Die Zivilgesellschaft: unentbehrlich für den Friedensprozess
Fijáte 201 vom 29. Dez. 1999, Artikel 1, Seite 1
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Die Zivilgesellschaft: unentbehrlich für den Friedensprozess
Vor genau drei Jahren wurde in Guatemala das Abkommen für einen dauerhaften Frieden unterzeichnet. Drei Jahre später hat die Versammlung der Zivilgesellschaft (ASC) das Nationale Treffen der Zivilgesellschaft organisiert und hat dafür bei Inforpress eine Auswertung über diese Zeit in Auftrag gegeben. Das Ergebnis ist eine umfassende Analyse über den Einfluss der internationalen politischen Lage auf den Friedensprozess, sowie die Rolle der Regierung und der politischen Parteien in der Umsetzung der Abkommen. Wir veröffentlichen im fLiolgenden den am 8. Oktober in Inforpress Centroamerica erschienenen Artikel. 'Der Frieden' und die weltwirtschaftliche EntwicklungMan ist sich allgemein einig darüber, dass sich der Friedensprozess in Guatemala schlecht entwickelt, weil die Umsetzung Abkommen langsam und nur schrittweise vorankommt. Der Friedensprozess in Guatemala fällt in eine Zeit, in der sich auf der ganzen Welt die regulierenden Funktionen der Staaten, wie sie kurz nach dem zweiten Weltkrieg eingerichtet wurden, ändern. Der Staat als Katalysator für die Wirtschaft ist nicht mehr aktuell, und auch als regulierende Kraft in der Verteilung nationalen Reichtums hat er beinahe ausgedient. Seit den Achzigerjahren hat die Weltbank Kapitalvergaben an Bedingungen geknüpft, welche soziale Verbesserungen hintenanstellen und in erster Linie Massnahmen favorisieren, deren Ziel die Stabilisierung des Kapitalflusses und des freien Marktes sind. Geldentwertungen, die Privatisierung grundlegender öffentlicher Dienste, die Entlassungen staatlicher Angestellter und das Verschwinden öffentlicher Sozialdienstleistungen, sind einige der Merkmale von 'modernen' Staaten. Die Politik des freien Marktes ist eine andere, ähnliche Tendenz, die ausschliesslich wirtschaftlichen Interessen dient. In den letzten zehn Jahren entstanden in ganz Zentralamerika Freihandelszonen, die investierende Unternehmen von jeglichen Steuerabgaben befreien. Die Arbeitsbedingungen, das tiefe Lohnniveau, die Kinder- und Jugendarbeit unterstehen keiner öffentlichen Kontrolle. Sowohl in der Theorie wie auch in der Praxis existiert ein riesiger Widerspruch zwischen dem Staat, der nötig wäre, um die Friedensabkommen umzusetzen und dauerhaft zu verankern und demjenigen Staat, dessen Politik und Vorgehensweise von den Unternehmern und von Finanzorganisationen diktiert wird. Solange dieser Widerspruch existiert, wird auch weiterhin das Interesse, einen 'Frieden zu erhandeln' mehr vom Willen motiviert sein, Regierbarkeit und politische Stabilität herzustellen als davon, das soziale Gefälle, das Ursache vieler sozialer Konflikte ist, auch nur Ansatzweise vermindern zu wollen. So werden die Friedensprozesse oder die nationalen Dialoge nicht nur von sich in der Krise befindenden öffentlichen Institutionen geführt, von finanziell schwachen und verschuldeten Staaten, sondern auch von Gesellschaften, die stark in Mitleidenschaft gezogen werden von ihrer jüngsten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Vergangenheit. Der Friedensprozess findet im Zeitalter der Globalisierung statt. Die internationale Makropolitik vermischt sich mit den nationalen Interessen. Die Wirtschaft befindet sich in einer Übergangsphase, die unvereinbar ist mit politischen Veränderungen, die eine Legitimierung des Staates zum Ziel hat. Diese Politik zeichnet das Bild eines Staates, der mehr dazu tendiert, den Privatsektor zu fördern als die Investitionen auf sozialer Ebene. Politische Räume ohne öffentliche Entscheidungen.Seit 1997 die Friedensverträge volle Gültigkeit erlangten, begünstigte die Regierungspartei des 'Nationalen Fortschritts' (PAN) die Öffnung Richtung politischer Verhandlungen, speziell mit dem Angebot zur Beteiligung bei paritätischen Kommissionen. Dies ermöglichte es der Regierung immer wieder, öffentlich bekannt zu geben, wie sie für den Friedensprozess einstehe, vor allem, um auf internationaler Ebene finanzielle Mittel zu ergattern. Dies ermöglichte ihr auch, die Leute und Gruppierungen ringsherum in einer erwartungsvollen Stimmung zu halten. Es war die Regierung, welche die Fäden der Kommunikation in der Hand hatte, auch zwischen Personen und Gruppierungen, die sich das nicht gewöhnt waren und zwischen denen auch kein gegenseitiges Vertrauen herrschte. So erreichte die PAN die zum Regieren notwendige Stabilität. Heute - drei Jahre nach der Unterzeichnung des endgültigen und dauerhaften Friedensabkommens und nach der Einsetzung verschiedener für die Umsetzung des Vereinabarungen zuständiger Kommissionen stellen wir fest, dass praktisch alle wichtigen oder strategischen Abkommen gar nicht oder nur teilweise umgesetzt worden sind. Es existieren verschiedene Faktoren im Zusammenhang mit der Vorgehensweise der Regierung, welche diese Verschlechterung des Friedensprozesses verursacht haben. Einer davon, von vielen AnalystInnen als entscheidend eingestuft, besteht darin, dass die Regierung den Frieden nicht wirklich institutionalisierte. Obwohl die Regierung Beamte ernannte, vollzeitlich an den Sitzungen der Kommissionen teilzunehmen, wurden nicht keine Mechanismen und direkte programmatische und finanzielle Beziehungen zu den Ministerien aufgebaut, welche die Politik des Staates entwerfen und umsetzen. Es gab keine direkte Einbindung der Ministerien in die Umsetzung der Friedensabkommen. Deshalb fehlte es an technischen Bindegliedern, um sicherzustellen, dass die Empfehlungen mit Priorität behandelt wurden und sich in Programmen und Projekten oder im Budget ausgedrückt hätten. Dem Friedenssekretariat (SEPAZ) fehlte es gegenüber den Sozial- und Wirtschaftsministerien an Entscheidungsgewalt. Und obwohl es die Tätigkeit der Kommissionen erleichterte, hielt es sich abseits und hatte wenig Einfluss auf die Agenda, welche die PAN effektiv umsetzte. Dazu kam das Fehlen eines Informationssystems und einer periodischen Auswertung des Friedensprozesses durch die Regierung. Die BürgerInnen erfuhren nie Daten, Auswertungen oder spürten Interesse von Seiten der Administration bezüglich der Einhaltung der Friedensabkommen. Ein weiterer Faktor, der die mangelnde Umsetzung der Abkommen beeinflusste, war die Allianz der PAN mit den wichtigsten Machtgruppierungen. Der PAN fehlte es an politischem Willen, um mit diesen Gruppierungen zu verhandeln, speziell mit der Armee und den agroindustriellen UnternehmerInnen. Bis heute gibt es keine öffentliche Politik, die aufzeigen würde, dass diese Sektoren auch nur ein bisschen von ihrer Macht abgegeben hätten. Teilweise nationale FortschritteIn der Justizverwaltung sind die Empfehlungen der Kommissionen bezüglich der Stärkung des Justizwesens nicht umgesetzt worden. Es wurden keine Massnahmen ergriffen, um die nach wie vor bestehende Beeinflussung der Staatsanwaltschaft und der nationalen Zivilpolizei durch gewisse Politiker und Militärs zu unterbinden. Es gab keine gerichtliche Verfolgung von MenschenrechtsverletzerInnen, weder aus der Vergangenheit noch aus der aktuellen Zeit. Der Armee konnte ihre Restrukturierung eigenmächtig durchführen, ohne dass ihr Budget gekürzt wurde. Ausserdem wurden gewisse Abkommen so umgedeutet, dass das Militär Funktionen wie Umweltschutzüberwachung und Wideraufforstung übernehmen konnte, also ganz klar zivile Aufgaben. Die Regierung hinterfragte die Errichtung von sechs neuen Militärbasen im Petén nicht. Sie schuf ausserdem ein Polizeigesetz, das die Umschulung vieler Soldaten und ehemaliger Militärpolizisten zu 'Menschenrechtsagenten' ermöglichte. Damit wurde ganz klar das Abkommen über die Rolle des Militärs in Friedenszeiten verletzt. Obwohl es innerhalb der Regierungspartei politische Verschiedenheiten gab, die dazu führten, dass mehrere technische LeiterInnen versetzt oder abgesetzt wurden, verfolgte sie während der ganzen Regierungszeit eine Wirtschaftspolitik, die nicht den in den einzelnen Abkommen festgelegten Grundsätzen ensprach. Die PAN hat es nicht geschafft, die Steuer für 'markt- und agrarwirtschaftliche Unternehmen' (IEMA) definitiv einzuführen, sondern konnte sie nur um fünf Jahre verlängern. Beim Versuch der Einführung der 'einmaligen Steuer auf Landbesitz' (IUSI) unterliefen ihr technische und Verhandlungsfehler. 1998 akzeptierte sie, die 'ausserordentliche und zeitlich beschränkte Solidaritätssteuer' (ISET) abzuschaffen. Im Vergleich zu früheren Regierungen stimulierte sie vermehrt die spekulativen Investitionen anstelle der produktiven, was dazu führte, dass der Finanzsektor während der letzten vier Jahre am meisten wuchs. Bis Juli dieses Jahres summierte sich der Gewinn der Banken auf 294 Millionen Quetzales (rund 42 Millionen US-$), was 47% mehr sind als 1998. Diese Entwicklung wurde von zwei Neustrukturierungen des Staates begleitet: Einerseits der Privatisierung der Telefongesellschaft und der Elektrizitätswerke, dem Verkauf der Post, der Eisenbahn und des Flughafens. Andererseits der Reorganisation des öffentlichen Finanzsystems, was zu einer Verbesserung der Verwaltung und Auszahlung der Geldmittel führte und den Geldfluss an die Gemeinden vereinfachte. Diese Massnahmen, die Verbesserung beim Finanzministerium miteingeschlossen, führten jedoch zu keiner Verbesserung der sozialen Situation der Bevölkerung. Ebenso stehen sie im Widerspruch zu den Verpflichtungen des Staates gemäss den Friedensabkommen und der Verfassung. Der Verpflichtung zu einer Steuerreform wurde dieses Jahr mit der Schaffung einer Kommission nachgekommen, die ein Abkommen mit der nächsten Regierung erreichen müsste. Der Plan für eine nachhaltige Entwicklung wurde vernachlässigt. Eine wirkliche Lösung für 350 Landkonflikte wurde verzögert. Die staatlichen Massnahmen zur Wiedereingliederung der entwurzelten Bevölkerung, wurden nicht durchgeführt. 35 Fincas, die zurückkehrenden Flüchtlingen übergeben wurden, haben immer noch keine beglaubigten Besitzurkunden. 1999 deckte der gesetzliche Minimallohn nur 40% der Ausgaben für die Grundernährung und sogar nur 22% der grundlegenden Ueberlebenskosten. Die Art und Weise, wie diese Regierung die sektorielle Anpassung durchzog, war - angesichts des Fehlens einer kompensierenden Sozialpolitik - eine Schockbehandlung. Ein weiterer wichtiger Faktor, der das Voranschreiten des Friedensprozesses verlangsamte, war die staatliche Finanzkrise, welche durch das Verschieben einer Steuerreform nur noch verschlimmert wurde. Der Staat konzentrierte sich auf die Verwaltung von Mitteln, welche für die Infrastruktur und Modernisierung des Staates vorgesehenen waren. Dafür wurden das Erziehungs- und Gesundheitswesen, die Finanzierung der Umsetzung der verschiedenen Abkommen sowie die Förderung von Reformen im Gemeindewesen, als zweitrangig behandelt. Eines der als strategisch betrachteten Abkommen, das realisiert wurde, ist laut verschiedener AnalytikerInnen das Gesetz über den Landfonds. Mehrere Bauern- und Bäuerinnenorganisationen weisen hingegen darauf hin, dass dieses Instrument, das auf überstürzte Art und Weise (eine Woche vor der Sitzung mit der Konsultativgruppe in Stockholm im Mai dieses Jahres) abgesegnet wurde, Zinszahlungen nach sich ziehen, die die Möglichkeiten einer durchschnittlichen Bauernfamilie übersteigen. Das Frauenforum wird als ein weiteres strategisches Abkommen eingestuft, das erfüllt wurde. Seine Umsetzung wurde jedoch durch Auflagen von SEPAZ behindert und die Regierung hat ihm jegliche Bedeutung genommen, dadurch dass nicht ein einziger bedeutender Vorschlag dieses Forums in ein öffentliches Programm umgearbeitet wurde. Man ist durchaus bereit, einzusehen, dass es auf der ganzen Welt keine Regierung gibt, die fähig wäre, in so kurzer Zeit 440 Friedensabkommen umzusetzen, welche in ihrer Mehrheit als Auslöser eines Prozesses konzipiert sind und nicht als Endziele oder Resultat. Deshalb ist es angebracht, Mechanismen zu schaffen, um die Abkommen mit der Ausarbeitung einer öffentlichen Politik zu verknüpfen, mit der Prioritäten gesetzt und strategische Ziele definiert werden. Nach oben |
Laut AnalytikerInnenen können nur durch eine höhere Gewichtung dieser Abkommen und ihre effektive Umsetzung die Grundlagen für den Regierungsplan einer Nation geschaffen werden, in der Gleichheit und Kulturenvielfalt keine leeren Begriffe sind. Die Funktionsstörung geht weiterZum einen liegt die Verantwortung für die langsame und unbefriedigende Umsetzung der Friedensabkommen bei der Regierungspartei PAN. Ein anderes grosses Hindernis ist das Systems der politischen Parteien. Die politischen Parteien Guatemalas haben nicht als Kommunikationskanäle funktioniert zwischen dem Staat und der Gesellschaft. Ihre Verhalten tendieren dazu, nur eine Selbstdarstellung zu sein und eine Darstellung der vertikalen und cliquenhaften Macht, deren Ausdruck sie sind. Der Einfluss, den diese Machtstruktur auf die Friedensabkommen haben kann, hat sich in ihrer Haltung im Kongress gezeigt. Laut der Publikation Alerta Legislativa überwachten die politischen Parteien während den letzten drei Regierungsjahren die Friedensagenda der Regierung nicht. Im Gegenteil, sie hielten sich abseits von einer Diskussion oder Kontrolle der Friedensabkommen. Auch die PAN, die eine Mehrheit und die höchsten Posten in den gesetzgebenden Kommissionen hatte, verhielt sich so und initierte keine Gesetze die strukturelle Veränderungen nach sich gezogen hätten. Aus diesem Grund - so die Publikation - beinhaltet die gesetzgebende Friedensagenda ein grosses Defizit: "Nur 39 der 130 Gesetze, die für ihre Umsetzung notwendig sind, sind geschaffen worden, womit 91 weitere in Zukunft noch in Kraft zu setzen sein werden." Von diesen haben 51 direkt mit den wichtigen Themen zu tun. Die Reformen am Wahlgesetz und am Gesetz über politische Parteien bleiben hängig, obwohl sie von strategischer Wichtigkeit sind für die Demokratisierung, Professionalisierung und Transparenz der jeweiligen Einrichtungen. Ein weiteres Beispiel des schlechten Funktionierens der Parteien war die Art und Weise, wie sie die Volksbefragung im letzten Mai angegangen sind. Wegen Verhandlungen auf höchster Ebene wurden in der Consulta Popular dem Volk beinahe vierzig Reformen mehr zur Abstimmung vorgelegt, als es eigentlich hätten sein sollen. Mit Ausnahme der Demokratischen Front Neues Guatemala FDNG schafften die Parteien im Kongress nur Verwirrung und weigerten sich, effektiv zu einem Ja in der Consulta aufzurufen. Zu den Effekten des Resultates der Consulta Popular gehört, dass es im Moment unmöglich ist, in der Justizverwaltung Veränderungen vorzunehmen. Ebenso ist es unmöglich, bei der Frage zum Auftrag des Militärs oder den fehlenden Grundlagen zur Umsetzung des Indigena-Abkommen weiterzukommen. Laut den Ergebnissen einer Umfrage von Inforpress sind auch führende Mitgliedern der URNG und die sich streitenden paritätischen und begleitenden Kommissionen von dieser politischen Handlungsunfähigkeit betroffen. Der Druck der URNG auf die PAN - abgesehen von der Forderung nach Umsetzung des Steuerpakets - wurde hinter verschlossenen Türen ausgeübt und war nicht gross. Auch der begleitenden Kommission gelang es nicht, mit den restlichen paritätischen Kommissionen und der Bevölkerung im Allgemeinen ins Gespräch zu kommen, obwohl sie die Aufgabe hatte, eine 'technischenund politische Analyse über die Fortschritte und Schwierigkeiten bei der zeitlichen Umsetzung der Abkommen' zu machen. In gleicher Weise verpassten es die VertreterInnen der sozialen Organisationen in den paritätischen Kommissionen nicht nur, sich untereinander zu koordinieren, sondern auch, gebotene Gelegenheiten zu nutzen, um ein vielfältiges Netz von beratenden Organisationen und GesprächspartnerInnen zur Erarbeitung ihrer Vorschläge aufzubauen. Die VertreterInnen der Volksorganisationen, welche in den Kommissionen mitarbeiteten, waren einer Dynamik des Aktivismus und einer übertriebenen Anzahl Sitzungen unterworfen und verpassten es, Führungsfunktionen zu delegieren, um mit der sozialen Basis ihrer Organisationen zu kommunizieren. Viele der Kommissionen isolierten sich von den Prozessen in den Gemeinden ung der politischen Tagesordnung der Regierung. Dies trotz dem Effort, den sie machten, da sie ihre Vorschläge im Vergleich mit den Abgeordneten der Regierung unter finanziell und technisch ungleichen Bedingungen machen mussten. Ausserhalb der Kommissionen wurden in erster Linie Beziehungen geknüpft zu Personen und Instanzen, die eine ähnliche politische Haltung vertreten. Entsprechend wurden Ideen und Vorschlägen ideologisch nicht befreundeter Organisationen vernachlässigt.Diese Form politischen Leadertums teilt die Kommission durchaus mit den klassischen Parteien. Bedauerlicherweise verhindert er den Aufbau von vielfältigen und dauerhaften Allianzen, welche für die Verhandlungen und zur Druckausübung wichtig wären. Neue LehrenMan ist sich in breiten Kreisen einig, dass es notwendig ist, die für die Umsetzung der Abkommen zuständigen staatlichen Institutionen zu reorganisieren. Dies hauptsächlich, weil es wichtig ist, aus den Schwächen und Fehlern zu lernen, die aus der Isolierheit und Aufsplitterung der Kommissionen, der mangelnden Information der Bevölkerung und der sektoriellen Zersplitterung resultierte. Ein anderer, nicht minder wichtiger, Grund ist die absolute Notwenigkeit, sich auf eine neue Regierung vorzubereiten. So wird die URNG nicht mehr einfach eine der Verhandlungsparteien im Friedensprozess sein, sondern sie wird im Kongress als politische Partei vertreten sein. Deshalb wird auch ihre exklusive Teilnahme in den Kommissionen nicht mehr unterstützt werden. Es wird bereits davon gesprochen, die begleitende Kommission neu zu strukturieren, indem sie anderen sozialen Gruppierungen geöffnet wird. Ein weiterer Grund, diese Veränderungen anzustreben, ist das Wissen darum, dass, egal welche Partei an der Regierung sein wird, diese mit der Friedensagenda fortfahren wird, um ihre internationalen Beziehungen aufzubauen. Es ist zu befürchten, dass vermehrt interne Interessen der Regierung die Prioritäten setzen werden und immer weniger die Friedensabkommen an sich. Um dieses Szenario zu vermeiden und die Möglichkeit der sozialen Mitsprache noch zu vermindern, sind verschiedene Organisationen und nationale Koordinationen zum Schluss gekommen, dass es notwendig ist, eine Diskussion über die Bildung von Allianzen rings um die strategischen Friedensabkommen zu führen. In dieser Vorwahlzeit sind Organisationen wie die Koordination Ja zum Frieden/ Kuchuj Voz Ciudadana entstanden, deren Vorschläge im allgemeinen mit denen der UASP (Gewerkschaftsdachverband) übereinstimmen. Diese werden nach wie vor als allgemeine Forderungen strukturiert und es bleibt abzuwarten, mit welcher Klarheit und technischer Seriosität sie der neuen Regierung präsentiert werden. Laut einem Vertreter dieser Gruppierung ist das Ziel nicht nur, Klarheit darüber zu haben, was verlangt wird, sondern dem Staat konkrete Mechanismen vorzuschlagen, die er umsetzen soll. Es soll auch die Fähigkeit erlangt werden, Verhandlungen zu führen und Druck auszuüben, speziell gegenüber den UnternehmerInnen und der Armee. Die Suche nach Kontinuität des FriedensprozessesMit dem Ziel, die Umsetzung der Friedensabkommen auch während der nächsten Regierungsperiode in der Agenda zu haben, wurde von der begleitenden Kommission in Zusammenarbeit mit der ASC (Vereinigung der Zivilgesellschaft) und dem Encuentro Nacional por la Paz (Nationales Friedenstreffen) der erste Nationale Kongress der Zivilgesellschaft für den Frieden organisiert. An diesem Anlass unterzeichneten die Präsidentschaftskandidaten eine moralische Verpflichtung, den Friedensprozess weiterzuführen und die noch ausstehenden Abkommen zu erfüllen. Für die TeilnehmerInnen des Kongresses ist es unabdingbar, dass die Regierung während den ersten sechzig Regierungstagen den zeitlichen Ablauf der Umsetzung der Abkommen der begleitenden Kommission und dem Volk vorlegen. Sowohl die VertreterInnen der sozialen Organisationen, welche an diesem 1. Kongress teilnahmen, wie auch die VertreterInnen der Regierung und die sozialen und politischen Organisationen, die am Encuentro por la Paz teilnahmen, sind sich einig, dass es notwendig ist, dass die nächste Regierung die Empfehlungen der Wahrheitskommission umsetzt und dass die Exekutive "nicht die Anwendung der Justiz übernimmt". Hingegen wird erwartet, dass diese gestärkt wird, indem ihr die nötigen Finanzen zur Verfügung gestellt werden, um aus der aktuellen Krise herauszukommen. Bezogen auf die Themen 'ländliche Entwicklung und Boden' muss die neue Regierung zehn Hauptpunkte berücksichtigen. Darunter den Zugang zum Boden, die Konfliktlösung, das Kataster, die juristische Sicherheit und Regulierung, soziale Beteiligung, soziale Finanzmittel, althergebrachtes Recht, Bauernorganisationen und Agrarpolitik. Es wurde ebenfalls auf die Dringlichkeit der Ausarbeitung einer neuen Militärdoktrin hingewiesen, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden muss. Drei Jahre ohne wesentliche FortschritteVor kurzem präsentierte die URNG ihren Bericht des Friedensprozesses 1997 bis 1999. Im Unterschied zu früheren Berichten ist dieser kritischer und zeigt auf, dass die Regierungspartei "wegen ihrer ideologischen, politischen und finanziellen Abhängigkeit" sich nicht an die zentralen Friedensabkommen hielt. Es heisst darin auch, dass die FRG eine systematische Haltung gegen die Friedensabkommen einnahm, was, falls sie die Präsidentschaftswahlen gewinnen sollte, "Rückschritte oder einen Abbruch des Friedensprozesses und eine Rückkehr zu einer gewaltvollen Vergangenheit bedeuten könnte". Einige KritikerInnen bemängeln, dass dieser Bericht wahltaktische Ziele verfolgt und dass die URNG sich in den letzten drei Jahren nicht kämpferisch gezeigt hatte. Der Bericht gibt auch zu, "dass die URNG nicht genug Kampfgeist hatte, da sie absorbiert war von den Anstrengungen der Demobilisierung, der Eingliederung in die Legalität und dem langen Weg der Gründung und Legalisierung der Partei." Der Bericht anerkennt die Existenz von minimalen Fortschritten, aber "die wesentlichen und strategischen Teile der Friedensabkommen sind nicht erfüllt und verzögert worden." Davon betroffen sind u. a. die Steuerreform, die Verfassungsreform, eine greifbare und wirkungsvolle Sozial- und Landwirtschaftspolitik, die Reform des Militär- und Sicherheitssystems und des Geheimdienstes, die Wahlreform und diejenige des Justizwesens. |
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