Alfonso Portillo ist wieder da!
Fijáte 421 vom 22. Oktober 2008, Artikel 4, Seite 5
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Alfonso Portillo ist wieder da!
Guatemala, 16. Okt. In Sachen Ex-Präsident Alfonso Portillo ist nun eins zum anderen gekommen. Anfang Oktober hatte der mexikanische Oberste Gerichthof in definitiver Form Portillos Schutzeinsprüche abgelehnt. Daraufhin meldete der sich beim mexikanischen Generalprokurat und erklärte sich bereit, sich der Anordnung der Auslieferung zu stellen und wurde schon am nächsten Tag zum Flughafen bestellt, um nach Guatemala geflogen zu werden. Dort wurde er unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen zum Gericht gebracht, um seine legale Situation im Land zu klären. Mit begeistertem Applaus und Glückwünschen begrüssten ihn SympathisantInnen der Republikanischen Front Guatemalas (FRG), die ihn 1999 zur Präsidentschaft (2000-2004) brachte. Auch sein ehemaliges Regierungsteam, darunter Ex-Vizepräsident Juan Francisco Reyes López, der Abgeordnete und damalige Kongresspräsident sowie Parteipatriarch Efraín Ríos Montt und der aktuell amtierende Kongresspräsident und stellvertretende Parteigeneralsekretär Arístides Crespo, war zugegen. Alfonso Portillo verteidigte sich, das ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfene Delikt der Geldhinterziehung entbehre jeglicher Grundlage, da er als Präsident niemals Staatsressourcen verwaltet habe. Ausserdem habe er sein finiquito vom Rechnungshof. In einer improvisierten Pressekonferenz noch im Gerichtsgebäude behauptete er vielmehr, er sei Opfer einer politischen Verfolgung durch die vorherige Regierung geworden. Er habe sich vorher noch nicht der Justiz gestellt, da die entsprechenden Institutionen unter Druck gesetzt worden waren und eine "politische Lynchjustiz" gegen ihn vorbereiteten. Die Regierung von Alfonso Portillo Cabrera konstituierte sich mittels einer wahlpolitischen Allianz zwischen ehemaligen Mitgliedern der Christdemokraten und FRG. Zu diesem Bündnis gesellten sich noch Gruppen, die öffentlich weniger bekannt waren, jedoch auf politischen und judiziellen Ebenen in Zusammenhang gebracht werden mit dunklen Geschäften und dem organisierten Verbrechen. Laut der Presse gilt die Regierung Portillo als die korrupteste in der Geschichte des Landes. Ihr wird zur Last gelegt, ein ganzes System von parallelen Strukturen aufgebaut zu haben, mittels dem Staatsgelder veruntreut und zum Schmieren benutzt wurden, das aber auch die Gesetze zurechtinterpretiert und manipuliert hat, um Parteiangehörige zu begünstigen. Dank der Reform des Kongressgesetzes konnte bspw. Ríos Montt wiederholt zum Parlamentspräsidenten gewählt werden, ein Verfassungsgerichtsentscheid ermöglichte es demselben, wieder für die Präsidentschaft der Republik zu kandidieren, obwohl das denjenigen untersagt ist, die vormals an einem Putsch beteiligt waren; und auch das Polizeigesetz war geändert worden, um jemanden als PolizeidirektorIn einsetzen können, obwohl er/ sie keine polizeiliche Ausbildung und Karriere hat. Darüber hinaus sorgte Portillo für eine Konfrontation zwischen Staat und Unternehmensspitze, ohne dass dies durch die Sorge um die Armen im Land bedingt war. Gleichwohl wurde unter Portillo jedes Jahr der Mindestlohn erhöht und der Import einiger Nahrungsmittel und Produkte ermöglicht, wodurch manches nationale Monopol aufgebrochen wurde. Als bedeutsam ist wohl einzuordnen, dass Portillo die mächtigen Familien im Land gezwungen hat, tatsächlich Steuern zu zahlen. Alfonso Portillo verliess am 18. Februar 2004 Guatemala Richtig Mexiko, seinem Herkunftsland, einen Monat, nachdem Oscar Berger die Amtsführung übernommen hatte. Obwohl bereits vorher Stimmen gegen ihn laut geworden waren, wurde erst am Mitte 2005 gegen Portillo ein Haftbefehl ausgestellt. Der Grund: Eine Überweisung von 120 Mio. Quetzales (ca. US-$ 16,3 Mio.) vom Finanz- ans Verteidigungsministerium im Februar 2001. Zwar wurde diese Zahlung laut Staatsanwaltschaft vom Militär gerechtfertigt mit Armeeausgaben, doch gingen 37 Mio. bei der staatlichen Kredit- und Hypothekenbank (CHN) ein, um Schulden von José Armando Llort Quiteño zu begleichen, ehemaliger Geschäftsführer dieser Bank und flüchtig. Nach oben |
Entsprechend kritisch wurde die Meldung aufgenommen, dass der Strafrichter Julio Jerónimo Shetumul den Rechtsprozess gegen Portillo, den viele GuatemaltekInnen für dringend erforderlich halten und der den Ex-Präsidenten mit dem unsauberen Umgang mit öffentlichen Geldern während seiner Amtszeit in Verbindung bringt, gleich wieder suspendierte, indem er den Angeklagten kurz nach dessen Ankunft gegen ein Bussgeld von 1 Mio. Quetzales auf freien Fuss setzte. Dieses Geld ist sofort dank Unterstützung einiger Freunde Portillos gezahlt worden. Sowohl das guatemaltekische Nationale Generalprokurat (PGN) als auch die Staatsanwaltschaft bereiten gerade die Anfechtung gegen das angesetzte Bussgeld vor, das gemäss der Anwältin und Leiterin der Rechtsabteilung des Generalprokurats, Claudia Bracamonte, mindestens der Höhe des Geldes entsprechen müsse, die den Staatsbetrug ausgemacht hatte, sprich 12 Mio. Quetzales. Dabei ist die CHN-Affäre nur ein Vorwurf von mehreren gegen Portillo, die sich nicht nur auf die Veruntreuung von Staatsgeldern beziehen. Neun Militärs sind ebenfalls in den CHN-Fall der Geldhinterziehung involviert, gegen die seit 2005 Ermittlungs- und Verhaftungsanordnungen ausstehen. Mit der Auslieferung Portillos hofft man nun, dass die strafrechtliche Verfolgung u.a. gegen die Ex-Verteidigungsminister Eduardo Arévalo Lacs und Álvaro Lionel Méndez Estrada und diverse Zuständige aus dem Finanzressort der Verteidigung, darunter auch Enrique Ríos Sosa, Sohn von Efraín Ríos Montt, doch wieder aufgenommen werde. Abgeordnete des Kongresses, Unternehmenskreise und VertreterInnen der Zivilgesellschaft betrachten mit Skepsis das Arrangement: dass sich der Ex-Präsident gestellt hat, er ausgeliefert und ihm ein Bussgeld anstelle einer Verhaftung auferlegt wurde. Otto Pérez Molina, Generalsekretär der Patriotischen Partei (PP), sieht darin Anlass für Spekulationen hinsichtlich der Personalwechsel in der Staatsanwaltschaft. Carmen Aída Ibarra von der Myrna Mack-Stiftung meint derweil: "Es scheint, dass es Vereinbarungen gegeben hat, dass sie ihm eine Resolution anhängen, die ihm nicht schadet. Und das hat seine Entscheidung, zurückzukommen, beschleunigt." Schlicht ein weiterer Beweis für die Straflosigkeit in Guatemala. Auch der Kommentar von Präsident Álvaro Colom spricht dafür, dass es Absprachen mit Portillo gegeben hat. In einer Fernsehansprache rief Colom dazu auf, die Justiz zu achten und niemanden zu beschuldigen, der nicht von einem Gericht verurteilt worden ist. Der Rechtsstaat müsse respektiert werden, forderte er von denjenigen, die die Umstände von Portillos Rückkehr in Frage stellen. |
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