Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Fijáte 311 vom 2. Juni 2004, Artikel 3, Seite 4
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Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Guatemala, 28. Mai. Widersprüchliche Informationen liessen bis zuletzt unklar, ob am ursprünglich angesetzten 28. Mai nun die Präsidenten Mittel- und Nordamerikas das als TLC oder Englisch CAFTA bekannt gewordene Freihandelsvorhaben zwischen diesen Ländern in Washington D.C. unterzeichnen würden oder nicht. Logisch dagegen sprachen schon Raum und Zeit, befanden sich doch zum angegebenen Termin alle Protagonisten auf dem EU-LAC-Gipfel in Guadalajara, Mexiko, um dort mit der Europäischen Union u. a. eben über ähnliches Handelsprojekt zu disputieren (siehe separater Artikel). Einige guatemaltekische PolitanalystInnen hatten unterdessen bereits prophezeit, dass die Ratifizierung des TLC nicht mehr in diesem Jahr stattfinden würde. Grund dafür seien die Wahlen in den USA, wo Präsident George W. Bush sich einer heftigen Opposition bezüglich des Abkommens gegenübersieht. US-amerikanische und aus der Region stammende Kongressabgeordnete hatten sich kürzlich im Sitz der Zentralamerikanischen Bank für Wirtschaftliche Integration (BCIE) versammelt, um dann doch noch vor der anvisierten Unterzeichnung die Herausforderungen und Möglichkeiten des Freihandelsplans zu analysieren. Ihre Schlussfolgerung: Die Initiative muss grundlegend überarbeitet werden, besonders hinsichtlich der Themen Arbeit und Umwelt. Pablo Rodas Martini, unabhängiger Experte zu den Themen Wirtschaft und Politik wies darauf hin, dass im Nordamerikanischen Kongress derzeit verschiedenste Interessen konfligieren. Der potentielle Sieg von Präsidentschaftskandidat John Kerry würde laut Rodas die Ratifizierung des TLC-Abkommens auf jeden Fall bremsen. Dabei waren die guatemaltekischen TLC-Verhandlungsakteure doch so stolz darauf gewesen, kurz vor vermeintlichem Toresschluss auf die letzten Wünsche der USA nicht eingegangen zu sein. Der Grosse Bruder hatte beantragt, dass Guatemala auf die Schutzmechanismen für den Agrarsektor verzichte, die mit der Welthandelsorganisation (ILO) vereinbart und in allen Ländern gültig sind. Als Gegenleistung wären die USA bereit gewesen, Änderungen in Sachen Textil und Zucker zu akzeptieren. Nach oben |
Landwirtschaftsminister Álvaro Aguilar hatte derweil bekannt gegeben, dass es unabhängig davon zu Verbesserungen in den Vereinbarungen um Fleisch- und Reishandel gekommen sei. Reis sei bspw. obligatorisch erst auf dem lokalen Markt zu kaufen, bevor auf Importe zurückgegriffen werden sollte. Nach Einschätzung von organisierten Industriellen in Guatemala ist das InKraft-Treten des Abkommens zwar verschoben, letztendlich jedoch unausweichlich. Dementsprechend besorgt um ihre Wettbewerbsfähigkeit, kündigten sie Fortbildungen ihrer Mitglieder, Exportverbesserung, die Suche nach neuen Märkten und die Bitte um Unterstützung letzterer Initiative durch Präsident Berger an. Beispielsweise bietet sich die Karibische Gemeinschaft (CARICOM) als geeigneter, bislang wenig genutzter Markt an, den die Industriekammer Guatemalas für die Kommerzialisierung nationaler Produkte vorschlägt. Bislang exportieren erst 20 Unternehmen nach Kuba, planen jedoch bereits, in die Dominikanische Republik, auf die Bahamas, nach Belize und Haiti zu expandieren. Unterdessen ebbt die Kritik am grundlegenden Vorhaben auch in Guatemala nicht ab. Das Thema TLC ist bei allen Bürgerdemonstrationen bzgl. der nationalen Sozial-, Wirtschafts- und Politiklage auf dem Tapet. |
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