Gehen oder gegangen werden ...
Fijáte 265 vom 31. Juli 2002, Artikel 7, Seite 5
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Gehen oder gegangen werden ...
Guatemala, 17. Juli. Innerhalb von neun Tagen kam es zu insgesamt elf Amtswechseln auf den höheren Etagen der Regierung. Auch wenn sie teilweise auf denselben Tag fielen, hatte Portillo wohl jeweils unterschiedliche Gründe. Luis Mijangos, Generalsekretär des Präsidenten, verkündete schliesslich den personellen Austausch im Wirtschaftsministerium, im Nationalfond für den Frieden, FONAPAZ und in der Departementverwaltung von Izabal. Schon seit einer Woche kursierten Gerüchte über eine mögliche Kündigung des Wirtschaftsministers Arturo Montenegro. Die Unzufriedenheit des Präsidenten mit diesem Funktionär lässt sich wohl unter anderem auf die Tatsache zurückführen, dass sich Montenegro mal eben seine Bezüge um US$ 6 Tausend erhöht hatte, um seine Reisen zu finanzieren. Zum anderen habe er wohl wichtige Ämter in seinem Ministerium mit Personen aus den Führungsetagen der Unternehmen besetzt, was nicht dem Wunsch Portillos entsprach. Auch seine bislang guten Karten beim Staatsoberhaupt konnten diesen Fauxpas nicht ausmerzen. Mit grossen Plänen steigt nun Patricia Ramírez in die Fussstapfen Montenegros. Sie ist bislang als Registratorin in der Abteilung Wert- und Warenmarkt des Wirtschaftsministeriums tätig gewesen. Eines ihrer Steckenpferde wird nach eigenen Angaben die Unterzeichnung des Freihandelsvertrags mit Kanada und den USA sein. Daneben wurde Mario Leonel Montenegro Pineda als neuer Direktor von FONAPAZ ernannt, der damit Rodrigo Arias in seinem Amt ablöst. Diesem wird vorgeworfen, dem Finanzminister Weymann widersprochen und versichert zu haben, dass dieser ihm aufgetragen habe, die Berichte der Finanzverwaltung manipuliert zu haben, um nicht gegen die unterschriebenen Bedingungen des IWF zu verstossen. Einer sitzt wohl immer am längeren Hebel... Jetzt wird sich Montenegro Pineda um die Belange einer nicht ganz so wichtigen Abteilung von FONAPAZ kümmern. Der dritte Abschied gilt Patricia Quinto, Gouverneurin in Izabal. Unter den Gründen für diese Aktion finden sich die Vorwürfe, sich mit zwei Militärkommandanten der Region getroffen zu haben und die BürgermeisterInnen des Departements unter Druck gesetzt zu haben, damit diese sich nicht gegen die Erdölförderung im See Izabal stellen. Die Nachfolgerin Quintos heisst María del Carmen Fajardo. Die Bewegungen in der Regierung begannen am 8.Juli mit der überraschenden Ankündigung, dass Innenminister Arévalo Lacs und mit ihm sein Vize Carlos Velásquez ihre Ämter verlassen (siehe ¡fijáte! 264). Am selben Tag wurde bekannt gegeben, dass auch Julio Girón vom Amt des Vorstandspräsidenten des Hafenunternehmens Puerto Quetzal zurücktrete. Der Name Giróns, Privatsekretär des Präsidenten, tauchte unter anderem im Zusammenhang mit den von den guatemaltekischen Machtinhabern in Panama eröffneten Konten und Firmen auf. Eine Begründung für seinen Entschlusses, zu gehen, enthält sich Girón, ebenso eines Kommentars zu den Korruptionsvorwürfen gegen ihn und sein Hafenunternehmen. Mit ihm gehen auch der Geschäftsführer und dessen Stellvertreter der Firma Puerto Quetzal, was von den Arbeitenden und Gewerkschaften erfolglos zu verhindern versucht wurde. Aus diesen Reihen wurden die Vermutungen laut, dass die letztgenannten entlassen worden sind, um das ganze Unternehmen von "Nicht-FRGs" zu säubern. Weitere Kündigungen bzw. Entlassungen wurden ohne nähere Begründungen bekannt gegeben: So gehen der Geschäftsführer und auch dessen Vertreter des Guatemaltekischen Sozialversicherungsinstitut IGSS und in der Zollverwaltung gibt es ebenfalls Veränderungen. Nach oben |
Auch wenn Portillo nach diesen Wechseln der Meinung war, dass es nun genug sei, "da man ja nicht alle auswechseln könne", tauchten während der Vereidigung der neuen Wirtschaftsministerin die Nachrichten von der Kündigung des Vizeministers der Abteilung für Investition und Wettbewerb, des Geschäftsführers des Wirtschaftsministeriums, Guillermo Paiz, sowie des Beraters des bisherigen Ministers dieses Ressorts, Oberst Byron Noé Estrada auf. Auch Guillermo Monroy, Direktor des Nationalprogramms der Wettbewerbsfähigkeit, Pronacom, verlässt seinen Posten. PolitanalystInnen sind der Meinung, dass die Veränderungen in den hohen Regierungsämtern ein deutliches Zeichen der verbreiteten Korruption und der Improvisation der Nominierungen und vor allem diverser administrativer Irrtümer sei. Edmundo Urrutia, Analyst von sozialen Forschungsinstitut ASIES meint dazu: "Von Anfang an gaben PolitanalystInnen und PressekolumnistInnen zu bedenken, dass es in der Koalition der FRG Personen gibt, die in organisierte Verbrechen und verbotene Geschäftsnetze verstrickt sind. Nun spiegelt sich das wider und ergibt eine Krise der Exekutive, was ich für ein Phänomen ohne Vergleich halte. Die getätigten Ministerwechsel zeigen deutlich auf, dass sich die Regierung in einer grossen Krise befindet." Manolo Vela, Analyst von Flacso hebt einen anderen Aspekt hervor: "Die übereilte Suche nach Personen, die wichtige Ämter übernehmen sollen, ist ein Phänomen, welches die derzeitige Regierung inzwischen charakterisiert. Ein Hauptgrund dafür ist das Nichtvorhandensein starker Parteien. Wenige Tage später gab auch Karen Fischer, Staatsanwältin und Leiterin der Abteilung gegen Korruption bekannt, dass sie drauf und dran sei, das Handtuch zu schmeissen. Sie begründete diesen Schritt damit, dass sie frustriert sei und keinerlei Erfolg bzw. weitergehende Konsequenzen ihrer Arbeit sähe. Während die Kündigung ihres Kollegen Miguel Angel Bermejo, mit dem sie gemeinsam das Verschwinden von Millionen von Quetzales im Regierungsministeriums untersucht hatte, und der als Gründe gewisse Auseinandersetzungen mit dem Rechnungsprüfungshof angab, gleich akzeptiert worden war, lehnte Oberstaatsanwalt Carlos de León die Kündigung Fischers nach "gründlicher Prüfung" ab mit den Worten: "Fischer wird sich mässigen müssen, die Unabhängigkeit der Justiz respektieren und vorsichtiger mit den Informationen über die Fälle umgehen. Ihre Arbeit ist sehr wichtig, denn es gibt hier viel zu tun und sie möchte arbeiten, natürlich unter bestimmten Normen. Wir haben schon darüber gesprochen, dass man respektvoll mit der Unabhängigkeit der Organismen und der Teilung von Macht umgehen muss, und dass jedeR seine/ihre Arbeit zu tun habe." Wie gut, dass der Chef weiss, was für seine Untergebene gut ist. Fischer hatte ihre Kündigung eingereicht, nachdem der Richter Luis Alfredo Morales des elften Gerichtsbezirks der Ersten Strafinstanz bekannt gegeben hatte, dass er sich entschieden habe, gegen den Abgeordneten der FRG und Ex-Regierungsminister Byron Barrientos keine Untersuchungshaft zu erlassen sondern die Kaution zu erhöhen. Fischer hatte gerade diesem Funktionär nachgewiesen, in die finanziellen Anomalien seines ehemaligen Ressorts involviert zu sein. De León dagegen meinte, er respektiere die Entscheidung des Richters. "Ausserdem ist das Urteil nicht das Ende, sondern der Anfang des Prozesses". |
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