Colom bittet um Geduld in Sachen Sicherheit
Fijáte 423 vom 19. November 2008, Artikel 2, Seite 3
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Colom bittet um Geduld in Sachen Sicherheit
Guatemala, 14. Nov. Die Zahlen steigen, die Taten sind kaum mehr vorstellbar: Im Verlauf des Jahres sind 106 Busfahrer ermordet worden, 39 ayudantes (deren Helfer), 24 Fahrgäste sind bei den Überfällen auf die Busse erschossen worden und 6 Busunternehmer haben ihr Leben gelassen, weil sie die Schutzgelder nicht gezahlt haben, die von ihnen gefordert wurden. Die Gruppe gegenseitiger Hilfe (GAM) berichtet in ihrem Oktober-Bulletin über 15 Lynchmorde, 19 Geiselnahmen allein in diesem Monat, sowie 478 weitere Personen, die auf gewaltsame Weise im Monat Oktober ums Leben gekommen sind. Bis dahin galt der August als der gewalttätigste Monat dieses Jahres. Derweil bittet Präsident Álvaro Colom um Geduld. Er gesteht ein, dass in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit noch keine spürbare Reduzierung der Gewalt im Land erreicht worden ist, gleichwohl sucht er dafür die Gründe in den acht Jahren zuvor unter den Ex-Präsidenten Alfonso Portillo und Oscar Berger, die das Thema öffentliche Sicherheit völlig vernachlässigt hätten. "Ich hatte eine Veränderung in acht Monaten versprochen, aber das war nicht möglich, denn der innere Zerfall war viel zu tiefgreifend und ging weit über das hinaus, was wir erwartet hatten", so Colom. Er hingegen setze auf die Stärkung der Institutionalität der Nationalen Zivilpolizei (PNC), der Armee und der Behörden, die für die Koordination der logistischen Arbeit der Sicherheit zuständig sind. Dafür gibt es seit kurzem zwei neue Instanzen, die beide dem im März verabschiedeten Gesetz zum Nationalen Sicherheitssystem entstammen: Zum einen den Nationalen Sicherheitsrat, dem der Vizepräsident, sowie die MinisterInnen aus dem Aussen-, Verteidigungs- und Innenressort, der Generalprokurator sowie der Sekretär der Strategischen Staatsintelligenz (SIE) angehören. Letzter wiederum ist der zweite neue Posten, der im Anschluss an die endgültige Auflösung des Geheimdienstes SAE nun die Koordination zwischen dem Zivilen und dem Militärischen Geheimdienst zu koordinieren und die Regierung zu beraten hat. Kurz vorher hatte Colom aber doch auch angekündigt, seinen Plan nicht zu realisieren, den Polizeistock auf 30´000 AgentInnen aufzustocken. Er würde 15´000 ausgebildete PolizistInnen am Ende seiner Amtszeit übergeben, um die weiteren sollten sich seine NachfolgerInnen kümmern. Nichtsdestotrotz ist es für Colom und seine Equipe nicht ganz so einfach, sich aus der Affäre zu ziehen. Obwohl eigentlich die Diskussion und Verabschiedung des Staatshaushalts 2009 auf der Agenda steht und von Colom gerne möglichst zügig vorangetrieben würde, haben die Kongressabgeordneten entschieden, vorher noch drei Minister zur Interpellation vorzuladen. Hector Nuila von der Nationalen Revolutionären Einheit (URNG) beantragte die Anhörung des Arbeitsministers angesichts der Situation krass steigender Arbeitslosenzahlen aufgrund der Finanzkrise und der Schliessung zahlreicher Niedriglohnbetriebe. Die Patriotische Partei (PP) forderte die Anhörung vom Finanzminister und eben von Innenminister Francisco Jiménez angesichts der Sicherheit im Land. Derweil meldet sich auch das Menschenrechtsprokurat (PDH) zu Wort und hat eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Direktorin der PNC, Marlene Blanco eingereicht, der auch stattgegeben wurde. Darin wirft Prokurator Sergio Morales Blanco Passivität und Unterlassung vor, in bestimmten Gebieten nichts gegen das Auftreten und Agieren von bewaffneten Gruppen zu tun, die sich selbst als Todeskommandos bezeichnen, zum Teil ursprünglich als Bürgerwehren zur Sicherheit des Wohngebietes gegründet wurden, inzwischen aber als eindeutig kriminell gegen die Bevölkerung vorgehen. Blanco antwortete vorerst ohne Begründung mit einer Anfechtung der Anordnung des Berufungsgerichts, sie solle für die Sicherheit in den von der PDH benannten Gebieten sorgen. In einem Bericht über die Situation gibt sie an, es handle sich nicht um bewaffnete Gruppen, sondern um das gemeine Verbrechen, dass dort sein Unwesen treibe. Nach oben |
Nach dem Massaker, das Drogenbanden im März in einem Freizeitpark in Zacapa untereinander verübt haben, stehen die Ermittlungsbehörden vor einem neuen Fall, von dem sie nicht ausschliessen, dass er auch in Verbindung mit dem internationalen Drogenhandel steht. Vor einer Woche war in der Nacht auf einem eher unbefahreren Seitenweg der Panamericana im Raum Zacapa ein Reisebus aus Nicaragua komplett ausgebrannt. Die 16 Insassen, darunter die Busbesitzerin und weitere 14 NicarguanerInnen sowie ein Niederländer sind bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Es gibt viele offene Fragen: Warum fuhren nur die Hälfte der möglichen Passagiere, offensichtlich HändlerInnen, in dem Bus? Warum auf dieser abgelegenen Route? Bedeuten die gefundenen Patronenhülsen, dass die Opfer vorher erschossen wurden? War der Bus ein Drogentransport? - der Boden des Fahrzeugs war abgetrennt und war offenbar präpariert worden. Sind möglicherweise Angehörige der Zivilpolizei in den Fall involviert, die den Grenzübertritt erleichtert oder den Bus gar eskortiert haben? Oder war es ein "gewöhnlicher Überfall" oder waren die Fahrgäste nicht-dokumentierte MigrantInnen? Nicaragua und auch die Niederlande drängen auf Antworten. |
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