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Frauen im Gefängnis

Fijáte 363 vom 5. Juli 2006, Artikel 1, Seite 1

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Frauen im Gefängnis

Vergewaltigungen fanden ausschliesslich auf den Polizeiposten statt, was bedeutet, dass eine Verhaftung, die auf dem Polizeiposten endet, ein grosses Risiko für die sexuelle Integrität der Frauen bedeutet.

Den übelsten sexuellen Übergriffen, Folter und Todesdrohungen seitens der Polizeibeamten (jeglichen Ranges) ausgesetzt waren Frauen, die wegen VGDrogenNF, Raub oder illegalem Waffenbesitz verhaftet wurden. Den meisten sexuellen Übergriffen ausgesetzt waren Frauen, die in der Zone 1 (Zentrum) oder der Zone 18 (Villa Nueva) der Hauptstadt verhaftet wurden.

Die meisten Frauen (57%), die bei ihrer Verhaftung oder auf dem Polizeiposten Opfer von (sexuellen) Übergriffen wurden, verzichteten auf eine Anzeige. Als Gründe dafür gaben sie an, Angst gehabt zu haben, nicht in die Justiz zu glauben oder nicht gewusst zu haben, wie man eine Anzeige macht. Bloss in 9% der Anzeigen resultierte überhaupt eine Untersuchung.

Menschenrechtsverletzungen an weiblichen (Untersuchungs-)Häftlingen

Das grösste Problem der Frauen in Untersuchungshaft besteht darin, dass sie oftmals ihre Rechte nicht kennen, und ihre Pflicht- oder privaten VerteidigerInnen sie nicht genügend darüber aufklären. So sind sie zum Teil über Monate in Untersuchungshaft, ohne einem Richter oder einer Richterin vorgeführt zu werden. Frauen in Untersuchungshaft haben in den meisten Fällen keine Möglichkeit, sich im Gefängnis zu beschäftigen oder weiterzubilden. Auch der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist ihnen mit dem Status der Untersuchungsgefangenen erschwert. Dies angesichts der Tatsache, dass 67% der sich in Untersuchungshaft befindenden Frauen unschuldig sind.

Ein grosses Problem für Frauen in Haft ist die Frage, was mit ihren Kindern geschehen soll. Da die meisten von ihnen alleinerziehend sind, müssen sie sich entscheiden, ob sie die VGKinderNF mit ins Gefängnis nehmen wollen, oder Familienangehörigen, befreundeten Familien oder in ein staatliches Kinderheim geben sollen. Da die Lebensbedingung für Kinder im Gefängnis noch schwieriger als für ihre Mütter ist, entscheiden sich viele dafür, sich von ihren Kindern zu trennen.

Intime oder sexuelle Beziehungen im Gefängnis dürfen nur verheiratete Frauen mit ihren sie besuchenden Ehemännern haben oder mit Partnern, mit denen sie seit mindestens sechs Monaten eine Beziehung haben. Da aber die meisten Gefangenen nicht verheiratet sind, wird ihnen das Recht auf die Ausübung ihrer Sexualität verwehrt und viele der verheirateten Frauen wurden von ihren Männern verlassen. Für lesbische Gefangene ist die Hoffnung auf intime Beziehungen mit ihren Partnerinnen aussichtslos. Entsprechende Gesuche wurden von den Gefängnisleitungen abgelehnt, bzw. nie beantwortet. Das Recht auf "intime Besuche" steht ausschliesslich verurteilten Frauen zu, Untersuchungsgefangenen ist es verwehrt.

Indigenen Frauen werden sowohl während der Untersuchungshaft wie auch beim Absitzen ihrer Strafe diskriminiert. So bekommen sie z.B. während den Verhandlungen keineN ÜbersetzerIn, haben keinen Zugang zu gefängniseigenen Bildungsangeboten und werden mit den körperlich schwersten und unangenehmsten Arbeiten beauftragt.

In diesem Zusammenhang und als "gute Nachricht" die Meldung, die zum Schreiben dieses Artikels Anlass gab:

Guatemala, 20. Juni. Erstmals erreichte eine (indigene) Frau die Verurteilung von zwei Polizisten, die sie während der Untersuchungshaft vergewaltigt hatten. Julia Méndez wurde im Januar 2005 wegen dem Anpflanzen von Marihuana verhaftet und nach einem Monat Untersuchungshaft im Gefängnis von VGChimaltenangoNF unter zusätzlicher Folter von drei Polizisten vergewaltigt. Die AnwältInnen des Institut für vergleichende Strafwissenschaften (IECCP), die den Fall begleiteten, bezeichneten die Untersuchungen als sehr schwierig, da Méndez nach dem Missbrauch von den Polizisten gezwungen wurde, sich zu waschen, damit keine Spuren zurückblieben. Als die Untersuchungsgefangene am Tag darauf einem Richter vorgeführt wurde, der sie wegen dem ihr vorgeworfenen Delikt verhören wollte, erwähnte sie die Vergewaltigung, worauf das Büro für Berufsethik der Polizei (ORP) sofort eine Untersuchung einleitete.

Vor einem Monat verfügte das Disziplinargericht von VGQuetzaltenangoNF die sofortige Entlassung von zwei der drei angeklagten Polizisten. Gegen das übrige Personal des Polizeipostens wurde eine Untersuchung wegen Verdunkelung der Tat eingeleitet. Gemäss den Vertreterinnen von IECCP wurde zum ersten Mal öffentlich anerkannt, dass die Vergewaltigung einer Verhaftete durch Polizisten eine Form von geschlechtsspezifischer Folter ist. Julia Méndez erhalte zur Zeit psychologische Betreuung, ebenso ihr Partner, der sie voll und ganz unterstütze.


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