Misstrauensvotum gegen Innenminister Vielmann gescheitert
Fijáte 342 vom 31. Aug. 2005, Artikel 6, Seite 6
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Misstrauensvotum gegen Innenminister Vielmann gescheitert
Guatemala, 25. Aug. Für Innenminister Carlos Vielmann überschlugen sich in den letzten zwei Wochen die Ereignisse. Motiviert und zuversichtlich in Bezug auf seine in der Presse aufgrund seiner Einzigartigkeit in der politischen Geschichte als ,,historisch" deklarierte Initiative, legte er im Kongress nach seinem ersten Jahr der Amtsübernahme die Rechnungen seines Ressorts der ersten eineinhalb Jahre unter der Regierungspartei GANA offen. Damit machte er zwar seinem dem Ministeramt vorhergehenden Posten als Präsidialer Beauftragter für Transparenz und gegen Korruption und dem Öffentlichen EthikKodex alle Ehre, überzeugte seine KongresskollegInnen jedoch nicht mit seinem Report über die Investitionen des Innenministeriums in den Kauf und die Reparatur von Fahrzeugen für die Zivile Nationalpolizei (PNC), in Essen für die Gefängnisinsassen und die Gehälter der höchsten FunktionärInnen. In seinen gebotenen Ausführungen beschränkte er sich auf Verwaltungsangelegenheiten, grundlegende Themen wie die Morde an Frauen, die öffentliche Unsicherheit und das organisierte Verbrechen blieben unangetastet. Die Nachfragen hinsichtlich irgendwelcher Ansätze des Kampfes gegen das Verbrechen und den Drogenhandel sowie zum Präventionsprogramm von Delikten beseitigte der Innenminister entsprechend mit dem Kommentar, dass dies Inhalt eines anderen Berichts sei. Vielmehr wies Vielmann auf den Erfolg hin, dass seine Administration die Institutionalität des Ministeriums gerettet habe und die Zeiten von Korruptionsskandalen und Verschwendung in diesem vorbei seien. Ex-Innenminster Byron Barrientos harrt derzeit seines Gerichtsprozesses wegen Korruption unter Ex-Präsident Alfonso Portillo, während vor wenigen Tagen die Presse "Anomalien" in der Finanzverwaltung dieses Ressorts unter Arturo Soto Aguirre aufdeckten, der von Januar bis Juli 2004, nominiert von Oscar Berger, diesem vorstand. ,,Ich glaube das nicht und ich will gar nicht darüber nachdenken, dass solche Extreme von politischen Aktionen erreicht werden sollen. Eine solche Situation wäre sehr heikel." So die Antwort des Innenministers auf die Frage, ob er es für einen Zufall halte, dass die gewaltsamen Konflikte in den Gefängnissen des Landes (siehe separater Artikel) just am Vortag einer parlamentarischen Anfrage an ihn stattgefunden hatten. Die Partei der Nationalen Einheit der Hoffnung (UNE) nahm neben der Unterlassung des Themas im Rechnungslegungsbericht Vielmanns eben diese mörderischen Auseinandersetzungen zwischen den Jugendbanden in den Haftanstalten als aktuellen Aufhänger für die Infragestellung der Kompetenz des Ministers angesichts seines Amtes. Dabei waren die KritikerInnen nicht nur auf die Grosse Anfrage an den Chef des Inneren aus, sondern versuchten, die Unterstützung anderer Fraktionen für den Antrag auf ein Misstrauensvotum gegen Vielmann zu erreichen und ihn mittels diesem seines Amtes zu entheben. Für ein solches Gesuch bedarf es 80 befürwortende Stimmen der Kongressabgeordneten. Aus den ursprünglich 50 Interpellations-Fragen wurden schliesslich 68, die letztendlich ganze fünf Tage der Debatte im Kongress in Anspruch nahmen. Inhaltlich wurde Vielmann zu Beginn zur Verkehrsabteilung des Ressorts befragt, in dem vor einigen Monaten der damalige Chef in flagranti erwischt wurde, als er sich für die Ausstellung von Dokumenten ,,extra" bezahlen liess. Vielmann präsentierte nun Zahlen und erstattete unter anderem Bericht über die Anzahl von ausgestellten Knöllchen. Und nach eigenen Angaben habe er so seine Antwort auf die entsprechende Frage derzeit keinen Kontakt zum UnternehmerInnensektor. Angesichts der Hartnäckigkeit der UNE kam Vielmann am Ende doch nicht umhin, eine, wenn auch ,,vertrauliche" Kopie seines Sicherheitsplans mit dem klangvollen Namen ,,Aufwachen 2005" vorzulegen, der die Ansätze des Ministeriums beinhaltet, um das gemeine und organisierte Verbrechen zu bekämpfen. Nach oben |
Die Forderung der UNE folgte aus der Weigerung Vielmanns, detailliert die Aktionen seines Ressorts in diesem Zusammenhang darzulegen und die Frage 15 der Liste zu beantworten, welche interinstitutionellen Koordinationsmechanismen für diesen Kampf denn wohl eingesetzt würden Raúl Robles, ebenfalls von der UNE, stellte den Innenminister hinsichtlich der 375 (andere Quellen sprechen bereits von 402) ermordeten Frauen in diesem Jahr in Frage und erkundigte sich nach den Massnahmen der Staatsabteilung, um den Anstieg dieser Zahl zu verhindern: ,,Wie garantieren Sie uns, dass unsere Frauen nicht weiterhin als Opfer des Verbrechens sterben werden?" fragte Robles. Die Antwort des Befragten lässt auf keine grossen Veränderungen hoffen. Anstatt Pläne zu definieren sei es notwendig, die Gesetzgebung zu überholen, die die Aggressionen gegen Frauen, wie Vergewaltigung und häusliche Gewalt, thematisieren, von denen die meisten in der Straflosigkeit verblieben oder auf dem Versöhnungsweg gelöst würden. ,,Es ist wichtig, die Gesetze zu überarbeiten, um die Sanktionen zu verschärfen", so die Meinung des Innenministers. Das Ende des zweiten Anfrage-Tages, der beendet wurde, weil es keine Stimmenmehrheit mehr gab derweil einige Abgeordnete offen zugaben, dass sie lieber pünktlich zum Beginn des für die Qualifizierung zur Weltmeisterschaft 2006 relevanten Fussballspiels zwischen Guatemala und Panama am Fernseher sein wollten wurde in der Pressekritik als beste Veranschaulichung des wahren Interesses der Abgeordneten an ihrer Aufgabe und Verantwortung interpretiert. Der anschliessende Leitartikel in der Tageszeitung Siglo XXI war denn auch angemessen als ,,Eine jämmerliche politische Show" betitelt. ,,Es wurden keine tiefer gehenden Fragen gestellt, die dazu hätten beitragen können, einen Ausweg aus der Krise zu suchen. Stattdessen war alles pure Demagogie. Die nichts sagende Art und Weise, in der die Interpellation an Carlos Vielmann gestellt wurde, bestätigte, dass einige der Abgeordneten des Kongresses sehr weit davon entfernt sind, den Geist und die Tragweite dieser Institution zu ermessen", so der Artikel. Und weiter: ,,Wie bei anderen Gelegenheiten überwiegten simple Fragestellungen, irrelevante Erkundigungen und der gleiche populistische Stempel, mit dem gewisse Sektoren die Problematik der BürgerInnensicherheit versehen." Während Präsident Oscar Berger seinen Innenminister in Schutz nahm ,,Es ist nicht fair, dass Funktionäre einer solchen Anfrage unterzogen werden, die für niemanden irgendeinen Nutzen gebracht hat. Es war reine Zeitverschwendung für den Kongress und für die Funktionäre, die besser in ihren Büros sein und dort arbeiten sollten", so Berger entschied der Grossteil der Parteien, darunter die Grosse Nationale Allianz (GANA), die Republikanische Front Guatemalas (FRG), die Partei Unionistas, die Partei des Nationalen Fortschritts (PAN), die neue Gruppierung Encuentro por Guatemala, die Integracionistas sowie die Patriotische Partei (PP), im Endeffekt, den UNE-Antrag auf ein Misstrauensvotum nicht zu unterstützen. Jedoch machten sie deutlich, dass diese Entscheidung keine Rückendekkung für Minister Vielmann bedeute. Doch halten sie einen Wechsel des Amtsinhabers des Innenressorts im derzeitigen Moment für kontraproduktiv. |
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