Der Plan zur wirtschaftlichen Reaktivierung - von wem für wen?
Fijáte 266 vom 14. August 2002, Artikel 3, Seite 4
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Der Plan zur wirtschaftlichen Reaktivierung - von wem für wen?
Es erscheint uns sehr wichtig, den am 11. Juni von Präsident Alfonso Portillo, Wirtschaftsminister Arturo Montenegro und Zentralbankpräsident Lizardo Sosa vorgestellten Plan zur wirtschaftlichen Reaktivierung 2002-2004 genauer zu analysieren, um dahinter zu kommen, wer welche Interessen damit verfolgt. Zu Beginn einige grundlegende Gedanken: In der Zeit der neoliberalen Globalisierung will man uns glauben machen, dass wir den Aktivitäten unkontrollierbarer wirtschaftlicher Kräfte ausgesetzt sind und unsere nationale Politik sich dem Imperativ dieser neuen globalen Wirtschaft unterstellen muss. Wenn wir aber objektiv hinschauen, sind es die transnationalen Unternehmen (General Electric, Coca Cola, Exxon, Philip Morris, Shell, Siemens, Toyota, IBM, Bic, Colgate-Palmoliv, Bayer, Nestlé, Sony, um eine Auswahl zu nennen), die Produktion, Handel und Finanzwirtschaft kontrollieren und den Übergang vom national kontrollierten zum international kontrollierten Kapital einläuten. Dies bedeutet für ein Land wie Guatemala, dass das kapitalistische Modell, das bislang auf einem nationalen Monopol und dem Export von landwirtschaftlichen Produkten basierte, in einen strukturellen Widerspruch mit der wirtschaftlichen Hegemonie der transnationalen Unternehmen tritt. Im Rahmen dieser "Anpassung" kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen und einer Konkurrenz zwischen den verschiedenen Sektoren im Rennen darum, wer sich als "Intermediario" eine Art Vermittlerrolle bei der Umsetzung der neoliberalen Programme ergattern kann. Auch die traditionelle politische Macht verliert an Einfluss gegenüber den transnationalen Wirtschaftsmächten. Die Konsequenz daraus ist, dass auch die Behandlung nationaler Fragen wirtschaftlicher, sozialer oder politischer Art immer stärker von aussen bestimmt wird. Dies ist eine unverantwortbare Entwicklung, die das Ende der nationalen Souveränität und der Selbstbestimmung der Völker bedeutet. Um seine Interessen durchzusetzen, bedient sich das transnationale Kapital unter anderem Institutionen wie dem Internationalen Währungsfond (IWF) oder der Weltbank. In Guatemala hat sich das konkret bei der vom IWF "empfohlenen" Erhöhung der Mehrwertsteuer gezeigt, bei der von der US-amerikanischen Botschaft "angeregten" Ernennung eines Antiterrorismuskommissars oder bei der Finanzgesetzrevision. Diese Revision bedeutet nicht nur die Öffnung des Landes für transnationales Kapital sondern war eine Bedingung des IWF für die Auszahlung der im Rahmen des "Stand-by"-Abkommens ausgehandelten Kredite. Der von der Regierung vorgelegte Plan zur wirtschaftlichen Reaktivierung 2002-2004 basiert ebenfalls auf dem "Stand-by"-Abkommen und wurde von IWF begrüsst und verabschiedet, noch bevor er der guatemaltekischen Bevölkerung vorgelegt wurde. Im Aktionsplan heisst es auch, "dass die Exekutive es als gegeben betrachtet, dass in den nächsten zwei Jahren Freihandelsabkommen mit mindestens vier Ländern unterzeichnet werden können: Mit den USA, Kanada, Panama und Chile. Diese Abkommen deuten klar in Richtung einer Unterzeichnung und Realisierung des Freihandelsabkommens ALCA und somit der Ausbreitung der US-amerikanischen Hegemonie in Lateinamerika. Dazu gehört auch die Unterzeichnung multilateraler Abkommen im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO. Die FRG-Regierung hat sich in ihrer Wirtschaftspolitik mit der kompromisslosen Umsetzung neoliberaler Empfehlungen der internationalen Finanzorganismen hervorgetan. In diesem Zusammenhang ist auch der Plan zur wirtschaftlichen Reaktivierung 2002- 2004 zu verstehen. Überschneidungen mit dem Plan Puebla PanamáDer Plan Puebla Panamá wurde vom mexikanischen Präsidenten Vicente Fox als die Lösung vorgestellt, um der Armut und der Unterentwicklung in der Region zu begegnen, indem der Markt geöffnet, der Wettbewerb angeregt und die Wirtschaft angekurbelt werden. Der PPP umfasst die mexikanischen Staaten Campeche, Chiapas, Guerrero, Oaxaca, Quintana Roo, Tabasco, Veracruz und Yucatán, sowie die zentralamerikanischen Länder Guatemala, Belice, Honduras, El Salvador, Nicaragua, Costa Rica und Panama. Nach oben |
Der Plan Puebla Panamá umfasst acht Teilprojekte: Nachhaltige Entwicklung, sozialer Fortschritt, Katastrophenprävention, Tourismus, Handel, Verkehr, Telekommunikation, und elektrische Energieversorgung. Die fünf letztgenannten werden in der Umsetzung prioritär behandelt und zweifellos auf einer neoliberalen Grundlage basieren, die die Öffnung für transnationales Kapital beinhaltet. Allein für den Bereich Verkehrsinfrastruktur, Energie und Telekommunikation werden 85% des Budgets für den ganzen PPP gerechnet. Was die Verkehrsinfrastruktur betrifft, beinhaltet der PPP den Bau bzw. die Erweiterung des Strassennetzes, Flughäfen und Häfen, um den Handel und den Tourismus anzutreiben. Zu diesem Thema schlägt der Plan zur wirtschaftlichen Reaktivierung der guatemaltekischen Regierung die Erneuerung, den Ausbau und die Konzessionierung der internationalen Flughäfen Aurora in Guatemala-Stadt und Santa Elena, Petén, sowie den Ausbau des Flughafens Masagua zu einem internationalen Flughafen vor. Weiter sollen die beiden Häfen Quetzal und Santo Tomás de Castillo ausgebaut und konzessioniert werden. Die wichtigsten Strassenverbindungen sollen ausgebaut bzw. verbessert werden und endlich eine Umfahrungsstrasse für die Hauptstadt gebaut werden. Mit Ausnahme von zwei Strassenbauprojekten, die von der guatemaltekischen Regierung und der interamerikanischen Entwicklungsbank finanziert werden, sollen alle anderen Projekte durch privates, d.h. in erster Linie ausländisches Kapital finanziert werden. Das System zur Vereinheitlichung der elektrischen Energie heisst laut Plan Puebla Panamá SIEPAC (Sistema de Interconexión Eléctrica para los Paises de América Central). Mit diesem Netz soll die ganze Region verbunden und neu zu bauende Wasserkraftwerke angeschlossen werden. Der Reaktivierungsplan der guatemaltekischen Regierung sieht die Konzessionierung und Erweiterung verschiedener thermoelektrischer und geothermischer Anlagen vor, die Privatisierung kleinerer und grösserer Wasserkraftwerke sowie den Bau von neuen. Ein kritischer Punkt bei diesem Vorschlag der Regierung ist die Privatisierung staatlicher Unternehmen (Häfen, Flughäfen, Strassen etc.) durch den Verkauf oder die Konzessionsvergabe an Private. Damit verliert der Staat wichtige Einnahmequellen an die private, transnationale Initiative. Der Plan der Regierung sieht aber auch eine ganze Liste von Gesetzesrevisionen und neuen Gesetzen bis Ende 2003 vor, welche die legale Basis für die Umsetzung neoliberaler Politik und den Bau von Megaprojekten schaffen sollen. Auch im Landwirtschaftsbereich sind die im Plan zur wirtschaftlichen Reaktivierung vorgeschlagenen Projekte hervorragend kompatibel mit denjenigen des PPP. Zusammenfassend muss gesagt werden, dass 1. dieser Reaktivierungsplan einen eindeutigen neoliberalen Anstrich hat und in Richtung Umsetzung des PPP und des ALCA deutet. 2. die makroökonomische Entwicklung für die Bevölkerung nicht automatisch und wunderbarerweise auch einen sozialen Fortschritt bedeutet. 3. eine Kritik des Plans zur wirtschaftlichen Reaktivierung nicht mit dem Mangel an Transparenz und einer falschen Prioritätensetzung simplifizert werden darf, sondern auf einer sozioökonomischen Analyse des neoliberalen Models basieren muss. 4. die Reaktivierung der Wirtschaft nicht allein aus einem makroökonomischen Blickwinkel betrachtet werden darf, sondern auch soziale Gerechtigkeit, den Respekt kultureller und biologischer Vielfalt und den nachhaltigen Schutz der Umwelt berücksichtigen muss. (Zentrum für partizipative Erziehung und Forschung, CIEP) |
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