wahl für die ultrarechte Partei nicht bereuen muss. Der Sieg der FRG habe vielen ehemaligen Militärkommissaren und Ex-Zivilpatrouillisten (PAC) Auftrieb gegeben. Similox glaubt jedoch nicht, dass es wieder so wird, wie zur Regierungszeit Rios Montt's (1982-83). Heute sei die Opposition viel stärker und werde beweisen, dass sich die Dinge verändert haben. Die neue Regierung müsse akzeptieren, dass Guatemala dabei sei, sich zu einem Rechtsstaat zu entwickeln, in dem die Zivilgesellschaft, die indigenen Organisationen und die Frauen eine aktive Rolle übernehmen müssen und wollen, meinte Similox. Nach oben |
Portillo versprach während der Wahlkampagne sehr pauschal, er werde die Menschenrechte einhalten und sich insbesonders für die Aufklärung des Mordes an Bischof Juan Gerardi einsetzen. Er versprach, die Friedensabkommen einzuhalten und deren Umsetzung voranzutreiben. Er versprach Arbeit und Sicherheit. Dass dies überschwengliche Wahlversprechen waren, ist wohl allen klar, wieweit jedoch in diese Richtung gearbeitet werden kann, hängt davon ab, welche Linie innerhalb der FRG sich längerfristig durchsetzen wird. Erste Meinungsverschiedenheiten zwischen den 'Portillisten' und den 'Riosmonttisten' sind bereits aufgetreten bei der Frage um die Neubesetzung der Ministerien. (siehe Artikel Unzufriedenheit innerhalb der FRG...) In seiner ersten Pressekonferenz nach dem Wahlsieg rief Portillo dazu auf, die Rhetorik des Wahlkampfes beiseite zu lassen und lud die ANN und die PAN dazu ein, sich an einem Regierbarkeitspakt (pacto de gobernabilidad) zu beteiligen, gemeinsam die noch hängigen Reformen durchzuführen und an der Zukunft des Landes zu arbeiten. Weiter versprach er, das Budget der Staatsanwaltschaft zu erhöhen, eine Alphabetisierungskampagne zu lancieren, die Steuern nicht zu erhöhen, auch wenn dies von der internationalen Gemeinschaft gefordert werde. Die Presse bat er, eine überwachende und kritische Funktion zu übernehmen und kündigte an, den mit seinem Regierungsantritt am 14. Januar auslaufenden Vertrag mit Avances, der offiziellen Nachrichtensendung, nicht zu erneuern. Es sei die Aufgabe der unabhängigen Medien, die Bevölkerung zu informieren, meinte er, während sein Vizepräsident Francisco Reyes davon spricht, die Nachrichtensendung Avances durch 'Spots' zu ersetzen, für deren Produktion eine ehemalige CNN-Korrespondentin verantwortlich ist. Erstaunen löste an dieser Pressekonferenz die Abwesenheit Rios Montt's aus, der während der Wahlkampagne kaum von der Seite seines 'Protegé' gewichen war. Portillo entschuldigte ihn, er sei in Livingston und ruhe sich dort aus. Es kursierte jedoch auch das Gerücht, Rios Montt habe gesundheitliche Probleme, was jedoch von Portillo betritten wurde. Alfonso Portillo ist zweifellos ein guter Redner. Im Wahlkampf hat er bei der Bevölkerung mit seiner populistischen Sprache Erfolg gehabt. Als Präsident hat er nun die Aufgabe, seine schönen Worte umzusetzen und zu beweisen, dass er, wie er immer betont, tatsächlich der "Präsident aller GuatemaltekInnen" ist. |
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