Nordamerikanische Nonne ermordet
Fijáte 235 vom 16. Mai 2001, Artikel 4, Seite 4
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Nordamerikanische Nonne ermordet
Guatemala, 10. Mai. Auf offener Strasse in einer belebten Zone in Guatemala Stadt wurde am 5. Mai die Nordamerikanerin Barbara Ford durch fünf Schüsse in den Kopf ermordet. Ford war seit zwölf Jahren im Rahmen der Sozialdiözese Quiché als Krankenschwester tätig und arbeitete eng mit Bischof Julio Cabrera zusammen. In den letzten Jahren konzentrierte sie ihre Arbeit auf salud mental (psychosoziale Gesundheit). Sie nahm an den Untersuchungen für das REMHI-Projekt teil, arbeitete mit den Überlebenden der Gewalt und zuletzt besonders mit den Angehörigen von exhumierten Opfern aus Massengräbern. Barbara Ford ist die vierte Person aus dem engen Umfeld von Bischof Julio Cabrera, die auf brutale Weise ermordet wurde: Erinnert sei an Myrna Mack, die ihre Arbeit vorwiegend in den von der Militärgewalt betroffenen Gemeinden im Quiché durchführte und am 11. September 1990 in der Hauptstadt ermordet wurde. Erinnert sei an den Landwirt und Mitarbeiter der Sozialdiözese von Quiché, Julio Quevedo, der am 15. Juli 1991 in Chajul ermordet wurde. Erinnert sei an Weihbischof Juan Gerardi, den Leiter des REMHI, der am 26. April 1998 im Pfarrhaus San Sebástian in der Hauptstadt ermordet wurde. Der Mord an Barbara Ford wurde in der Zeitung sofort als versuchter Raub ihres Autos ausgegeben. Dieses wurde kurz darauf einige Strassen weiter sichergestellt. Laut dem Informationsbeauftragten des Sekretariates für strategische Analysen (SAE), Fernando Penados, gibt es genügend Gründe (siehe oben) um dem Mord ein politisches Motiv zu geben. Dieser Meinung sind auch Mitglieder diverser Menschenrechtsorganisationen. Die Konferenz der Religiösen Guatemalas (COFREGUA) ist besorgt darüber, dass dieser Mord sowie andere Gewalttaten und Bedrohungen genau zum selben Zeitpunkt stattfinden wie die ZeugInneneinvernahmen im Fall von Bischof Gerardi. Es wird auch um das Leben von Bischof Julio Cabrera gebangt. Mario Polanco von der Gruppe für gegenseitige Hilfe (GAM) bezeichnet die Ermordung Fords als aussergerichtliche Hinrichtung und insofern als ein Verbrechen politischer Natur. Ein reiner Autodiebstahl könne ausgeschlossen werden, da die Diebe das Fahrzeug nicht weit vom Tatort entfernt stehen gelassen haben. Nach oben |
Währenddessen wird von offizieller Seite an der These des Autodiebstahls festgehalten. Laut Innenminister Byron Barrientos hat die Polizei zwei Zeugenaussagen, die darin übereinstimmen, dass sich Barbara Ford gegen den Diebstahl gewehrt habe und deshalb erschossen wurde. Diese Version wird von FreundInnen der Ermordeten angezweifelt, da diese mehrmals ihren MitarbeiterInnen empfohlen habe, in einer solchen Situation sofort die Autoschlüssel auszuhändigen und sich nicht zu wehren. Am 7. Mai verhaftete die Polizei drei Verdächtige, die bei einer Strassenkontrolle auffielen, weil sie Waffen desselben Kalibers auf sich trugen, wie sie bei der Ermordung von Ford verwendet wurden. Die guatemaltekische Regierung und die Behörden setzen alles daran und verdrehen wohl, wenn es sein muss, auch ein bisschen die Wahrheit, um zu beweisen, dass die Zeit der politischen Morde vorbei ist. So wurde denn dieser Tage bekannt, dass es eine kriminelle Bande gewesen sei, die das Attentat auf die Tocher von Ex-General Otto Peréz Molina im vergangenen Februar begangen habe. Und im Fall der seit über einem Jahr verschwundenen Universitätsprofessorin Mayra Gutiérrez gab das staatliche Menschenrechtsbüro bekannt, es habe sich eben doch um ein Liebesdrama gehandelt. Sie hätten nun die verdächtige Person männlichen Geschlechts identifiziert, mit der Gutiérrez am Tag ihres Verschwindens zuletzt gesehen wurde, der Name könne aber aus Sicherheitsgründen nicht bekannt gegeben werden. |
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