Unterschiedliche Vorstellungen von 'ländlicher Entwicklung'
Fijáte 257 vom 10. April 2002, Artikel 7, Seite 5
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Unterschiedliche Vorstellungen von 'ländlicher Entwicklung'
Guatemala, 22. März. "Mehr als die Hälfte der GuatemaltekInnen lebt in Armut, ein Viertel in extremer Armut. Die Gründe dafür sind zahlreich und die Ursachen dafür sind die historischen Ausschlussmechanismen, die Ausbeutung und die Diskriminierung, die auch heute noch in der guatemaltekischen Gesellschaft verwurzelt sind." Soweit die einleitenden Worte von Daniel Pascual während der Präsentation des Dokuments Vorschlag für die ländliche Entwicklung, das die Nationale Koordination der BäuerInnenorganisationen (CNOC), der Öffentlichkeit vorstellte. Nebst Vertretern der verschiedenen Campesinaorganisationen nahmen an der Veranstaltung auch Edgar Gutiérrez vom Sekretariat für strategische Analysen (SAE), der Bischof von San Marcos, Alvaro Ramazzini sowie VertreterInnen der Landwirtschaftskammer und von MINUGUA teil und stellten ihre jeweilige Sicht der Landproblematik dar. Der allerseits als fundiert gelobte Vorschlag der CNOC nennt einige grundsätzliche Aspekte, die für eine integrale Landreform unabdingbar sind: Die Indígenabeteiligung am Landkampf, die Geschlechtergleichheit und die Berücksichtigung der Rechte der Frauen bei der Erarbeitung von Entwicklungsmodellen, Demokratisierung und Regierbarkeit, der Schutz von Menschen- und Arbeitsrechten der BäuerInnen, die Einhaltung des Sozioökonomischen Friedensabkommens und die Frage der Besitz- und Nutzungsrechte des Landes. Pascual prophezeit, dass die Landbesetzungen und Hungersnot weitergehen, solange nicht eine integrale Landreform stattfindet, die auch Landenteignung und Änderung der bestehenden Gesetze beinhaltet. Auch die Landwirtschaftskammer und der Agroindustrielle Rat Guatemalas legten kürzlich ihre Vorstellungen über die ländliche Entwicklung vor. Übereinstimmung besteht zum Vorschlag der CNOC darin, dass unter den heutigen Bedingungen die Möglichkeiten für Veränderungen ausgeschöpft sind, dass man 'ländlich' auch unter einem sozial-geographischen Aspekt verstehen muss und dass eine Entwicklung Richtung Diversifizierung und Industrialisierung notwendig ist. Nach oben |
Unterschiedliche Ansichten bestehen darüber, was Entwicklung überhaupt bedeutet und welche sozialen Prozesse dafür notwendig sind. Die Landwirtschaftskammer geht von einem Staat aus, der die Macht und die Verantwortung an den Handel und die UnternehmerInnen abgibt. Die CNOC ihrerseits fordert einen Staat, der seine soziale Verantwortung verstärkt wahrnimmt und Enteignung als staatliches Mittel nutzt, um der landwirtschaftlichen Unproduktivität etwas entgegenzusetzen. Nebst dem notwendigen politischen Willen für eine integrale Landwirtschaftsentwicklung, bedroht das Klimaphänomen einen Teil dieses Prozesses, nämlich die Produktion von Getreide (Mais, Bohnen, Reis und Hirse). Laut Rafael Gonzáles, Koordinator des Komitees für BäuerInneneinheit (CUC), hat die Klimaveränderung (extreme Trockenheit und ausgiebige Regenfälle sowie Überschwemmungen) einen spürbaren Rückgang in der Getreideproduktion zur Folge. Fachleute weisen darauf hin, dass bis zum Jahr 2007 die Getreideproduktion gänzlich verschwinden könnte, wenn diese Entwicklung weitergeht. Da in Guatemala rund 3,5 Mio. Menschen von der Getreideproduktion leben, hätte dies eine Zunahme der Armut sowie die Migration der Landbevölkerung in die Städte zur Folge. Zu den klimatischen Problemen, die zum Rückgang der guatemaltekischen Getreideproduktion führen, kommt auch die Tendenz, immer mehr Getreide aus dem Ausland zu importieren. Studien haben ergeben, dass z.B. importierter Mais oft zweitklassig ist und eigentlich nur als Tierfutter oder für industrielle Zwecke verwendet werden sollte, im Gegensatz zum guatemaltekischen Mais, der Mais erster Klasse ist. Das Problem ist, dass Futtermais subventioniert wird und auf dem internationalen Markt billiger ist als der nationale Mais. |
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